Mit zwei Erstklässlern auf dem Schulweg

  19.08.2022 Saanen, Saanenland

Erstklässler auf dem Weg zur Schule zu begleiten, bietet viel Interessantes und einiges zum Schmunzeln. Für die Geschwister Leano und Flavia begann das Abenteuer Schule am letzten Montag und der «Anzeiger von Saanen» durfte dabei sein.

JENNY STERCHI
«Ich kenne ja den Weg schon», sagt Leano und wirkt dabei ziemlich unbekümmert. Gemeinsam mit seiner Schwester Flavia ist er unterwegs zur Schule. Es ist für beide der allererste Schultag.

Viel zu erzählen
Sie kennen nach zwei Jahren Kindergarten den Weg zum Schulhaus Zenetsmatte genau. Sie müssen zweimal die Hauptstrasse zwischen Schönried und Saanen überqueren. «Wir dürfen hier nicht allein über die Strasse», ruft Leano und wartet wie abgemacht, aber ungeduldig trippelnd, auf die erwachsenen Begleiterinnen.

Leano weiss einiges zu erzählen auf dem Weg in die Schule: «Ich bin ein bisschen aufgeregt, aber nicht so sehr.» Auf die Frage, ob er denn seine Lehrerin schon mal gesehen habe, sprudelt es aus dem Erstklässler heraus: «Ja, die kenne ich schon, Frau Schopfer heisst sie und ich hatte die Farbenstunde bei ihr.» Was ist denn die Farbenstunde? «Es gab im Kindergarten jeweils einen Vormittag, an dem die Kinder vom ersten Kindergarten bis zur zweiten Klasse gemeinsam Unterricht hatten. Die altersdurchmischten Gruppen, die in der Basisstufe zentral sind, wurden von verschiedenen Lehrerinnen geleitet», klärt Leanos Mutter auf, denn Leano hat für Erklärungen gerade keine Zeit. Sein Wanderstock, vor den Ferien am Wegrand deponiert, hatte tatsächlich sieben Wochen auf ihn gewartet. Glücklich schwingt er den Stock und weiter geht es in Richtung Schulhaus.

Ausrüstung der Schulanfänger:innen
Sein Schulsack sei ganz neu, antwortet Leano auf die Frage danach und hüpft vergnügt die Treppenstufen auf dem Weg hinunter. «Ich durfte ihn selbst auswählen», sagt er und deutet auf den nigelnagelneuen Schulsack auf seinem Rücken. Und auf das Besondere, nämlich verschiedene Buttons, die dank Klettverschluss am Rucksack kleben und «Kletties» heissen, weist er sofort hin: «Die Bilder kann man im Fall austauschen. Ich hab heute die mit der Polizei drauf ausgesucht. Aber ich hab noch welche mit Piraten und Fussball drauf zu Hause.»

Und das ist Flavias Stichwort. Die ganze Zeit hinter ihrem Bruder unterwegs gewesen, taucht sie plötzlich neben Leano auf: «Und ich hab Einhörner zum Ankleben.» Sie dreht sich um und der Blick fällt auf ihren Rucksack in kräftigem Pink und mit allerlei Fabelwesen verziert. «Ich bin ganz schön aufgeregt», verrät sie. Flavia kennt die beiden Lehrerinnen Frau Schopfer und Frau Kropf erst flüchtig.

«Aber dafür sind ein paar Gspänli aus dem Kindergarten mit in meiner Klasse», relativiert sie die Situation und freut sich offensichtlich auf ihre Kindergartenkolleginnen.

Viel Gewohntes neben vielem Neuem
Auf dem Weg wird überraschend wenig über die Schule und über die Erwartungen an sie gesprochen. Viel wichtiger sind Ferienerlebnisse und Wackelzähne. Und dann, beim Schulhaus, gibt es doch etwas, was die beiden beschäftigt: «Im Kindergarten durften wir immer schon ins Schulhaus hinein, auch wenn wir zu früh waren. Jetzt in der ersten Klasse müssen wir draussen warten, bis es das erste Mal klingelt.» Und zum ersten Mal merkt man beiden die Aufregung gleichermassen an. Während Flavia vor der Treppe hinauf zum Eingang von einem auf den anderen Fuss tritt, sucht Leano noch ein sicheres Versteck für seinen Wanderstock. «Mama, nimmst du ihn bitte mit heim, wenn du nachher nach Hause gehst?», bittet er seine Mutter eindringlich, nachdem er ihn bestens getarnt im Fliederbusch deponiert hat. Die wohlwollende Antwort der Mama wird vom Klingelton der Schulglocke übertönt.

Kinder jeden Alters drängen in das Schulhausinnere, verteilen sich in den verschiedenen Etagen und ballen sich wieder zu kleinen Knäueln vor den einzelnen Schulzimmern zusammen. Mütter und Väter stehen am Rand oder mittendrin, helfen dabei, die Zahnbürsten und Malschürzen aus den Schulsäcken hervorzuholen. Und dann, endlich, bitten die Lehrerinnen Frau Schopfer und Frau Kropf die Kinder und Eltern ins Schulzimmer. Flavia versucht, ihrer Kindergartenfreundin zu folgen und haucht vorher ihre Zustimmung in den Raum, ein Foto von ihr machen zu dürfen. Leano erklärt noch kurz, dass er eine clevere Zahnbürste dabei habe: «Die ist zum Zusammenstecken. Drum hat sie in so einer kleinen Kiste Platz.» Und dann sitzen die beiden schon auf ihren Plätzen, die sie nicht verfehlen können. Auf einem Schild prangt jeweils schön gestaltet ihr Name.

Die Spannung ist beinahe spürbar. Sie verfliegt ein wenig, als Frau Kropf mit der Gitarre begleitet ein Lied anstimmt. Und als Frau Schopfer die Bildergeschichte von der Maus Max und ihren Freunden erzählt, tauchen nicht nur manche Kinder in die Erzählung ein. Die Aussichten auf gute Freunde in der Schule sind also intakt. Und so können die Eltern am Ende der Geschichte getrost das Schulzimmer verlassen.


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