Trotzen tut gut

  31.05.2019 Region

Bin ich die Einzige, der das Leben in den letzten Wochen etwas undefinierbar vorgekommen ist? So, als wäre nicht nur die Europäische Union, sondern auch ich selbst auf einem Selbstfindungstrip. Normalerweise bringt der Wonnemonat Sonnenschein und damit mehr Leichtigkeit ins Leben, doch dieses Jahr wollte das nicht so recht klappen. Als ich am Morgen jeweils zur Arbeit lief, roch es nach Abgasen in kalter Luft und auf der ersten Wanderung der hiesigen SAC-Sektion lag Schnee. So viel Schnee, dass der Tourenleiter auf der letzten Etappe Tritte in die Schneefelder stampfen musste, vor allem für die Teilnehmer/ innen, die in jugendlichem Leichtsinn mit Trekkingschuhen angetrabt waren – ich bekenne mich schuldig. Bereuen tue ich das leichte Schuhwerk aber nicht, erwies es sich doch beim Abstieg durch eine steile, schattige Schlucht als gute Alternative zu den Ski, die Ende Mai meinen Keller «ghoue oder gstoche» nicht mehr verlassen. Auch die Alpenflora hatte ihr Frühlingskleid dem verhaltenen Wonnemonat zum Trotz bereits angezogen, Enziane und Frühblumen blühten. Als wir die Mittagsflue schliesslich alle wohlauf erreichten, spähte die Aussicht nur schüchtern unter der Nebelschicht hervor – weder mit Wein noch Hobelkäse konnten wir sie aus der Reserve locken. Doch wir feierten den Perspektivenwechsel trotzdem. Die Wandersaison ist eingeläutet, die Schwerfälligkeit überwunden – das Auffahrtswochenende unterstreicht dies mit prächtigem Wetter. Vor uns liegt ein Sommer voller Gipfelmomente, Augenblicke, in denen uns die Welt zu Füssen liegt und sich Probleme wie von selbst lösen. Vielleicht sollte das Europäische Parlament auch einmal ein derartiges Gipfeltreffen abhalten. [email protected]


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