Stimmberechtigte genehmigen über eine Million Franken

  24.05.2022 Lauenen

Die Gemeindeversammlung genehmigte alle Traktanden, darunter die Jahresrechnung, die mit einem Plus von gut einer halben Million Franken abschliesst. Auch dem Verkauf einer Gemeindewohnbaulandparzelle stimmten die 22 anwesenden Stimmberechtigten einstimmig zu.

Es war eine denkwürdige Gemeindeversammlung am vergangenen Freitagabend in der Mehrzweckhalle Lauenen. Zum ersten Mal wurde die Versammlung von einer Präsidentin geleitet – Ruth Oehrli-Pekoll ist die erste Gemeindepräsidentin nicht nur in Lauenen, sondern im Saanenland. Zudem nahmen gerade mal 22 Stimmberechtigte an der Versammlung teil – was wohl verschiedene Gründe haben dürfte. Die Infobroschüre, in der alle Traktanden ausführlich vorgestellt werden, geht an alle Haushaltungen. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Traktanden bei der Mehrheit der stimmberechtigten Bevölkerung unbestritten waren – sonst wäre der Aufmarsch wohl grösser gewesen. Zudem fanden am Freitag das Amtschiessen und ein musikalischer Anlass statt.

Zustimmung ohne Wortmeldungen
Die fünf Traktanden waren auch bei den 22 anwesenden Stimmberechtigten unbestritten, ohne Wortmeldung genehmigten sie vier Verpflichtungskredite in der Höhe von gesamthaft knapp 1,1 Millionen Franken sowie die Jahresrechnung, die mit einem Plus von gut einer halben Million Franken abschliesst. Es wurde aber am Freitagabend nicht nur Geld ausgegeben, auch der Verkauf einer Parzelle zu einem Gesamtpreis von 152’000 Franken wurde widerstandslos durchgewunken. Nach bereits 40 Minuten konnte die Vorsitzende die Anwesenden in die laue Sommernacht entlassen.

Jahresrechnung: höhere Steuereinnahmen sorgen für Überschuss
Der Gesamthaushalt schliesst mit einem Gewinn von 504’596.04 Franken ab. Budgetiert war ein Verlust von 115’100 Franken. Der Allgemeine Haushalt schliesst mit einem Gewinn von 575’198.44 Franken ab. Budgetiert war eine ausgeglichene Rechnung. Die Besserstellung sei auf höhere Einnahmen bei den Einkommens- und Grundstückgewinnsteuern zurückzuführen, wie Finanzverwalter Hansueli Perreten erläuterte. Per Ende 2021 beläuft sich das konsolidierte Eigenkapital des Gesamthaushalts auf rund 12,6 Mio. Franken. Das für den Allgemeinen Haushalt massgebende Eigenkapital (Bilanzüberschuss) macht rund 4,7 Mio. Franken aus.

Nettoinvestitionen wurden gesamthaft 916’268.05 Franken getätigt. Während der Anteil des Allgemeinen Haushalts 265’755.70 Franken ausmacht, beträgt er bei der Wasserversorgung 580’512.35 Franken und bei der Abwasserentsorgung 70’000 Franken. Wie Hansueli Perreten erklärte, verursachen vor allem Strassenprojekte Investitionsausgaben im Allgemeinen Haushalt sowie bei den Spezialfinanzierungen das Projekt «Anschluss Grundwasserpumpwerk Enge» und die Übernahme von Abwasserleitungen im Bereich Moos/Underem Stutz.

Die Wasserversorgung schliesst mit einem Defizit von 45’468.60 Franken ab. Per Ende 2021 beläuft sich das Eigenkapital auf 982’046 Franken. Die Abwasserentsorgung schliesst mit einem Aufwandüberschuss von 25’577’10 Franken ab. Das Eigenkapital beträgt 223’854.61 Franken. Mit einem Plus von 443.30 Franken schliesst die Abfallentsorgung ab, das Eigenkapital beläuft sich auf 63’884.43 Franken.

Belagserneuerung Kirchstrasse
Für die Belagserneuerung der Kirchstrasse genehmigte die Versammlung einen Verpflichtungskredit von 210’000 Franken. Wie Gemeinderätin Claudia Ryter erklärte, wurde die Kirchstrasse erstmalig 1993 saniert. Im Jahr 2011 wurde das Teilstück ab Einmündung Staatsstrasse bis Altes Schulhaus bedingt durch den Bau der Regenwasserleitung erneut saniert. Das vorliegende Projekt beinhaltet die Erneuerung des Teilstückes ab der Schreinerei Room of Life bis zur Bodenbrücke auf einer Länge von 433 Metern. Aufgrund der fast 30 Jahre zurückliegenden letzten Sanierung hätten die Belagsschäden stark zu genommen, so Claudia Ryter. Im Sinne einer Struktur- und Werterhaltung dränge sich nun eine Sanierung auf. Während der Bauarbeiten und vor allem während des Einbaus des Deckbelages wird die Kirchstrasse ab Altem Schulhaus bis zur Bodenbrücke innerhalb der Arbeitszeiten für den privaten Verkehr gesperrt. Dank der beidseitigen Zufahrtsmöglichkeit vom Dorf respektive über die Bodenstrassen könnten die Behinderungen aber für die Anstösser «hoffentlich in einem akzeptierbaren Rahmen gehalten werden».

Teilsanierung Mehrzweckhalle Lauenen
Die Mehrzweckhalle wurde 1988 erbaut. Altersbedingt gebe es verschiedene Mängel, die behoben werden müssten, erklärte Gemeinderat Silver Hauswirth den Anwesenden. Im Untergeschoss müssten verschiedene Sanitäranlagen sowie die WC-Trennwände ausgewechselt werden. Aus den Wasserleitungen fliesse Rostwasser. Durch die Rostablagerungen seien etliche Rohre verstopft und einige Wasserhähne funktionsunfähig. Ausserdem habe es Duschen, die deshalb nicht mehr funktionierten. Die Sanierung soll während den Schulferien in diesem Sommer erfolgen. Die Gemeindeversammlung genehmigte den dafür vorgesehenen Verpflichtungskredit von 210’000 Franken.

Verkauf Gemeindewohnbauland Fang
Einstimmig stimmte die Gemeindeversammlung dem Verkauf einer Parzelle im Fang zu einem Gesamtpreis von 152’000 Franken zu. Das Gebäude muss als Erstwohnung genutzt werden. Die Gemeinde hält fest: «Es gelten nach wie vor die Bestimmungen der Überbauungsordnung Gemeindewohnbauland Fang, wonach das auf dieser Parzelle erstellte Haus nur von Einheimischen genutzt werden darf».

Die an der Hinterseestrasse liegende Parzelle hat die Gemeinde im Jahr 1997 im Baurecht abgegeben. Die heutige Baurechtsberechtigte habe die Gemeinde nun angefragt, ob sie das Bodengrundstück käuflich erwerben könne, erklärte Gemeinderätin Daniela Addor. Der Landpreis wurde analog der in Vergangenheit verkauften Parzellen auf einen Quadratmeterpreis von 190 Franken festgelegt, was für die Parzelle von gesamthaft 800m2 einen Gesamtpreis von 152’000 Franken ergibt.

Mehr als eine halbe Million Franken an die ARA Saanen
Freigegeben haben die Anwesenden den Verpflichtungskredit von 555’000 Franken – das entspricht dem aufgrund der Abwassermessungen und Einwohnerzahl ermittelten Anteil für die Gemeinde Lauenen – für die Sanierung und Erweiterung Faulung der ARA Saanen. Die ARA Saanen wurde Anfang der 1980er-Jahre erstellt und 1983 in Betrieb genommen, erläuterte Gemeinderat Serge Jungi. Zwischen 2003 und 2005 wurde sie saniert und erweitert. Nach einer gesamten Betriebszeit von rund 40 Jahren sei eine weitere Sanierung notwendig. Gemäss einer von der Gemeinde Saanen in Auftrag gegebenen Konzeptstudie seien verschiedene Massnahmen notwendig – unter anderem die Sanierung der bestehenden Faulung, der Ersatz bestehender Leitungen, Armaturen und Aggregate, der Neubau/Ersatz des Gasspeichers, die Erweiterung mit einem zweiten Faulturm usw. Das Gesamtprojekt wurde mit 7,4 Millionen Franken veranschlagt.

Ersatz Trinkwasserleitung «Müli»
Im Bereich der Liegenschaften «Müli» dient eine Leitung aus duktilem Guss als Verbindungs- und Transportleitung, erklärte Gemeinderat Serge Jungi. Diese Leitung stamme aus den Gründerjahren der Wasserversorgung Lauenen (Ende 1950er-Jahre). Nun sei festgestellt worden, dass in den angeschlossenen Liegenschaften das Leitungswasser Verfärbungen und Rostpartikel aufweise. Um diesen Mangel zu beheben, müsse die alte Gussleitung durch eine Kunststoffrohrleitung über eine Länge von 105 Metern ersetzt werden. Sämtliche bestehenden privaten Anschlüsse würden zulasten der Gemeinde an die neue Leitung angepasst. Sollten einzelne Hausanschlussleitungen noch aus Eisenrohren bestehen, dränge sich ein Ersatz auf – dies allerdings auf Kosten der Anstösser, wie Serge Jungi betonte. Gemäss Kostenschätzung betragen die Erstellungskosten rund 110’000 Franken. Die Gemeindeversammlung genehmigte den entsprechenden Verpflichtungskredit.

ANITA MOSER/PD


DER NATURNAHE TOURISMUS IN LAUENEN NIMMT FAHRT AUF

Wie die Gemeinde in der Informationsbroschüre schreibt, nimmt das Projekt «Naturnaher Tourismus Lauenen– Lauenensee» Fahrt auf. Mit einem finanziellen Beitrag unterstützt der Kanton die Gemeinde, dass die am Zukunftsworkshop gesammelten Ideen und Vorschläge weiterentwickelt werden können. Eine Projektgruppe der Gemeinde mit Beteiligten aus Bevölkerung, Tourismus, Landwirtschaft und Gewerbe ist daran, eine Reihe von Teilprojekten vorzubereiten.
Diese betreffen folgende Themen:
– Die Lösung der Verkehrsprobleme auf der Lauenenseestrasse während der Hochsaison unter der Beteiligung der Anwohner und Betroffenen.
– Die Gestaltung von ursprünglichen, authentischen, naturnahen Angeboten unter Einbezug von Kultur und Handwerk sowie die Schaffung eines Begegnungszentrums.
– Die Verbesserung der Infrastrukturen beim Lauenensee-Parkplatz und bei der Rohrbrücke.
– Die Information der Besucherinnen und Besucher sowie die Weiterführung des Rangerdienstes.
– Die Regelung des Campings mit einem minimalen Angebot für Camper und Zeltler – ohne aktive Bewerbung.

«Forum Lauenen» am 17. September
Die Ergebnisse sollen im Sommer vorliegen. Am Samstag, 17. September soll unter dem Namen «Forum Lauenen» ein Zukunftsworkshop stattfinden, zu dem alle interessierten Lauenerinnen und Lauener eingeladen werden.

PD


«Intensiv, aber auch interessant»

Ruth Oehrli-Pekoll wurde an der Gemeindeversammlung im November 2021 als Nachfolgerin von Jörg Trachsel im ersten Wahlgang zur Gemeindepräsidentin gewählt. Am Samstag hat sie ihre erste Gemeindeversammlung geleitet.

ANITA MOSER

Ruth Oehrli, Sie sind seit Anfang Jahr Gemeindepräsidentin von Lauenen. Wie haben Sie die ersten vier Monate erlebt?
Sehr intensiv, aber auch interessant. Dessen war ich mir seit Anbeginn bewusst, deshalb hatte ich grossen Respekt vor dieser Aufgabe. Ich fühle mich von meinen Ratskolleginnen und Ratskollegen gestützt und ich schätze die Zusammenarbeit mit der Verwaltung sehr.

Wie waren die Reaktionen nach der Wahl?
Sehr positiv. Besonders gefreut habe ich mich über die vielen herzlichen und aufrichtigen Gratulationen, vor allem aus unserer Gemeinde. Dafür möchte ich mich bedanken. Da fällt einem die Aufgabe gleich etwas leichter.

Am Freitagabend haben Sie Ihre erste Gemeindeversammlung als Präsidentin geleitet. Waren Sie nervös?
Ich habe mich mit unserem Gemeindeverwalter gut auf meine erste Versammlung vorbereitet, dennoch war ich etwas nervös, was ja auch normal und verständlich ist.

Sie waren von 2011 bis 2018 Gemeinderätin. Können Sie nun von dieser Erfahrung profitieren?
Ich kann enorm davon profitieren, da meine Ressorts breit gefächert waren. Mein grosses Engagement während der Zeit als Gemeinderätin ist mir nun von Nutzen. Dass ich bereits sehr gut vernetzt bin, ist auch hilfreich. Es ist ein gutes Gefühl, bei diversen Geschäften auf einem guten Fundament zu stehen.

Was machen Sie anders als Ihr Vorgänger?
Das ist schwierig zu beantworten. Diese Frage könnten vielleicht die Ratskolleginnen und Ratskollegen oder die Verwaltungsangestellten besser beantworten. Ich habe einen anderen beruflichen Hintergrund und bin nicht in Lauenen aufgewachsen, da macht man automatisch einiges anders.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil bezeichnen?
Kollegial, nicht rechthaberisch, offen für andere Meinungen und stets darauf bedacht, zügig und speditiv durch die Sitzung zu führen. Ich erwarte, dass die Ratskolleginnen und Ratskollegen gut vorbereitet an die Sitzung kommen.

Wie hoch ist das Arbeitspensum als Gemeinderätin von Lauenen?
Ca. 20 bis 30 Prozent.

Wie oft kommt der Gemeinderat zusammen?
Der Gemeinderat trifft sich alle 14 Tage am Montagabend. In der Woche dazwischen findet die Traktandensitzung statt.

Wie viele Personen arbeiten auf der Verwaltung?
Drei Verwaltungsangestellte und ein Lehrling.

Sie sind im Winter Skilehrerin, arbeiten von Mai bis Oktober im Pro Shop des Golfclubs Saanenland und Sie sind zweifache Grossmutter. Wie bringen Sie Beruf, Familie und Amt unter einen Hut? Wo müssen Sie zurückstecken oder auch mal ein Auge zudrücken, die Fünf gerade stehen lassen?
(Schmunzelt.) Man setzt einen grösseren Hut auf. 😉 Bei meinen Hobbys und sportlichen Aktivitäten stecke ich zurück, im Pro Shop habe ich mein Arbeitspensum gegenüber dem letzten Jahr um zehn Prozent reduziert. Aber darüber darf man sich nicht zu viele Gedanken machen, man merkt eh erst im Nachhinein, wie intensiv manche Monate sind. Solange man seine Arbeit mit Freude macht, ist sie auch weniger energieraubend.

Die Zeit, die mein Mann Daniel und ich mit unseren Enkeltöchtern verbringen dürfen, ist sehr wertvoll und die Kinder lenken meine Gedanken wieder in die richtige Richtung. Ich habe bereits gelernt, in meiner Agenda Freitage zu markieren – mit Kugelschreiber und nicht mit Bleistift!

Was sind aktuell die grössten Herausforderungen für die Gemeinde?
Naturnaher Tourismus bzw. das Forum Lauenen «zeitlich auf Trab zu halten», da leisten einige Gemeinderäte und Interessensgruppen enorme Arbeit. Finanzielle beziehungsweise bauliche Herausforderungen werden so einige Sanierungen sein, die in naher Zukunft anstehen (Anm.: siehe Traktanden an der Frühjahrsversammlung).

 


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