Dem Künstler Adolphe de Siebenthal auf der Spur

  29.03.2018 Kultur

Im Aargauer Kunsthaus besuchten wir kürzlich die Ausstellung «Blinde Passagiere – Eine Reise durch die Schweizer Malerei» mit Werken, die dem breiten Publikum oft verborgen bleiben, weil ihnen die nötige Berühmtheit fehlt oder sie in Vergessenheit geraten sind. Dabei haben wir uns an ein Ölbild von Adolphe de Siebenthal erinnert, das wir in Saanen erstanden hatten, für das wir aber nie einen richtigen Platz fanden. Diesem Werk wollten wir nun auf die Spur kommen.

Als erstes versuchten wir herauszufinden, was für ein Berg auf dem Gemälde dargestellt ist. Die Einheimischen, denen wir das Bild vorlegten, waren sich trotz der freien Interpretation des Künstlers schnell einig: Es handelt sich um eine stimmungsvolle Impression der Wispile.

Nun galt es, etwas über den Künstler herauszufinden: Adolphe de Siebenthal war ein Genfer Primarlehrer und Maler der «école genevoise». Er lebte und wirkte vorwiegend in seiner Heimatstadt, wo er am 22. Februar 1895 zur Welt kam und wo er vor 60 Jahren, am 2. April 1958, starb. Seine Bilder zeigen vor allem Landschaften rund um Genf. Seine Studienreisen führten ihn nach Frankreich, Spanien und in die Deutschschweiz, da vor allem nach Gstaad. Nach eigenen Angaben war er nämlich nicht nur Genfer, sondern auch Bürger von Saanen.

Hier im Saanenland ist denn auch 1921 das erwähnte Ölbild der Wispile (siehe Foto) entstanden. Der Künstler fing den Reiz dieser urtümlichen Landschaft unseres Erachtens in einem einfachen, stimmungsvollen Stil ein. Die Wolken und der lichtblaue Himmel bilden einen starken Kontrast zu den übrigen Farben.

De Siebenthal war Autodidakt
Nach eigenen Angaben war Adolphe de Siebenthal Autodidakt. Er wurde 1929 Mitglied der «Société des peintres, sculpteurs et architectes suisses (SP-SAS/GSMBA)», wo er auch an Expositionen teilnahm. 1941 wurde er Aktuar der «Section de Genève» unter der Präsidentschaft des Malers Hans Berger. Er nahm seit 1925 an zahlreichen nationalen Kunstausstellungen und Turnus-Ausstellungen des Schweizerischen Kunstvereins in Zürich, Bern, Luzern und Genf teil. Im Katalog der Turnus-Ausstellung des Schweizerischen Kunstvereins im Zürcher Kunsthaus 1932 sind eine «Paysage» und ein «Autoportrait» von ihm für je Fr. 400.– aufgeführt; in der Jury für die Auswahl der Bilder sass übrigens seinerzeit auch der bekannte Maler Martin Lauterburg, ein Bruder des langjährigen Saaner Pfarrers Otto Lauterburg.

Weitere Ausstellungen fanden im Genfer Musée Rath statt, beispielsweise 1930 zusammen mit A. Faillettaz, M. Imbert-Jacques, W. Thaler sowie seiner damaligen Ehefrau, G. de Siebenthal.

Scheidung führte zu Namensstreit
Adolphe de Siebenthal heiratete 1922. Seine Frau, Germaine Glitsch (1. Dezember 1896 bis 10. April 1942) war eine angesehene Malerin, Schmuckgestalterin und Emailkünstlerin. Die Ehe wurde 1931 wieder geschieden, hatte aber einen Namensstreit zur Folge, der letztlich 1933 vom Bundesgericht beurteilt wurde und ihr erlaubte, ihre Werke mit Germaine Glitsch-ex de Siebenthal zu signieren, immerhin hatte sie bereits zahlreiche Auszeichnungen gewonnen. Sie war notabene noch letztes Jahr im Zürcher Landesmuseum bei der Ausstellung «Schmuck. Material Handwerk Kunst» vertreten.

1961 und 1963 fanden die letzten beiden Ausstellungen von Adolphe de Siebenthal statt: 1961 eine Retrospektive zur Erinnerung an ihn und weitere Künstler im Institut National Genevois und 1963 eine Gedächtnisausstellung im Salle Crosnier des Genfer Palais de l’Athénée.

Danach taucht der Name Adolphe de Siebenthal nur noch selten auf.

FRANZ UND MARIANNE OTTO-STEINEMANN, ZUMIKON UND ROUGEMONT

Quellen: Künstler-Lexikon der Schweiz XX. Jh., Bd. 2, Huber, Frauenfeld, 1958–1967; Allgemeines Künstler-Lexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Bd.56, S. 177/78, K.G. Saur, München, Leipzig, 2007; Ulrich Christoffel, «Martin Lauterburg», Verlag F. Bruckmann, München, 1963; Journal de Genève vom 18.3.1941, S.7, 11.4.1961, S. 8, und 8.3.1963, S. 13 [Online-Ausgabe]; Mail-Korr. mit Corina Simeon am 19.2.18, visarte.schweiz-berufsverband visuelle kunst, Zürich; Mail-Korr. mit Angelica Tschachtli am 19.2.18, SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, Zürich; Mail-Korr. mit Michael Schmid am 22.2.18, Schweizerisches Kunstarchiv, Zürich; BGE 59 II 91; http://www. kunstverein.ch/fileadmin/SKV_downloads/turnus/1932_Luzern_A.pdf (25.03.2018); http:// www.kunstverein.ch/fileadmin/SKV_downloads/ turnus/1932_Luzern_B.pdf (25.03.2018); http:// www.kunstverein.ch/fileadmin/SKV_downloads/ turnus/1932_Zuerich.pdf (25.03.2018); http:// doc.rero.ch/record/277570/files/BAA_EX_103_ 1930_5326.pdf (25.03.2018).


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