Kostenpflichtige Vignette für die Benutzung der Wanderwege

  29.03.2012 Gsteig, Politik, Volkswirtschaft, Tourismus, Saanenland, Saanen, Lauenen, Wirtschaft

In den drei Gemeinden Saanen, Gsteig und Lauenen wird ab 2013 eine Gebühr für die Wanderwegbenutzung erhoben. Die Gelder sollen zweckgebunden für den Unterhalt der Wanderwege eingesetzt werden.

Gesamthaft fast eine halbe Million Franken jährlich kosten die insgesamt 465 Kilometer Wanderwege die drei Gemeinden Gsteig, Lauenen und Saanen. Das sind fast 1000 Franken pro Kilometer. In der angespannten Wirtschaftslage sei dies zu viel, finden die drei Gemeindepräsidenten. «Auch wenn die Folgen der Zweitwohnungsinitiative noch nicht absehbar sind, wird sie ein Loch in die Gemeindekassen reissen», so die Befürchtung. «In dieser Situation gibt es nur zwei Alternativen: Sparen oder Einnahmen generieren», betont Aldo Kropf, Gemeindepräsident aus Saanen. Sparen, sprich den Unterhalt zu vernachlässigen, wäre kontraproduktiv und komme nicht in Frage, ergänzt Amtskollege Ruedi Trachsel aus Lauenen: «Der Tourismus ist unser wichtigster Wirtschaftszweig und wir dürfen die Touristen auf keinen Fall mit schlecht unterhaltenen Wanderwegen vergraulen.» Auch eine Steuererhöhung sei indiskutabel, betont Martin Marti, Gemeindepräsident von Gsteig. «Mit einer Steuererhöhung würden alle zur Kasse gebeten, auch diejenigen, die unsere Wanderwege nie benutzen», erläutert Marti. Und jene, die ihren Wohnsitz nicht in einer der drei Gemeinden haben, die Wanderwege aber in der Regel häufiger nutzen als Einheimische, wären die lachenden Dritten.

Nutzer sollen bezahlen
Die drei Gemeinden haben sich gegen das Giesskannen- und für das Nutzerprinzip entschieden: Mit der so genannten Wanderweg-Vignette soll Geld in die Gemeindekasse fliessen. «Das Geld wird zweckgebunden für den Unterhalt der Wanderwege eingesetzt», betonen die drei Gemeindeoberen.
Und so funktioniert es: Wer die offiziellen Wanderwege der drei Gemeinden benutzen will, muss die Wanderweg-Vignette kaufen. «Die Vignette kostet 50 Franken und ist ein Jahr gültig», erklärt Bruno Beetschen. Der Leiter der Abteilung Infrastruktur der Gemeinde Saanen ist Bindeglied zwischen den drei Gemeinden und offizieller Ansprechpartner bei Fragen. Die Vignette wird im Auftrag der Gemeinden von Christoph Romang, Besitzer des gleichnamigen Schuhhauses in Gstaad, in die Schuhsohle eingeschweisst. «Pro Person können mehrere Schuhe mit der Vignette versehen werden. Die Gebühr wird aber nur einmal erhoben», erklärt Beetschen. So will man verhindern, dass die Vignetten anderen Personen ausgeliehen werden.

2012 ist Testjahr
Die Vignette ist ab Montag kommender Woche bei den Gemeinden erhältlich. «In der einjährigen Testphase machen wir Stichkontrollen», betont Beetschen. Später sollen die Vignetten mit Sensoren versehen sein, mit denen sich die Gatter am Wanderwegeingang und -ausgang öffnen lassen. «Macht sich die Sache bezahlt, sind weitere Optionen möglich», so Beetschen: «Mit Sensoren, die in den Weg eingelassen sind, lässt sich feststellen, ob der Wanderer einerseits Schuhe mit Vignette trägt und ob er andererseits auf dem Weg bleibt.» Wer ohne Vignette erwischt wird, muss innerhalb von einer Woche die Schuhe aufrüsten lassen.
Wer ohne Vignette und mit ungeeignetem Schuhwerk erwischt wird, muss dazu noch eine Busse bezahlen. «High-Heels beschädigen den Wanderweg zusätzlich», begründet Beetschen.

Vignetten nur für «geeignetes Schuhwerk»
«Mit Vignetten ausgerüstet wird nur geeignetes Schuhwerk», hält Christoph Romang fest. «Als Nebeneffekt tun wir damit auch etwas für die Gesundheit und die Gesundheitskosten.» Das sei wichtiger denn je, gerade im Hinblick, dass es in der Region allenfalls bald kein Spital mehr gebe. «Wer geeignete Schuhe trägt, läuft weniger Gefahr, zu verunfallen», so Romang.

Die Krux mit der Definition
Und wer definiert, welches Schuhwerk geeignet ist? «Das ist die Krux», wissen die drei Gemeindepräsidenten. «Bei Wanderschuhen, Trekking- oder Turnschuhen ist die Sache klar», sagt Romang. «Die Frage ist, ob zum Beispiel schwere Bergschuhe oder Sandalen ebenfalls unter den Begriff ‹geeignetes Schuhwerk› fallen.» Für die drei Gemeindepräsidenten ist klar: «Wir wollen unbedingt eine einheitliche Richtlinie, die für alle drei Gemeinden gilt», sagt Martin Marti. «Nicht, dass es uns geht wie bei der Zweitwohnungsinitiative und jede Gemeinde den Begriff nach eigenem Gutdünken definiert», ergänzt Trachsel. «Wir haben für kommenden Sonntag, 1. April eine Klausurtagung anberaumt, an der wir den Begriff ‹geeignetes Schuhwerk› definieren, damit diese Frage geklärt ist, bevor die Vignette am Montag in den Verkauf kommt», informiert Aldo Kropf.

Wandertag-Auswertung
Analog der Skipässe, die sich online statistisch auswerten lassen, können mit der Vignette die zurückgelegten Kilometer und Höhenmeter abgefragt werden. Gekoppelt mit einem Pulsmessgerät kann auch der Kalorienverbrauch ausgewertet werden.

Anita Moser


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