«Baking Impossible»

  29.10.2021 Leserbeitrag

Wenn die Tage kürzer werden und der Schnee noch nicht da ist, verlagere ich meine Freizeitaktivitäten am Wochenende jeweils ins Wohnungsinnere. Was heisst: Ich benutze die TV-Couch sehr viel intensiver, als das im Sommer oder Winter der Fall ist. Seit Corona habe ich mich auch davon überzeugen lassen, dass lineares Fernsehschauen der Vergangenheit angehört. Neben meinem Abo für Sportübertragungen gönne ich mir auch ein Netflix-Abo.

Normalerweise schaue ich da nur Spielfilme: Für Serien-Bingewatching bin ich wohl einfach nicht geeignet. Ich mag die etwas komplexeren Geschichten eines Spielfilms lieber als die auf 20 Minuten getrimmten Kleinstgeschichten einer Serie.

Ich mache allerdings eine Ausnahme bei einer ganz besonderen Art Serie: Wettbewerbe. Ich habe auf Netflix schon Serien über Glasbläserei, Autoschrauben, Metallarbeit, Gartengestaltung und Luftballonkunst gesehen. Und kürzlich (die Tage werden ja schliesslich wieder kürzer und Schnee gibt es mindestens im Glarnerland noch keinen) habe ich die Krönung der Wettbewerbsserien entdeckt.

Die Serie heisst «Baking Impossible» und das Setting ist grandios: Jeweils im Zweierteam (ein Ingenieur und eine Bäckerin) gestalten zehn Teams technische Dinge aus Backwaren. Es gibt zum Beispiel eine essbare Minigolfbahn mit Kuchen und viel Marzipan. Oder ein Kleid aus Pasta mit integriertem Sahne-Sprüharm. Oder eine Chügelibahn, bei der Isomalt-Kügelchen über Kuchenrinnen gleiten, um Schokoladedominosteine umzuwerfen. Sie sehen, wie das läuft.

Auch wenn das Seriensetting noch nicht ganz ausgereift ist (zum Beispiel ist Pasta keine Backware) und ich es eigentlich auch fraglich finde, essbare Dinge so zu nutzen, ohne sie danach zu essen, hat mich die Serie in ihren Bann gezogen. Weil das Ganze so neu ist, dass man der Produktion kleine Kinderkrankheiten verzeiht. Und weil es einfach lustig ist, wenn Dinge in einem ganz anderen Zusammenhang verwendet werden.

Nicht essbar, aber auch neu gemischt wird zurzeit die deutsche Regierung: Es laufen Koalitionsverhandlungen und vieles deutet auf eine Ampelkoalition hin: Rot, Gelb, Grün. Also: SPD, FDP und Grüne könnten die neue Regierung bilden.

Das ist der Hintergrund für den Gedankengang, der mir bei der letzten «Baking Impossible»-Episode durch den Kopf gegangen ist. Beide Fälle haben nämlich eine Gemeinsamkeit: So absurd die Kombination von zwei Dingen auf den ersten Blick vielleicht klingen mag – wenn man den nötigen Willen dazu hat, kann es funktionieren. Und sei es nur, weil es etwas Neues ist und das interessierte Publikum den Verantwortlichen einen Neulingsbonus gewährt.

Auf jeden Fall hätte ich eine Idee für den Fall, dass Netflix in der Schweiz tatsächlich ein Minimum an Schweizer Produktionen liefern muss: «Arena extrem»! Dabei diskutieren drei wild zusammengewürfelte Parteivertreter so lange in der Arena, bis sie sich auf ein Regierungsprogramm einigen können. Mindestens die Zusammenfassung davon würde ich mir anschauen.

SEBASTIAN DÜRST
[email protected]


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