Urnenabstimmung: Fragen und Antworten

  30.10.2020 Saanenland

Aufgrund der Corona-Pandemie findet anstelle der ordentlichen Gemeindeversammlung erneut ein Urnengang statt.

ANITA MOSER
An den Gemeindeversammlungen können die anwesenden Stimmberechtigten vor der Abstimmung zu den einzelnen Geschäften noch Fragen stellen und dies wird regelmässig von Bürgerinnen und Bürgern genutzt. Dem Gemeinderat ist dieser politische Diskurs, der Dialog, ein grosses Anliegen. Deshalb haben wir nach Rücksprache mit den ansässigen Parteien – FDP, SVP, FLS und SP – sowie anderen Exponenten dem Gemeinderat Fragen zu einzelnen Traktanden gestellt. Auch die Leserschaft war aufgerufen, uns Fragen zu einzelnen Traktanden zu schicken. Zur Abstimmung kommen sieben Geschäfte (siehe auch «Erläuterungen zu den Geschäften» im AvS vom Dienstag, 13. Oktober). 


Grundsätzliches

Die Traktanden sind teilweise recht heikel, der Stimmbürger kann aber nur zustimmen oder ablehnen. Abänderungsanträge – z.B. zum Schulhaus Rütti – können keine gestellt werden. Weshalb muss man diese Traktanden durchzwängen? Einige Traktanden hätte man doch um ein Jahr verschieben können – zum Beispiel den Kauf der Turnierrechte.
Der Gemeinderat hat den Grundsatzentscheid getroffen, sämtliche beschlussreifen Geschäfte der Bevölkerung vorzulegen. Würde der Gemeinderat eine Priorisierung oder eine Verzögerung einzelner beschlussreifer Geschäfte vornehmen, so wäre das heikel. Die Erfolgsaussichten eines Geschäfts dürfen beim Zeitpunkt der Traktandierung keine Rolle spielen. Wann die nächste Gemeindeversammlung stattfinden kann, ist zum aktuellen Zeitpunkt ohnehin nicht abschätzbar.

Weshalb hat man nicht eine physische Gemeindeversammlung anberaumt unter Einhaltung der Corona-Vorschriften, wie es andere Gemeinden auch getan haben? In der Regel nehmen an einer Gemeindeversammlung kaum mehr als 100 Personen teil.
Diese Aussage ist falsch. Die durchschnittliche Beteiligung an Gemeindeversammlungen lag seit dem Jahr 2000 bei 5,5 Prozent. Dies entspricht ca. 230 Stimmberechtigten. Der Landhaussaal fasst unter Einhaltung der Abstandsregeln nur ca. 70 Stimmberechtigte, in der Tennishalle sind es etwas über 300. Eine Urnenabstimmung benötigt einen Vorlauf von drei Monaten. Die Problematik liegt darin, nicht zu wissen, welche Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie drei Monate später aktuell sein werden. Hätte beispielsweise die Dezember-Gemeindeversammlung kurzfristig abgesagt werden müssen oder hätten mehr Stimmberechtigte teilnehmen wollen, als gemäss Schutzkonzept möglich, so würde die Einwohnergemeinde Saanen Anfang 2021 über kein genehmigtes Budget verfügen. Alle freiwillig übernommenen Ausgaben dürften nicht mehr getätigt werden. Dies träfe die Region hart. Die aktuelle Entwicklung der Covid-19-Pandemie gibt dem Gemeinderat recht, eine Urnenabstimmung durchzuführen. Die Einwohnergemeinde Saanen spielt für die lokale Bauwirtschaft und den Tourismus eine wichtige Rolle. Daher ist die Beschlussfassung der Bevölkerung auch in diesen schwierigen Zeiten wichtig.


DARÜBER WIRD ABGESTIMMT

1. Ersatz Lehnenviadukt Palacestrasse, Gstaad: Investitionskredit
Genehmigung der Krediterhöhung von CHF 90’000.– um CHF 1’010’000.– auf CHF 1’100’000.–.

2. Neubau Dorfrüttibrücke, Öy:
Investitionskredit

Genehmigung der Krediterhöhung von
CHF 150’000.– um CHF 1’850’000.– auf CHF 2’000’000.–.

3. Sanierung Entwässerungsnetz Riedhubel, Gstaad: Investitionskredit
Genehmigung der Krediterhöhung von
CHF 270’000.– um CHF 1’990’000.– auf CHF 2’260’000.–.

4. Schulanlage Rütti Gstaad, Erweiterung, Bauprojekt:
Investitionskredit

Genehmigung der Krediterhöhung von
CHF 1’860’000.– um CHF 28’940’000.– auf CHF 30’800’000.–.

5. Tennisturnier Gstaad, Erwerb Turnierrechte von Swiss Tennis: Kredit
Genehmigung Kredit von CHF 2’895’000.– für Erwerb Eigentumsrechte.

6. ÜO Nr. 79 «Les Arts/Ried» Planungskredit: Nachkredit
Genehmigung der Krediterhöhung von CHF 438’000.– um CHF 294’881.75 auf CHF 732’881.75.

7. Budget 2021: Genehmigung
Genehmigung Budget 2021, Festsetzung Steueranlagen


TRAKTANDUM 1

Lehnenviadukt

Was passiert, wenn der Kredit abgelehnt wird?
Die heutige Lehnenkonstruktion ist ungefähr 50 Jahre alt und genügt den heutigen Anforderungen nicht mehr. Deshalb kann dieser Abschnitt der Palacestrasse nur von Fahrzeugen mit einem Gesamtgewicht von max. 30 t statt den üblichen 40 t befahren werden. Für schwerere Fahrzeuge ist eine Sonderbewilligung mit strengen Auflagen nötig oder sie müssen schlimmstenfalls abgewiesen werden. Zudem weist die Konstruktion massive Schäden auf. Falls der Kredit abgelehnt wird, kann das Projekt in der vorliegenden Form nicht realisiert werden und eine neue Planung ist nötig. Dies hätte zur Folge, das wertvolle Zeit verloren geht, um die Erschliessung des Gebiets Oberbort langfristig zu sichern.

Weshalb wird die vielbefahrene Strasse nicht verbreitert? Das würde doch den Verkehrsfluss – besonders während der Saison – flüssiger machen.
Da die heutige Palacestrasse bereits zweispurig ist und eine genügende Breite aufweist, hat eine Verbreiterung der Fahrbahn auf den Verkehrsfluss keinen Einfluss.

Wie weit ist eigentlich das Projekt «Zweiterschliessung Oberbort»? Falls mal die Palace-Kurve blockiert ist, sollten die Blaulichtorganisationen ins Oberbort kommen, war die Idee.
Für die Blaulichtorganisationen existiert via Büdemliweg eine zweckmässige Alternative. Verschiedenste Möglichkeiten für eine Zweiterschliessung wurden in der Vergangenheit geprüft, wovon jedoch alle aus verschiedenen Gründen nicht realisierbar sind.


TRAKTANDUM 2

Neubau Dorfbrücke Oey

Was passiert, wenn der Kredit abgelehnt wird? Gibt es Alternativen?
Wie in der Erläuterung zur Urnenabstimmung erwähnt, genügt die Dorfrüttibrücke den heutigen Anforderungen nicht mehr. Als Folge des unzureichenden Hochwasserschutzes im Bereich der bestehenden Brücke muss diese bei einer künftigen Anpassung zwingend durch einen Neubau ersetzt werden. Aufgrund der örtlichen Verkehrsentwicklung ist es jedoch notwendig, dass die Situation für den motorisierten und insbesondere auch für den Langsamverkehr verbessert wird. Dies hat einen Neubau der Brücke zur Folge. Vorliegend wurde ein wirtschaftliches und den verschiedenen Anforderungen entsprechendes Bauprojekt ausgearbeitet. Alternative Möglichkeiten für das Erstellen einer neuen Brücke gibt es aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und den gesetzlichen Rahmenbedingungen kaum. Bei einer Kreditablehnung müssten die neue Ausgangslage umfassend analysiert und die Massnahmen sorgfältig geprüft werden. Somit könnte die Westerschliessung Allmiwald und das Gebiet Dorfrütti nicht vollumfänglich genutzt werden.

Ich würde es begrüssen, wenn man auf der Homepage der Gemeinde die Pläne (z.B. auch einen Schnitt) genauer anschauen könnte.
Diese Anregung haben wir gerne aufgenommen und die Publikation der Pläne auf der Website der Einwohnergemeinde Saanen veranlasst.


TRAKTANDUM 4

Schulanlage Rütti Gstaad

Was passiert, wenn die Vorlage abgelehnt wird?
Bei einer Ablehnung der Vorlage müsste analysiert werden, wo die Gründe für die Ablehnung liegen. Aus den daraus gezogenen Schlüssen ergäbe sich das weitere Vorgehen. Dies könnte beispielsweise in der Überarbeitung des Projekts oder im Neubeginn der ganzen Planung münden.

Wie hoch ist der Energieverbrauch der Schulanlage heute? Wie hoch wird derjenige der neuen Anlage sein? Wird der überschüssige Strom, der aus der Fotovoltaikanlage gewonnen wird, verkauft?
Im Jahr 2019 wurde für die Schulanlage Rütti (inkl. Heilpädagogische Schule) Wärme im Umfang von 412’309 kWh (Wert rund Fr. 64’000.–) sowie Strom im Umfang von 72’774 kWh (exkl. Mietwohnungen) zum Betrag von Fr. 18’790.– bezogen. Es kann davon ausgegangen werden, dass vor allem die beiden Neubauten dank den heutigen Baustandards eine sehr viel höhere Energieeffizienz aufweisen werden. Der überschüssige Strom aus der Fotovoltaikanlage wird in Zukunft entweder vor Ort zwischengespeichert, an benachbarte Liegenschaften verkauft oder gegen Entgelt ins öffentliche Netz zurückgespeist werden.

800’000 Franken für eine Fotovoltaikanlage erscheint als sehr hoher Preis!
Der Preis für die Fotovoltaikanlage ist hier aus diversen Gründen höher als bei einer kleinen Anlage (bspw. Einfamilienhaus).
– Geplant ist ein System mit Indach-Solarziegeln. Im Gegensatz zu Aufdachanlagen und zu herkömmlichen grossformatigen Paneelen ist dieses System teurer. Es verträgt sich jedoch deutlich besser mit dem Dorfbild.
– Durch die Walmdachform entstehen relativ viele Schrägschnitte, welche die Anlage eher verteuern.
– Die Blindpaneele auf den Nordseiten sind im Preis ebenfalls enthalten. Somit dient die ganze Anlage als Dachhaut und ersetzt damit die herkömmlichen Dacheindeckungen.
– Für diese Anlage muss aufgrund deren Grösse und Komplexität auch mit Fachplanerhonoraren gerechnet werden, welche ebenfalls im Preis enthalten sind.
– Subventionen, welche aus der Einmalvergütung des Bundes auch hier anfallen werden, sind aus Gründen der Transparenz im angegebenen Preis nicht abgezogen worden.

Wie hat die FiKo das Geschäft beurteilt?
Die Finanzkommission hat das Geschäft zur Zurückweisung empfohlen. Begründet hat die Finanzkommission ihren Antrag damit, dass das Projekt zu teuer sei.

Wie viele Kinder könnten in den neuen Schulräumen unterrichtet werden?
Der Neubau bietet Platz für vier Basisstufenklassen, fünf Primarschulklassen und eine Klasse für besondere Förderung. Mitbenutzt wird die Schulanlage auch von den drei Klassen der Heilpädagogischen Schule und von weiteren Schulangeboten wie Tagesschule, Logopädie, Psychomotorik und Schulsozialarbeit.

Was kosten weitere Schulhaussanierungen in den kommenden Jahren? Besteht eine Gesamtstrategie?
Der aktuelle Finanzplan für die Jahre 2021–2025 sieht für die Sanierung der Schulanlage Ebnit in den Jahren ab 2023 Investitionen von Fr. 20’000’000.– vor. Für die Schulanlage Saanen ist ein Betrag von Fr. 500’000.– für das Jahr 2022 vorgesehen. Dabei geht es voraussichtlich um interne Anpassungen zum Erlangen von mehr Schulraum. Die Sanierungen weiterer Schulanlagen sind im Finanzplan pro memoria für die Zeit nach dem Jahr 2025 erwähnt. Es handelt sich hierbei um Grobkostenschätzungen. Es existiert für alle sieben Schulstandorte eine Gesamtstrategie, was die Entwicklung des Schulraumangebots angeht.

Nicht der Kubikmeterpreis ist relevant im Vergleich mit anderen Projekten, sondern derjenige der Kosten pro Schüler. Wie hoch sind die Kosten pro Schüler im Vergleich zu anderen Schulhausprojekten?
Bei der Schule Rütti ist eine Berechnung der Kosten pro Schüler schwierig, da ja hier auch ein wesentliches Angebot an Spezialräumen für regionale Angebote mitenthalten sind.

Für die Gebäudekosten der Bauten B und C rechnen wir ohne die Turnhalle mit Fr. 12,8 Mio. Bei einem Durchschnitt von 16 Schülern pro Klasse kann demnach von einem Preis von Fr. 80’000.–/pro Schüler ausgegangen werden. Eine statistische Erhebung des Kantons Zürich aus dem Jahre 2012 hat rund ein Dutzend Schulen (Neubauten und Sanierungen) verglichen und Kosten zwischen Fr. 60’000.– und Fr. 100’000.– pro Schüler ermittelt.

Wie viel von den 30,8 Millionen Franken muss die Gemeinde bezahlen? Wie viel wird von Kanton, Bund und Weiteren erwartet?
Das Bereitstellen von Schulinfrastruktur der Volksschulen ist im Kanton Bern Sache der Gemeinden. Dementsprechend gibt es seit vielen Jahren keine Kantons- oder Bundesbeiträge an den Schulraumbau. Die Nichtständige Baukommission wird aber bestrebt sein, allfällige andere Kostenbeiträge auszuschöpfen, wie z.B. für die Fotovoltaikanlage oder die Verbesserung der Energieeffizienz. Diesbezügliche Zahlen liegen noch nicht vor und dürften bei dem durch das Stimmvolk zu genehmigenden Kredit auch nicht in Abzug gebracht werden (Bruttoprinzip).

Weshalb hat ein auswärtiges Büro den Zuschlag bekommen? Wir haben 15 tolle Architekturbüros, welche hohe Beträge an Steuern der Gemeinde abliefern.
Grundsätzlich untersteht die Gemeinde als öffentlich-rechtliche Körperschaft den nationalen und kantonalen Bestimmungen über das öffentliche Beschaffungswesen. In einem Auftrag von diesem Umfang ist es zwingend, die Aufträge schweizweit und öffentlich auszuschreiben. Dabei ist es verboten, Architekturbüros aufgrund ihres Geschäftssitzes besser zu bewerten. Die öffentliche Ausschreibung für die Architekturleistungen für die Erweiterung der Schulanlage Rütti wurde gesetzeskonform mit einem Projektwettbewerb nach SIA-Normen durchgeführt. Die erstrangierten Architekten haben nun aus freien Stücken ein Architekturbüro aus der Gemeinde mit einem wesentlichen Teil der zu erbringenden Dienstleistungen direkt beauftragt.

30,8 Millionen sind extrem viel. Die Vorgaben vom Kanton sind sicher hoch, aber wurde auch alles unternommen, um den besten Kosten-Nutzenwert zu bekommen?
Ja. Das Wettbewerbsverfahren, die intensive Detailplanung mit der Nichtständigen Baukommission und dem Nutzerausschuss und der Anspruch, etwas langfristig Erfolgreiches zu gestalten, haben zu einem Ergebnis geführt, welches den dem Preis entsprechenden Mehrwert bringt.

Bei der Abstimmung kann ja nur der Kredit genehmigt oder abgelehnt werden. Wie könnte ein Antrag auf Dringlichkeit gestellt werden, um z.B. ein Kostendach zu verlangen?
Ein solcher Antrag wird nicht möglich sein. Wer mit dem Preis des Projekts nicht einverstanden ist, muss dieses ablehnen. Auch an einer Gemeindeversammlung käme ein Antrag, der ein Kostendach zum Inhalt hat, je nach konkreter Ausgestaltung vermutlich einer Ablehnung des aktuellen Projekts gleich.

Ist angedacht, das Modell der Basisstufe auf dem gesamten Gemeindegebiet einzuführen?
Nein. Die einzelnen Schulen haben auf Anfrage der Bildungskommission ihre spezifische Situation beurteilt und die heute geltenden Modelle bevorzugt. Wesentlich ist nicht die Form, sondern die räumliche Eignung vor Ort und die Motivation, Befähigung und Wirkungskraft der Lehrpersonen.

Ist geplant, die Unterstufe im Gstaad am Standort Rütti zu konzentrieren? Dies würde doch bei einer so guten Infrastruktur durchaus für alle Sinn machen?
Nein, eine zusätzliche Integration von Unterschülern aus weiteren benachbarten Schulen ist nicht geplant. Die Nähe des Schulortes zum Wohnort soll für die Jüngsten solange möglich beibehalten werden.

An schönen Sonntagen oder schönen Abenden wird oft Fussball gespielt auf dem Rasenplatz. Geht dieser verloren?
Wie das bereits heute der Fall ist, wird auch der neue Rasenplatz in Zukunft der Öffentlichkeit für Spiel und Sport zur Verfügung stehen. Eine Benützungsgebühr wird nur erhoben, wenn der Platz an Sonntagen zur Alleinbenützung reserviert wird. Während den ordentlichen Unterrichtszeiten und dem Tagesschulbetrieb haben die Schulen Priorität.

Sind die eingesetzten Mittel gerechtfertigt? Es ist sehr ungewiss, wie sich die Schülerzahlen in Zukunft entwickeln werden. Auf der einen Seite müssen Klassen geschlossen werden (Oberstufe Turbach), auf der anderen Seite rechnet man in der Rütti mit zusätzlichen Schulklassen. Ist dies realistisch?
Ja. In der Rütti besteht unabhängig von der Entwicklung der Schülerzahlen baulicher Sanierungs- und Erweiterungsbedarf infolge der veralteten Bausubstanz und der erhöhten Raumbedürfnisse durch veränderte Unterrichtsformen und erweiterte Angebote. Die Geburtenzahlen im Schulkreis Gstaad steigen wieder etwas an, weshalb in diesem langfristigen Projekt Raum für zusätzliche Klassen gerechtfertigt ist. In Turbach-Bissen reichen jedoch die Schülerzahlen für die Fortführung der 7. bis 9. Klasse nach Abgang der Sekundarschüler nicht mehr aus.

2023 soll die neue Schulanlage fertiggestellt werden. Aus Sicht der Bäuert Turbach erscheint der Eindruck, dass auf diesen Zeitpunkt hin das Schulhaus Turbach geschlossen wird. Bestehen entsprechende Pläne oder ist es Zufall?
Das ist Zufall. Die Behörde will die dezentralen Schulstandorte solange wie möglich erhalten. Die Integration der Kinder aus Turbach und Bissen ist nicht geplant. Hingegen wäre es ein Fehler, in einem langfristigen Projekt wie dem Rütti-Neubau nicht die Reserve vorzusehen, die es im Falle einer notwendigen Integration von Kindern der Nachbarschule erfordern würde.

Als es um die Schulhausschliessung im Grund ging, wurde an der Gemeindeversammlung ganz klar kommuniziert, dass im Rüttischulhaus längstens genug Platz sei, um alle Kinder der zwei Schulkreise Grund und Rütti unterzubringen. Warum also muss nun ein solch grosser und teurer «Palast» entstehen?
In erster Linie sind die zusätzlichen Räumlichkeiten für den zeitgemässen Unterricht nach Lehrplan 21 mit Basisstufe, Tagesschule, Schulleitung, Schulsozialarbeit und der am Standort Rütti erfolgreich gelebten Integration erforderlich. Für die Entwicklung der Schülerzahlen sind vertretbare Raumreserven vorgesehen. Die Aussage bezog sich auf die damaligen Verhältnisse und war damals richtig.

Liegt es nicht auf der Hand, dass so geplant wird, dass die Kinder vom Schulkreis Turbach-Bissen ebenfalls in diesem Schulhaus integriert werden sollen? Platz ist aber in den Schulhäusern Bissen und Turbach vorhanden. Warum also nicht in den Schülertransport investieren an Stelle des teuren Neubaus?
Die Behörde will die dezentralen Schulstandorte solange wie möglich erhalten. Die Integration der Kinder aus Turbach und Bissen ist nicht geplant. Es sind im Projekt auch keine speziellen Räume dafür eingeplant. Hingegen wäre es ein Fehler, in einem langfristigen Projekt wie dem Rütti-Neubau nicht die Reserve vorzusehen, die es im Falle einer notwendigen Integration von Kindern der Nachbarschule erfordern würde. Die Optionen, die weitgehend topografisch bedingten Schulkreisgrenzen zu ändern oder andere Auswahlkriterien für die Integration von Kindern aus Gstaad in die Schule Turbach-Bissen aufzustellen, wurden nicht weiterverfolgt.

Wenn schon ein so teurer Bau geplant wird, warum konzentriert man sich nicht auf den Standort im Ebnit?
Eine Konzentration im Ebnit wurde nicht vertieft geprüft, da die Behörde die dezentrale Schulstruktur nach wie vor bevorzugt, solange sie möglich ist. Entscheidend für eine solche Massnahme wäre zudem, ob das dafür notwendige Bauland zur Verfügung gestellt und ob die raumplanerischen Anpassungen umsetzbar wären.

Warum sind (neben den neuen Gruppenräumen) zwei zusätzliche Klassenzimmer geplant (neu vier Basisstufe anstatt drei und neu fünf Mittelstufe anstatt vier)? Sind zusätzliche Schüler in Sicht?
Die Schülerzahlen der Schule Rütti steigen in den nächsten vier Jahren von 111 auf 136 an. Ab dem Schuljahr 2022/2023 sind gemäss den heutigen Zahlen die drei Basisstufenklassen mit über 25 Kindern pro Klasse zu gross, sodass man bereits dann eine vierte Basisstufenklasse eröffnen sollte (Zuzüger und Wegzüger natürlich nicht mit eingerechnet). Somit bliebe ein Reserveschulzimmer übrig, was bei einer weitsichtigen Planung sicher Sinn macht.

Eine Reserve für Unvorhergesehenes über Fr. 1,35 Mio. ist happig bzw. übertrieben.
Es ist eine Reserve von rund vier Prozent eingeplant. Diese Reserve ist eher tief angesetzt , andere öffentliche Bauherrschaften setzen grundsätzlich 10 Prozent ein. Aufgrund der detaillierten Planung und sorgfältigen Vorabklärungen (z.B. Geologie, Schadstoffe) können die Planer jedoch diese Reserve verantworten.

Weshalb will die Gemeinde Saanen ein Schulhaus für acht Klassen realisieren, welches in seiner Grösse und den Baukosten im Vergleich zu anderen Schulhäusern in der Region massiv grösser und teurer ist?
Zusätzlich zu den zehn neuen Klassenzimmern (vier für die Basisstufe und sechs in der Primarschule) sind überdies eine Tagesschule, eine Mediathek, Lehrerarbeitsplätze, Arbeitsund Aufenthaltsbereiche für die Schulleitung und das Sekretariat, Lagerräume, eine Turnhalle, Sportplätze, Spielplätze und noch Vieles mehr geplant. Vergleiche mit anderen Schulbauten (z.B. St. Stephan oder Konolfingen) sind daher nur bedingt möglich. Die Preise pro Gebäudevolumen liegen hier im Vergleich zu anderen Schulbauten mit rund Fr. 810.–/m3 im Durchschnitt oder sogar etwas tiefer.

Sind die Mehrkosten für die Verwendung von Schweizer Holz in den 30,8 Millionen Franken einberechnet oder anders gefragt: Wie hoch sind die Mehrkosten für die Verwendung von Schweizer Holz?
Ja, diese Mehrpreise sind eingerechnet. Wir gehen von Mehrkosten von 15 bis 20 Prozent für die entsprechenden Materialkosten aus.

Wem soll die geplante Einstellhalle genau dienen? Für den Schulbetrieb sind kaum ganzjährig 67 Parkplätze nötig, zudem ist das nahe gelegene Parkhaus Litzi/Obergstaad nur in Ausnahmefällen voll belegt.
Die geplante Autoeinstellhalle wird nach heutigem Wissensstand ganzjährig und jeden Tag während 24 Stunden der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Es ist vorgesehen, die Parkplätze zu bewirtschaften, so wie das in den übrigen Parkhäusern in Gstaad und Saanen der Fall ist. Wegen saisonalen Schwankungen im Tourismus wird es auch mit der geplanten Einstellhalle so sein, dass es zu Spitzenzeiten eher zu wenig und in übrigen Zeiten eher zu viele Parkierungsmöglichkeiten hat.

Ist es sicherheitstechnisch nicht sehr heikel, öffentliche Parkplätze auf einem Schulareal zu bauen, auch wenn dies eine Einstellhalle ist? Es sind so Leute auf dem Gelände, die mit der Schule nichts zu tun haben.
Grundsätzlich sind und bleiben Schulareale in der Gemeinde Saanen öffentlich und durchgehend zugänglich. Obschon der Zugang von und zur Einstellhalle für Fussgänger über das Schulareal führen wird, kann mit internen baulichen Massnahmen verhindert werden, dass insbesondere ausserhalb der Unterrichtszeiten niemand «einfach so» in die Schulräume gelangen kann.

Sind die Parkplätze in der Rütti wirklich am richtigen Ort angelegt, zumal in Kürze auch beim Sportzentrum die Planung von touristischen Indoorinfrastrukturen (Sport und Kultur) gestartet wird und es dort sicher auch ein Parking braucht?
Da laut den gestellten Anforderungen 40 Parkplätze auf dem Schulhausareal zur Verfügung stehen müssen, ist der Schritt, die Einstellhalle mit den möglichen 67 Parkplätzen zu bauen, sinnvoll. Noch ist unklar, ob beim Sportzentrum dereinst ein Parking gebaut wird. Dank unterirdischen Parkplätzen bekommt der Aussenraum für die Schülerinnen und Schüler die geforderte Grösse und Qualität.

Sind die Parkplätze für die Lehrer einfach gratis oder werden sie wie bei jedem privaten Unternehmen den Mitarbeitern angerechnet (z.B. als Lohnbestandteil)?
Heute haben die Lehrerinnen und Lehrer sämtlicher Schulanlagen auf dem Gemeindegebiet kostenlose Parkierungsmöglichkeiten, im Falle der Schulanlage Ebnit bereits heute in einer Autoeinstellhalle. Die künftigen Rahmenbedingungen der Parkmöglichkeiten der Lehrerschaft werden bis zur Fertigstellung der neuen Schulanlage noch zu diskutieren sein.

Wie viele Velounterstände sind geplant?
Es sind 100 gedeckte sowie 70 zusätzliche Velo- und Trottiabstellplätze im Freien geplant.


TRAKTANDUM 5

Tennisturnierrechte

Was sind die Vorteile für das Turnier, für die Gemeinde, die für einen Kauf sprechen?
Durch den Erwerb der Turnierrechte fliesst kein Geld mehr zu Swiss Tennis ab. Ein Teil dieser Ersparnis wird dem Gemeindehaushalt zugute kommen, der andere Teil dem Tennisturnier.

Was sind die Vorteile gerade zum jetzigen Zeitpunkt, wo Sportgrossveranstaltungen unsicherer sind denn je, das Aktienpaket von Swiss Tennis zu übernehmen?
Die Finanzflüsse verändern sich zugunsten des Turniers und der Gemeinde, da kein Mittelabfluss mehr hin zu Swiss Tennis stattfindet. Derzeit fliessen jährlich immerhin Fr. 165’000.– direkt an Swiss Tennis und ein weiterer Betrag an die SOG AG, woran Swiss Tennis erneut partizipiert. Darüber hinaus werden solche Turnierrechte international gehandelt. Auch in Zukunft werden die Menschen Sportveranstaltungen besuchen wollen und in vielen Teilen der Welt streben Städte und Staaten danach, Sportevents veranstalten zu können. Wenn die Gemeinde Saanen die Rechte alleine besitzt, sind diese einfach handelbar. Mit einer hälftigen Beteiligung von Swiss Tennis wäre ein Verkauf ins Ausland kaum je möglich.

Wer brachte den Stein ins Rollen? Braucht Swiss Tennis Geld oder wurde die Gemeinde schlecht behandelt?
Die Einwohnergemeinde Saanen hat die Finanzflüsse analysiert und festgestellt, dass diese zum Nachteil der Gemeinde und des Turniers sind. Daraufhin hat die Gemeinde mit Swiss Tennis das Gespräch gesucht und die Verhandlungen aufgenommen.

Ist die Motivation, die Aktien zu übernehmen, eine gründliche strategische Analyse (z.B. Destinationsstrategie), die das Tennis in der jetzigen Form als unverzichtbar beurteilt?
Das Tennisturnier besitzt eine über 100-jährige Tradition. Leider hat das Turnier in den letzten Jahren verschiedene Schwierigkeiten erlebt. Der Gemeinderat ist überzeugt, dass mit dem Kauf der Turnierrechte der Event nachhaltig gestärkt werden kann.

Ist der beträchtliche jährliche Mittelabfluss an Swiss Tennis Grund für die Kaufabsicht der Anteile?
Darin liegt der Hauptgrund, ja.

Würde der Gemeindepräsident «Mr. Gstaad Tennis», weil sicher die beiden Verwaltungsräte von Swiss Tennis, vielleicht auch die Verwaltungsratspräsidentin, aus dem Verwaltungsrat ausscheiden würden?
Die Besetzung des Verwaltungsrats erfolgt erst, nachdem die Bevölkerung dem Kauf der Turnierrechte zugestimmt hat. Die Einsitznahme des Gemeindepräsidenten im Verwaltungsrat der SOG AG ist nicht vorgesehen. Angestrebt wird eine Besetzung der Verwaltungsräte nach fachlichen Kriterien. Die Verwaltungsräte sollen mit ihrem Know-how und ihrem Beziehungsnetz das Turnier stärken. Vorgesehen ist auch die Einsitznahme eines Mitglieds von Swiss Tennis. Damit soll das fachliche Know-how und das Beziehungsnetz des Verbands weiterhin dem Turnier zugute kommen.

Könnte man die Aktien und die Rechte von Swiss Tennis nicht auch ein oder zwei Jahre später kaufen?
Diese Frage kann nicht mit Sicherheit beantwortet werden, da die Entwicklung der Verkaufsmotivation von Swiss Tennis schwierig einzuschätzen ist. Der Zeitpunkt hat jetzt ganz einfach gepasst.

Haben wir genügend Personen und Knowhow, um mit der ATP hart zu verhandeln?
Dies wird Aufgabe des Verwaltungsrats der SOG AG sein. Der Gemeinderat ist überzeugt, einen starken Verwaltungsrat besetzen zu können.


TRAKTANDUM 6

ÜO Nr. 79

Wurde für diesen Planungskredit nicht bereits etwas zurückgestellt?
Nein, sowohl die Nachkreditkompetenz des Gemeinderats (gesprochen 2006) als auch der von der Gemeindeversammlung bewilligte Nachkredit (2009) sind aufgebraucht. Daher muss der Abschluss des Kredits nun erneut der Stimmbevölkerung vorgelegt werden.


TRAKTANDUM 7

Budget 2021

Das Budget 2019 rechnete mit einem Defizit von 271900 Franken, resultiert ist ein Gewinn von 15 Millionen Franken. Budgetiert man in der Gemeinde zu vorsichtig?
Das Budget wird jeweils im Sommer des Vorjahres nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet. Es muss also jeweils «vorhergesehen» werden, was im kommenden Jahr geschehen wird. Zahlreiche Vorfälle, die von einer Gemeinde nicht beeinflusst werden können (z.B. Veranlagungen von Steuerpflichtigen, Verschiebungen von Projekten usw.), können zu wesentlichen Änderungen im Vergleich zum Budget führen.

Weshalb senkt man nicht die Steuern oder wenigstens die Liegenschaftssteuern, da aufgrund der Neubewertung der Amtlichen Werte ja zusätzliche Millionen hereinkommen? Alle werden ja nicht Einsprache erheben.
Die neuen Amtlichen Werte wurden im September 2020 eröffnet, die Einsprachefrist endet im Oktober. Auch wenn nicht alle Liegenschaftsbesitzer Einsprache erheben, ist doch eine sehr hohe Zahl an Einsprachen bei der kantonalen Steuerverwaltung eingegangen. Es ist daher aktuell sehr schwierig, eine verlässliche Aussage über die effektive Höhe der Liegenschaftssteuern machen zu können. Anlässlich der Erarbeitung des Budgets 2022 werden verlässlichere Zahlen bekannt sein. Eine allfällige Senkung der Steuertarife für 2022 wird daher dannzumal zu diskutieren sein.

Was wird die Gemeinde und der Gemeinderat beim Kanton tun, um allgemeine Fehlbewertungen wie hohen Verkehrslagenoten, die Nichtberücksichtigung Erst-/ Zweitwohnungen etc. zu reklamieren? Es ist klar, dass jeder Eigentümer selber Einsprache erheben muss, aber da diese Bewertungspraxis alle betreffen, dürfte sich auch die Gemeinde stark machen, es geht ja um die Attraktivität der ganzen Gemein- de/Destination. Als sehr guter Zahler in den kantonalen Lastenausgleich müsste Saanen doch ein gewisses Gewicht im Kanton haben? Was unternimmt die Gemeinde Saanen betreffend Amtliche Neubewertung 2020? Die Gemeinden Gsteig und Lauenen setzen sich in Bern aktiv für ihre Bürger ein, von den Saaner Behörden hört man wenig …
Jede Gemeinde hat gemäss Steuergesetz 60 Tage seit Eröffnung einer Verfügung Zeit, Einsprache zu erheben. Grundsätzlich kann auch die Gemeinde nur Einsprache gegen einzelne Verfügungen machen. Sie kann aber Liegenschaften, bei denen überall die gleichen Einsprachegründe geltend gemacht werden, zusammenfassen. Diese Möglichkeit nutzt die Gemeinde und hat daher bereits mehrere Einsprachen bei der Steuerverwaltung eingereicht. Die Einsprachen umfassen insgesamt über eintausend Grundstücke.

Die Gemeinde Saanen ist mehrmals beim Kanton vorstellig geworden und hat ihre Unmut gegenüber der Vorgehensweise und der Bewertungsformel direkt bei Regierungsräten Beatrice Simon deponiert. Leider musste immer wieder zur Kenntnis genommen werden, dass Saanen nicht anders behandelt wird als die anderen Gemeinden. Dies ist grundsätzlich korrekt, denn der Kanton hält sich an geltende Gesetze und Verordnungen. Aus Sicht der Gemeinde Saanen ist das jedoch oftmals sehr unverständlich, da man einen nicht unwesentlichen Beitrag in die Staatskasse des Kantons sowie der anderen Gemeinden bezahlt. Aus Sicht des Kantons ist die ganze «Neubewertungsaktion» jedoch weitaus weniger dramatisch, da nur eine kleine Anzahl an Gemeinden mit derart hohen Veränderungen konfrontiert ist. Eine grosse Mehrheit der bernischen Gemeinden weist gegenüber vorher praktisch unveränderte neue amtliche Werte aus. Somit geht der Kanton Bern davon aus, seine Arbeit gar nicht so schlecht gemacht zu haben.

Der Ertrag ist gegenüber 2019 um über 10 Millionen Franken tiefer angesetzt. Weshalb? Sind grosse Steuerzahler weggezogen oder rechnet man damit?
Im Jahr 2019 galt eine Steueranlage von 1,4. Diese wurde per 2020 auf 1,3 gesenkt, was Mindereinnahmen von ca. 3 Mio. bedeutet. Zudem sind im 2019 Grundstückgewinnsteuern von über 7 Mio. eingegangen. Diese Position ist äusserst schwierig zu budgetieren, für 2021 sind dafür 3,7 Mio. vorgesehen. Einzelne Wegzüge, Neuveranlagungen von Steuerpflichtigen sowie der Versuch, die Auswirkungen der Covid-Pandemie zu berücksichtigen, sind weitere Erklärungen für die tiefer budgetierten Steuererträge.

Trotz des straffen Budgets müsste die letztjährige versprochene Steuerreduktion als Zeichen zugunsten der Bürger beantragt werden. Weshalb beantragt der Gemeinderat keine Steuersenkung?
Die Steuersenkung ist bereits per 2020 umgesetzt worden. Weitergehende Steuersenkungen sind nicht versprochen worden. Es wurde lediglich gesagt, es werde geprüft, ob die Steueranlagen weiter gesenkt werden können.

Wie viele Jahre könnte der nicht budgetierte Gewinn vom letzten Jahr eine Steuerreduktion auf 1,2 auffangen? Wie viel Eigenkapital wollen wir ansammeln?
Das Eigenkapital ist tatsächlich sehr hoch. Dies setzt sich ausschliesslich aus realisierten Ertragsüberschüssen der Vorjahre zusammen und steht für die Deckung von zukünftigen Aufwandüberschüssen zur Verfügung. Die Höhe des vorhandenen Eigenkapitals darf jedoch nicht alleine als Begründung für eine Steuersenkung benutzt werden. Vielmehr ist es wichtig, eine angemessene Liquidität sicherzustellen, damit die laufenden Betriebs- und Investitionskosten finanziert sowie Schulden zurückbezahlt werden können.

Würde eine Steuersenkung nicht den einen oder andern Steuerzahler vom Wegziehen abhalten?
Der Kanton Bern gilt bekanntlich seit langer Zeit nicht unbedingt als steuergünstiger Kanton, daher sind die Steuern vermutlich nicht das zentrale Kriterium für einen Zu- oder Wegzugsentscheid. Die Gemeindesteuern sind der deutlich kleinere Teil der zu entrichtenden Steuern, vielmehr belasten die Kantonssteuern die Geldbeutel. Die Steueranlage der Gemeinde Saanen ist im innerkantonalen Vergleich bereits heute sehr attraktiv.

Wie würde die Tabelle aussehen mit einer Steueranlage allgemein 1,2 oder 1,1?
Ein Steuerzehntel bedeutet in der Gemeinde Saanen ca. Fr. 3 Mio. Bei einer Steueranlage 1,2 würde das Defizit des allgemeinen Haushaltes also auf 5,5 Mio. und bei 1,1 auf 8,5 Mio. budgetiert werden müssen.

Würden die evtl. zusätzlichen Beherbergungshäuser für das Le Rosey nicht kostendeckend vermietet?
Falls die Gemeinde diese Häuser bauen würde, würden diese den Liegenschaften des Finanzvermögens zugeordnet und müssten daher gemäss übergeordneten Vorschriften kostendeckend bewirtschaftet werden.

Wie viel Negativzinsen bekäme die Gemeinde bei der Aufnahme von 20 Millionen Franken neuem Fremdkapital?
Ob aktuell Darlehen mit Negativzinsen aufgenommen werden könnten, ist nicht klar. Da die Liquiditätssituation aktuell sehr gut ist, ist auch keine Neuaufnahme von Schulden notwendig. Eine Aufnahme von Schulden «auf Vorrat» ist nicht sinnvoll, da damit gerechnet werden muss, bei der Bank dafür wiederum Negativzinsen zahlen zu müssen.

Für den allgemeinen Haushalt werden für Investitionen ca. 10 Millionen budgetiert, die restlichen ca. 6 Mio. stammen aus den spezialfinanzierten Bereichen Wasser und Abwasser.

Wie viel selbst erarbeitete Mittel stehen uns für den allgemeinen Haushalt zur Verfügung?
Die für 2021 budgetierte Selbstfinanzierung beträgt ca. Fr. 4 Mio. Der Fehlbetrag ist durch vorhandene Liquidität oder mit neuem Fremdkapital zu finanzieren.

Da keine Änderungsanträge möglich sind und jemand mit der Steueranlage nicht einverstanden ist, muss er das Budget ablehnen. Was passiert, wenn das Budget abgelehnt wird?
Ohne rechtskräftiges Budget dürfen nur unumgängliche Verpflichtungen eingegangen werden, insbesondere für gebundene Ausgaben. Dies gilt solange, bis ein bewilligtes Budget vorliegt. Unumgängliche Ausgaben sind solche aus übergeordnetem Recht (z.B. Zahlungen an den Kanton für Finanz- und Lastenausgleich) oder vertraglich vereinbarte Zahlungen. Alle anderen Ausgaben dürfen nicht getätigt werden. Nicht mehr möglich wären etwa die freiwillige Unterstützung von kleineren Veranstaltungen und Events aller Art, die Erneuerung von nicht zwingenden Infrastrukturen wie Parkbänken oder die Bereitstellung von Blumenschmuck in den Dörfern. Alles was nicht gesetzlich oder vertraglich zugesichert ist oder absolut zwingend zum Funktionieren der Gesellschaft notwendig ist, dürfte nicht mehr finanziert werden. Bis zum Vorliegen eines bewilligten Budgets würde der Handlungsspielraum der Gemeinde massiv und spürbar eingeschränkt.


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