Zustimmung auch jenseits der Traktanden

  15.03.2022 Saanen

Bei der Hauptversammlung von Gstaad Saanenland Tourismus wählten die Stimmberechtigten einstimmig Heidi Schopfer in den Vorstand und Tom Schild in die Geschäftsprüfungskommission. Die aktuelle Information zur Auflösung der Gstaad Marketing GmbH wurde ohne Wortmeldungen zur Kenntnis genommen.

SONJA WOLF
Traktanden werden im Normalfall ja schon weit vor der Hauptversammlung festgelegt und publiziert. Laut Papier hätte die Hauptversammlung von Gstaad Saanenland Tourismus (GST) also mehr oder minder «business as usual» werden können. Seit der Traktandierung waren aber einschneidende Dinge passiert. Ein Krieg, der den europäischen, den Schweizer und ja, auch den Tourismus der Destination Gstaad beeinflussen dürfte. Und die Auflösung der Gstaad Marketing, die erst wenige Tage vor der Hauptversammlung bekannt geworden war und für einiges Aufsehen gesorgt hatte. Eine allgemeine Spannung lag also in der Luft, als die 89 Stimmberechtigten und die 34 Gäste in den grossen Saal des Landhauses strömten. Inwieweit und auf welche Weise würden die beiden aktuellen Ereignisse einfliessen? Und wie würden die Reaktionen vonseiten der Stimmberechtigten ausfallen?

Auflösung der GM
Über die aktuellste Änderung informierte Präsident Oliver Waser noch vor dem Beginn des offiziellen Teils. Kurz und sachlich erklärte er die Auflösung der Gstaad Marketing GmbH per Ende Oktober und die Rückführung des Destinationsmarketings in den GST sowie den Aufbau von Marketingkompetenzen bei der BDG. «GST und die BDG werden auch in Zukunft im Bereich der Kampagnen zusammenarbeiten und entsprechende Synergien nutzen», betonte Waser.

Die vier Gesellschafter hätten am Montag vergangener Woche einstimmig die Auflösung entschieden, GST-Präsident Waser und BDG-Präsident Heinz Brand hätten am Dienstag die Mitarbeitenden informiert und seien Frage und Antwort gestanden.

Wasers Angebot, am Ende der Veranstaltung auch die Fragen des Publikums zur Auflösung zu beantworten, wurde dann allerdings nicht wahrgenommen. Tourismusdirektor Flurin Riedi vermutet, woran es liegen könnte: «Die fehlenden Diskussionen heute bestätigen wohl auch, dass der Entscheid der richtige ist und breit abgestützt ist.»

Der Krieg und seine Auswirkungen
Flurin Riedi, der seit seinem Amtsantritt zum ersten Mal eine physische Hauptversammlung bestreiten durfte, führte bezüglich des zweiten unvorhergesehenen Themas aus, dass ein Ausblick auf den Sommer schwierig sei. «Sicher ist nur, dass der Ukraine-Krieg auch bei uns Auswirkungen haben wird.» Ausländische Gäste, besonders aus den Fernmärkten, werden weniger kommen, so Riedi, da sie Europa als unsicher empfinden. Auch mache die Frankenstärke den Aufenthalt in der Schweiz teuer. Umgekehrt können die Schweizer aufgrund der Frankenstärke im Ausland günstiger Ferien machen, haben aufgrund der Coronafreiheit eventuell auch Fernweh. Auf der anderen Seite werden durch den Krieg die Reisekosten teurer und aufgrund des erhöhten Sicherheitsbedürfnisses werden die Schweizer vielleicht lieber in der Heimat Ferien machen. «Es gilt auf jeden Fall, den Fokus auf den Heimmarkt Schweiz zu legen; so ist es auch in der Destinationsstrategie definiert», betonte Riedi. In den letzten beiden Coronajahren fuhr die Destination gut mit diesem Fokus und konnte einen beachtlichen Zuwachs aus dem Schweizer Markt verzeichnen.

Geschäftsjahr gleich Kalenderjahr
Die restliche Hauptversammlung betraf die traktandierten Geschäfte, die alle angenommen wurden.

Eines davon war eine generelle Statutenänderung. Diese war nötig geworden, da die vorherige Fassung noch vom März 2017 datierte und inzwischen nicht mehr gebräuchliche oder angebrachte Bezeichnungen und Sachverhalte enthielt. Die wichtigste Änderung betrifft die Anpassung des Geschäftsjahres, das fortan nicht mehr jeweils vom 1. November bis zum 31. Oktober gerechnet wird, sondern nach dem Kalenderjahr vom Januar bis zum Dezember. «Das ist buchhalterisch interessant, weil so eine Anpassung an die meisten Partner stattfindet», begründet Oliver Waser.

Zu drei der Statutenänderungen waren im Vorfeld Anträge von den Stimmberechtigten eingegangen, über die in der Versammlung abgestimmt werden musste. Dabei gab es nur bei einem Artikel eine leicht kontroverse Meinung: «Die Tätigkeit des GST umfasst Planung, Gestaltung und Ausführung (...) des touristischen Marketings, wobei die Marketingkommunikation und Marktbearbeitung an Dritte ausgelagert werden kann», hiess der Vorschlag des Vorstandes. Der Zusatz, der die Auslagerung an Dritte betrifft, sollte auf Antrag der Stimmberechtigten gestrichen werden, da das Marketing ab Herbst schliesslich in den GST integriert sein wird und auch bleiben soll. Der Antrag aus dem Stimmvolk wurde angenommen, gleichwohl zwei Gegenstimmen und neun Enthaltungen zeigten, dass es bei diesem Punkt unterschiedliche Meinungen gibt.

Unentgeltlicher Immobilientransfer
Die Stiftung Sport, Kultur und Tourismusförderung ist Eigentümerin einer Lagerhalle in der Mettlen. Mieter ist der Verein Event-Material, der das ehemalige Tennis-Eventmaterial dort lagert und noch immer für Events verleiht.

Nun löst sich die Stiftung auf. Da die Aktiven der Stiftung nicht zweckentfremdet werden dürfen, sondern touristisch weitergeführt werden müssen, möchte GST die Immobilie unentgeltlich übernehmen, was einstimmig angenommen wurde.

Landwirtschaft nach wie vor im Vorstand vertreten
Zwei Neuwahlen wurden nötig. Vorstandsmitglied Matthias Oehrli aus der Lauenen musste ersetzt werden, da er die Amtshöchstzeit von neun Jahren erreicht hatte. Oliver Waser zeigte sich im Namen des Vorstandes dankbar, mit Heidi Schopfer aus Saanen wieder eine Person aus der Landwirtschaft gefunden zu haben. Sie ist im grossen Vorstand des Berner Bauern Verbandes und war zehn Jahre lang Geschäftsführerin der landwirtschaftlichen Vereinigung Saanenland.

Steffen Nischan tritt aus der Geschäftsprüfungskommission (GPK) aufgrund einer neuen Ressortverteilung im Gemeinderat Gsteig aus. Denn in der GPK sitzen neben zwei freien Mitgliedern auch die drei Gemeindevertreter aus den Gemeinden Saanen, Gsteig und Lauenen ein. Aus der Gemeinde Gsteig ist nun Gemeinderat Tom Schild der entsprechende Vertreter.

Der Gemeindevertreter aus Lauenen, Pascal Bangerter, und GPK-Präsident Philipp Reber wurden wiedergewählt.

Ehrungen für langjähriges Engagement
In drei Dorforganisationen (DO) wurde ein neuer Präsident oder eine neue Präsidentin gewählt. Die abtretenden Präsidenten wurden zusammen mit dem abtretenden Vorstandsmitglied Matthias Oehrli im Rahmen der Hauptversammlung geehrt. Dies waren Adrian Friedli für die DO Gstaad, Rudi Kistler für die DO Gsteig-Feutersoey und Susanne Brand für die DO Lauenen, die leider an der Hauptversammlung nicht anwesend sein konnte.


EINIGE NEUHEITEN BEIM GST ...

- Tourismusbarometer TPI: mit der Uni Bern entwickelt, misst die Umsatzentwicklung in der gesamten Destination
- Nachhaltige Tourismusentwicklung: Projekt Zukunft Lauenen-Lauenensee: sanfter Tourismus, weniger ist mehr!
- Gstaad online: z.B. Chatbot, digitaler Concierge oder Gstaad Card Sommer (ÖV schon ab 1. Mai inkludiert statt ab 1. Juni)
- Erster Schweizer Wandergipfel am 22./23.August 2022
- Projekt Saanis Snowliland: Kooperationsprojekt mit allen Skischulen, «Winterspielplatz»
- Projekt Destinationssignaletik: der augenblickliche Schilderwald soll «Gstaad like» werden und die Besucher optimal lenken
- Ranger Lauenensee: Pilotprojekt erfolgreich, soll weitergeführt werden

... UND POSITIVE ZAHLEN
- 1,23 Mio. Logiernächte (LN), um gut 33’500 LN gestiegen im Vergleich zum letzten Geschäftsjahr
- LN im Sommer haben die LN im Winter überholt, allerdings ist die Wertschöpfung im Winter immer noch höher als im Sommer
- positives Unternehmensergebnis im Geschäftsjahr 2020/21 von gut 40’000 Franken bei einem Betriebsertrag von 10,66 Mio. Franken

GST

 


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