Er zeichnet mit der Schere

  29.01.2019 Saanen

Ueli Hauswirth gehört zu den Grossen seines Fachs. Nun zeigt der bekannte Scherenschneider aus Zweisimmen seine Arbeiten im Heimatwerk Saanen.

SABINE REBER
Die Scherenschnitte von Ueli Hauswirth kennt hier in der Region jedes Kind, denn in Zweisimmen beim Verkehrskreisel in Richtung Saanenland prangt ein riesiges Exemplar aus seiner Produktion. Neu ist auch ein Alpaufzug in der MOB-Unterführung am Bahnhof Zweisimmen auf 60 Metern zu bestaunen.

Der Künstler selber ist mit seinen Scherenschnitten schon um die ganze Welt gereist. Seine Kunstwerke waren bis jetzt an über 100 Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland zu sehen, und der Künstler gibt auch gerne Workshops überall auf der Welt und zeigt sein Können in berühmten Museen wie der Fondation Beyeler in Riehen oder er macht die Scherenschnittkunst in amerikanischen Werbefilmen weitherum bekannt.

Vorstandspräsidentin Christa Cairoli vom Heimatwerk Saanen freute sich: «Umo stolzer sind wir, dass ein Mann von Welt wieder zurück zu seinen Wurzeln findet und hier bei uns im Glasbodenraum in bescheidenem Rahmen seine Werke präsentiert.»

Frühe Kunstwerke für die Mutter
Hauswirths Markenzeichen sind die schier unendlichen Verästelungen von Bäumen und feinste Details von Tieren, Menschen und Gebäuden. Rund 50 bis 60 Stunden arbeitet er an einem grossen Scherenschnitt, schnipselt Stück für Stück mit Scheren und Cutter, Geisslein für Geisslein, Zweig für Zweig und Blume für Blume arbeitet er sich vor. Dabei zeichnet er kaum etwas vor, nur die grossen Strukturen, die Aeste und den Rand mit dem Blumenmuster skizziert er, denn die grossen Scherenschnitte von Hauswirth sind stets mit einem opulenten Blumenmuster eingefasst. Bei den kleineren ist es einfach eine Linie aus Blumen, die das Werk unterstreicht. Die Blumen, die Tiere und die Menschen, die schneidet Hauswirth frei aus dem Kopf. Schliesslich kennt er ihre Silhouetten in- und auswendig. Besonders die Geisslein, die Kühe, aber auch Pferde, Hasen, Gämsen und Steinböcke gehen ihm leicht von der Hand. Schon als Bub verbrachte er viel Zeit auf dem Bauernhof bei seinen Grosseltern und im Sommer freute er sich immer darauf, als Statterbub auf der Alp zu sein. Bereits als Sechsjähriger schnitt er aus alten Veloschlauch-Ringen kleine Muster und Tiere. Diese winzigen Kunstwerke schenkte er am liebsten seiner Mutter. Diese freute sich jedes Mal riesig und lobte ihren Bub dafür und brachte ihm die nötige Anerkennung. So machte er immer weiter.

Langsame und schnelle Scheren
Bei der Ausstellungseröffnung schildert der Künstler auch, wie er seine Scheren präpariert: «Ich kaufe jeweils normale Scherenschnittscheren. Dann schneide ich einen Zentimeter von der Spitze ab, damit sie kürzer werden, und schleife sie neu. Dabei kann ich je nach Schliff einstellen, wie schnell oder langsam eine Schere schneidet.» Es gebe eben schnelle Scheren und langsame Scheren, führt er aus, «je nach Schliff reagieren sie ganz anders.» Und nein, Lupen verwende er keine, auch nicht für die winzigsten Passagen. Das sehe er von blossem Auge alles ganz gut, lacht er.

Hauswirth hört bei seiner Arbeit stets Musik, aber nicht etwa Ländler, wie man angesichts der meist traditionellen Sujets seiner Scherenschnitte vermuten könnte. Er bevorzugt klassische Opern und Kantaten. Er besitzt eine grosse Sammlung klassischer Musik mit über 1000 CDs, aus denen er jeweils die passende Musik zu seiner Arbeit heraussucht.

Ruckzuck entsteht ein Gesicht
Bis heute geht Hauswirth nie auf eine Reise, ohne Malutensilien, Scheren und Papier mitzunehmen. Seine Gemälde übrigens zeigen eine ganz andere Welt als die Scherenschnitte mit ihren traditionellen Mustern. In der Malerei experimentiert Hauswirth nämlich mit der abstrakten Moderne und dem Surrealismus. Und auch als Porträtmaler hat er ein gutes Händchen. Hierfür aber greift er gerne auf die Scheren zurück, und schneidet ruckzuck ein Gesicht aus dem Papier. Er schmunzelt: «Ich zeichne halt gerne mit der Schere!»

Die Ausstellung dauert noch bis zum 16. März. www.heimatwerk-saanen.ch


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