Lawine fordert zwei Todesopfer

  23.01.2018 Region

In der Region Seechäle wurden am Freitag zwei Personen abseits der Piste von einer Lawine verschüttet. Sie konnten nur noch tot geborgen werden. Glück hatte eine Snowboarderin, die im Chaltebrunnental in eine Lawine geriet. Sie kam mit ein paar Prellungen davon.

ANITA MOSER
Derzeit herrscht fast im ganzen Alpenraum grosse bis sehr grosse Lawinengefahr. Auch im Saanenland gingen verschiedene Lawinen nieder, zwei Personen starben. Wie die Kantonspolizei mitteilt, wurden eine Frau und ein Mann bei Seechäle im Gemeindegebiet St. Stephan leblos aufgefunden. Sie waren am Samstagabend bei der Kantonspolizei Bern als vermisst gemeldet worden, nachdem sie nicht wie geplant von einer Skitour zurückgekehrt waren.

Zur Bergung der Verunglückten stand auch ein Pistenfahrzeug im Einsatz. Gebirgsspezialisten der Kantonspolizei Bern untersuchen unter der Leitung der Regionalen Staatsanwaltschaft Oberland die Umstände des Lawinenunglücks. Bei den Opfern handelt es sich um eine 50-jährige Schweizerin mit Wohnsitz in Monaco und um einen 67-jährigen Schweizer mit Wohnsitz im Kanton Bern.

Gefunden dank Handy-Ortung
Ersten Erkenntnissen zufolge seien die beiden am Freitag gestartet, in unbekannte Richtung, sagte der Rettungschef der SAC-Rettungsstation Gstaad auf Anfrage. Einziger Anhaltspunkt war das Auto, das man am Samstag gegen Mitternacht im Turbach gefunden hatte. Anhand davon habe die Polizei am Sonntagmorgen die Rettungsstation in Gstaad alarmiert. Die Air-Glaciers habe einen Suchflug unternommen, aber nichts gefunden. Darauf hat die Rettungsstation mit vier Zweiergruppen die Suche terrestrisch (auf dem Bodenweg) aufgenommen. «Wir haben verschiedene Routen abgesucht: Giferhüttli, Amslerengrat, obere Zwitzeregg und Parwengen», so der Rettungschef. Man habe grosszügig gesucht, aber nichts gefunden. «Es war schwierig, die Sicht war wegen des Nebels teilweise schlecht, alles war überschneit. Wir haben praktisch keine Rutsche gesehen.» So ging man erst mal wieder zurück.

Anhand der Natelortung von einer verschütteten Person bekamen die Retter einen neuen Anhaltspunkt für die Suche. «Wir sind nochmals aufgestiegen auf den Rüwlispass und da haben wir sie orten und bergen können.»

Snowboarderin mit viel Glück
Glück gehabt hat eine deutsche Snowboarderin. Sie geriet am Samstag am frühen Nachmittag im Chaltebrunnental – in der Nähe der beiden Talstationen der Sesselbahnen nach Saanersloch und Parwengegrat – abseits der Piste in eine Lawine. Dank der Hilfe von zwei jungen Skifahrern aus der Region konnte die Snowboarderin rasch geborgen werden. Er sei mit einem Kollegen durch den Pulverschnee gefahren, als sie aus einem Graben heraus Hilfeschreie gehört hätten, erzählt Kilian Rufener aus Zweisimmen. «Eine Frau hat um Hilfe gerufen, ihre Kollegin sei verschüttet worden», so der 16-Jährige. Die Kollegin habe die Rega alarmiert, aber bis zu deren Eintreffen hätten er und sein Kollege die Suche nach der Verschütteten aufgenommen. «Wir knieten auf dem Lawinenkegel und sagten zueinander, dass wir systematisch suchen müssen.» Sein Kollege habe darauf seinen Skistock mehrmals in den Lawinenkegel hineingestossen. «Auf einmal haben wir etwas gehört und wir haben sofort an dieser Stelle angefangen zu suchen», erzählt Rufener. «Wenig später kam der Kopf der Verschütteten zum Vorschein.» Der Skistock hatte ihren Helm getroffen, daher das Geräusch. Mit Hilfe der Patrouilleuren sowie weiteren Personen und Rettern konnte die Frau lebend geborgen werden. Im ersten Moment sei sie nicht ansprechbar gewesen, habe auch Mühe gehabt mit Atmen, so Rufener. «Aber einige Minuten später hat sie gesprochen.» Die Frau wurde mit dem Helikopter ins Spital geflogen. Ihre Kollegin hat sich später bei den beiden Ersthelfern gemeldet. «Sie hat nur ein paar Prellungen», erzählt Kilian Rufener erleichtert.

Gemäss Rapport habe eine Vierergruppe ein Schneebrett ausgelöst, eine Person sei mitgerissen worden, bestätigt Matthias In-Albon, Geschäftsführer der BDG AG, den Hergang. Die Lawine sei abseits der Piste niedergegangen und habe die Piste auch nicht tangiert. Neben den Ersthelfern, den beiden Patrouilleuren sowie weiteren Helfern standen insgesamt drei Helikopter (Rega und Air-Glaciers) im Einsatz.

Lawinenniedergang auch an der Videmanette
Am Samstag kam es auch auf der Videmanette, ebenfalls ausgelöst von Skifahrern abseits der Piste, zu einem Lawinenniedergang. Da man nicht wusste, ob Personen mitgerissen worden waren, haben die Patrouilleure zusammen mit der Bergrettung und mit Lawinenhunden den Lawinenkegel abgesucht. Für den Sondierungsflug stand ein Helikopter der Air-Glaciers im Einsatz.

Lawinen gesprengt
Am Montag wurden an vielen Orten Lawinen gesprengt, wie Matthias In-Albon weiter informiert. Und wegen Lawinengefahr waren die Bergbahnen nur eingeschränkt offen. Chaltebrunne und der ganze Sektor West blieben geschlossen. «Wir weisen auf unserer Homepage auf die Lawinengefahr hin», so In-Albon.


ABSOLUTE VORSICHT GEBOTEN

«Zu Hause in der Stube bleiben», meint der Rettungsschef der SAC-Rettungsstation Gstaad auf die Frage nach einem Verhaltenstipp. Oder sich auf die geöffneten Pisten beschränken. «Es ist viel Wasser im Schnee – bis auf 2000 Meter über Meer ist es feucht.» In der Höhe liege massenhaft Schnee, «man kann sich das kaum vorstellen». Auch die kleinsten Hänge seien gefährlich. Der Boden sei noch immer nicht gefroren, die Gefahr von Gleitschneelawinen immer noch vorhanden. Die Altschneekruste, die sich letzte Woche gebildet habe, sei eine gute Gleitschicht. Deshalb rät der Rettungschef zu absoluter Vorsicht.

ANITA MOSER


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