«Zu brav und zu trocken!»

  13.06.2022 Tourismus, Tradition, Volkswirtschaft, Tourismus, Destination, Saanenmöser

Der Christliche Verein junger Männer (CVJM) war Anfang des 20. Jahrhunderts einigen seiner Mitglieder zu brav und zu trocken. Kurzentschlossen verliessen diese den Verein und gründeten 1921 den Club für Bergund Skisport Bern (CBS).

KEREM S. MAURER
Die aus dem CVJM ausgestiegenen CBS-Männer haben aber nicht nur einen eigenen Club gegründet, sondern 25 Jahre später auch ein eigenes Clubhaus gebaut. Das dafür benötigte Land erwarben sie für wenige Rappen pro Quadratmeter in Saanenmöser mit spektakulärer Aussicht auf das Rüeblihorn. So erstaunt es nicht, dass das Clubhaus vom ersten Moment an den Namen dieses markanten Voralpengipfels trägt. Die Clubmitglieder packen bis heute wann immer möglich selber mit an, wenn es etwas am oder im Haus zu tun gibt.

Erste Chefin seit 1946
Frauen waren im Club zwar seit jeher gern gesehen, doch sie hatten bis in die frühen 1990er-Jahre weder Stimm- noch Mitspracherechte. Aber: «Zum Mithelfen und Mitfeiern waren wir immer gut genug», sagt Karin Moser, die nach 98 Jahren Vereinsgeschichte die erste administrative Hüttenchefin des CBS ist. Lachend weist sie auf ein Foto, auf dem Frauen abgebildet sind, die 1983 das Hüttendach infolge Verwitterung komplett neu eindeckten. Karin Mosers Ehegatte Marc Frieden steht ihr in seiner Funktion als technischer Hüttenchef zur Seite. Er kommt seit über 55 Jahren regelmässig nach Saanenmöser und verbrachte schon als Bub mit seiner Familie die Ferien im Clubhaus Rüeblihorn und hat, wie alle anderen Mitglieder auch, eine besondere Beziehung zu diesem Haus und damit auch zum Saanenland.

Ohne Holz geht nichts
Das Clubhaus Rüeblihorn ist speziell. Wer hierher kommt, liebt es entweder schon oder verliebt sich vom Fleck weg in den gemütlichen Charme dieser einfachen Hütte oder in die offene Herzlichkeit der Menschen, die sie betreiben. «Wir kochen, heizen und duschen noch heute ausschliesslich mit Holz», informiert Marc Frieden und demonstriert nicht ohne Stolz, wie der Duschofen funktioniert. Das ist ein antik anmutendes Heizgerät für Duschwasser, das man so nicht mehr oft zu sehen bekommt. 45 Minuten, bevor man heiss duschen will, sollte man spätestens anfeuern. Daneben bietet dieses Haus eine Besonderheit für dionysische Genüsse. Denn im Naturkeller mit Steinboden gibt es einige kleine, abschliessbare Holzkästen. «Hier lagern die Mitglieder ihre eigenen Weinflaschen», erklärt Karin Moser augenzwinkernd. Sie erinnern sich: zu brav und zu trocken!

Jedes Jahr am Samstag vor dem eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag treffen sich einige der mittlerweile nur noch rund 35 Aktivmitglieder des CBS zusammen mit zugewandten Stammkunden, um gemeinsam zu holzen und zu putzen. An diesem Tag, der sich längst zu einem jährlichen Event entwickelt hat, wird der Holzvorrat für den kommenden Winter bereitgestellt und das Clubhaus auf Vordermann gebracht.

Das Funi hielt vor der Tür
Weitere Besonderheiten sind das gewollte Fehlen eines Fernsehgeräts und der nicht vorhandene Internetanschluss. Etwas, das in der heutigen Zeit zwar kaum noch ins Gewicht fällt, bis vor einigen Jahren aber noch ein wichtiger Faktor war, um genau das zu erleben, was im Clubhaus Rüeblihorn seit der ersten Gästebeherbergung im Winter 1946/47 mit Inbrunst zelebriert wird: gemütliche Geselligkeit mit lieben Bekannten. Noch eine Eigenheit dieses Clubhauses, das seine Reize nur dem offenbart, der sich eingehender mit ihm beschäftigt, war das Funi, das einst direkt an diesem Haus vorbei auf den Hornberg gezogen wurde, was die direkte Zufahrt zum Haus verunmöglichte. «Früher mussten die Autos an der Hornbergstrasse oder unten im Dorf parkiert werden», berichtet Karin Moser und vermutet, dass die unmittelbare Nähe des Funis einst zur Wahl des Hüttenstandorts mit beigetragen hatte. «Ich erinnere mich noch, wie früher das Funi extra für uns vor dem Haus anhielt, um unser Gepäck, das damit hier heraufgebracht wurde, auszuladen», erinnert sich eines der älteren Clubmitglieder.

Anreise von Bern mit dem Velo
Und es ist wie immer, wenn man in die Geschichte eines Ferienhauses, dessen Trägerverein im Jahr 2021 sein hundertjähriges Bestehen feierte, eintaucht. Irgendwann kommen unweigerlich die Geschichten, die mit einem verheissungsvoll betonten «früher» beginnen. «Früher», erzählt das älteste CBS-Mitglied und meint damit die späten 1940er-Jahre, «sind wir noch mit Velo samt Anhänger von Bern hierher in die Ferien gefahren, weil wir kein Auto besassen.» Wie lange eine solche Ferienanreise-Velotour dauerte, vermag sie heute nicht mehr zu sagen, erinnert sich aber noch gut daran, dass sie eines der wenigen Kinder in ihrer Klasse war, das überhaupt in die Ferien fahren konnte. Das war nämlich seinerzeit alles andere als selbstverständlich.

Erst feuern, dann feiern
Das Clubhaus Rüeblihorn wurde von Beginn weg als Ferienhaus für die Clubmitglieder konzipiert. Entsprechend teilen sich die insgesamt 25 Schlafplätze auf in zwei Zweibettzimmer, drei Fünfbettzimmer und ein Massenlager für maximal sechs Personen. Und obschon es nie als Gruppenunterkunft für Schulklassen gedacht war, beherbergt es oft Schulklassen in den Landschulwochen. Daneben nutzen Familien das Haus während ihren Ferien in Sommer und Winter. Vier Wochen im Jahr ist das Clubhaus Rüeblihorn den CBS-Mitgliedern vorbehalten. Nämlich zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag sowie in den Kalenderwochen sechs und acht. Denn dann haben die Stadtberner beziehungsweise die Könizer Sportwoche. Und auch wenn die Städterinnen und Städter heute nicht mehr mit dem Velo anreisen, sondern die fünf Parkplätze vor dem Haus nutzen, kommen sie regelmässig nach Saanenmöser, um fernab vom hektischen Treiben bei einem guten Glas Wein das zu tun, was sie im Saanenland schon immer taten: Freundschaften pflegen, das Leben feiern und natürlich Ski fahren, wandern oder Pilze suchen.


CLUBHAUS RÜEBLIHORN

Total 25 Schlafplätze

2-mal zwei Betten
3-mal fünf Betten
1-mal maximal sechs Betten

Der Kochherd dient auch als Heizung für die Zimmer im Obergeschoss. Im Sommer können zwei Induktionsplatten genutzt werden.

Im Aufenthaltsraum gilbt es einen weiteren Holzofen. Warmes Wasser für die Küche muss auf dem Kochherd und für den Sanitärbereich im Duschofen erzeugt werden. Der Skiraum wird mit Öl beheizt.

Haustiere sind nicht erlaubt.


Ferienheime im Saanenland

1 Chalet Saanenwald, Hornbergstrasse, 3777 Saanenmöser
2 Tubegrabe-Stafel, Turbachstrasse 159, 3781 Turbach
3 Ferienlager Eggli, Oeyetliweg 26, 3792 Saanen
4 Gässlihof, Gässli 23, 3784 Feutersoey
5 Ferienheim Länggass, Simneweg 4, 3777 Saanenmöser
6 Ferienheim Region Fraubrunnen, Erliweg 5, 3778 Schönried
7 Bümplizerhuus, Hornbergstrasse 25, 3777 Saanenmöser
8 Clubhaus Spitz, Skiclub Weyermatt, Alte Saanenmöserstrasse 2, 3776 Oeschseite
9 Clubhaus Rüeblihorn, Lätzgüetliweg 7, 3777 Saanenmöser
10 Ferienheim Buebebärg, Hubelstrasse 83, 3778 Schönried
11 Ferienheim Heitimatte, Campingstrasse 10, 3785 Gsteig
12 Ferienlager Gemeinde Lauenen, Kirchstrasse 21, 3780 Lauenen
13 Lovell Mountain Lodge, Hubelstrasse 88, 3778 Schönried
14 Münsinger Ferienheim, Zügelweg 4, 3777 Saanenmöser
15 Pfadfinderheim Kuonolf, Waldmatte 95, Schönried
16 Sport Lodge (Sportzentrum Gstaad AG), Sportzentrumstrasse 5, 3780 Gstaad
17 Solothurner Ferienheim, Bergmatteweg 21, 3777 Saanenmöser


FERIENHEIME IM SAANENLAND

Rund 20 Ferienheime stehen mitunter an bester oder schönster Lage im Saanenland. Viele von ihnen sind im Besitz von auswärtigen Schulen oder Vereinen, andere sind seit Generationen im Besitz einheimischer Familien. Die meisten dieser Häuser wurden ursprünglich als Gruppenunterkünfte gebaut, andere dienten jedoch erst landwirtschaftlichen Zwecken, bevor sie in Herbergen umfunktioniert wurden. So unterschiedlich ihre Geschichten auch sind, eines haben sie gemeinsam: Wer einmal in einem Ferienlager im Saanenland gute Zeiten erlebt hat, kommt irgendwann wieder hierhin zurück. So sind Ferienheime mehr als nur Herbergen, sie sind Lebensschulen, Erinnerungsstätten und manchmal auch Sehnsuchtsorte. In loser Folge porträtieren wir einige von ihnen.

KEREM MAURER


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote