Eine Geigerin wie eine Naturgewalt

  30.08.2022 Kultur

Patricia Kopatchinskaja, die zwischen Hauptprobe und Konzertauftritt noch Zeit für eine Pressekonferenz hatte, überzeugte am Freitagabend in der Kirche Saanen einmal mehr durch Professionalität und Aussergewöhnlichkeit.

JENNY STERCHI
Patricia Kopatchinskaja spielt nicht einfach nur Musik auf ihrer Geige. Ob Barock, Klassik oder Neuinterpretationen zeitgenössischer Werke – immer findet sie ihren ganz eigenen Weg, der Musik einen Charakter zu geben und Klangerlebnisse für die Zuhörenden zu schaffen.

Sehenswerte Symbiose
Am Freitagabend stand sie gemeinsam mit dem Ensemble «Il Giardino Armonico» unter der Leitung von Giovanni Antonini in der Kirche Saanen auf der Bühne. Barfuss und mit schelmenhaftem Lächeln präsentierte sie Werke von Antonio Vivaldi im Wechsel mit Stücken zeitgenössischer italienischer Komponisten.

Die Zusammenarbeit mit dem Originalklang-Ensemble «Il Giardino Armonico» währt schon einige Jahre. Und so harmonierten das Orchester und Patricia Kopatchinskaja auf hohem Niveau miteinander. Der Dirigent Giovanni Antonini nahm in der zweiten Konzerthälfte immer wieder die Flöte zur Hand und brillierte darauf neben der Violinistin. Ihre Soli wurden von den Orchestermusikern bewundernd, staunend und bezaubert verfolgt. Die Freude, Kopatchinskaja durch das Konzert begleiten zu dürfen, war unübersehbar.

Immerwährend jung
Und immer wieder war es dieser Schalk, der ihr in ihrem Auftreten und Geigenspiel diesen jugendlichen Glanz verlieh. Scheinbar unbekümmert und grenzenlos bewegte sich die Musikerin, die in Moldawien geboren ist und heute in Bern lebt (wenn sie nicht gerade unterwegs ist, um Konzerte zu spielen) durch die Werke klassischer Meister und zeitgenössischer Musikschöpfer. Es erinnerte an einen kleinen Kobold, wenn sie mit einem feinen Hüpfer und gebeugtem Rücken auf den Einsatz der Orchestermusiker wartete, sie geradezu herausforderte.

Während sie sich den abstrakt klingenden Tonfolgen der modernen Musik restlos hingab, feierte sie die fliessenden Passagen mit dem Orchester.

Patricia Kopatchinskaja liebt die Musik und Überraschungen. Inspiriert von einer Marotte, mit denen Künstler des Musiktheaters vor 300 Jahren ihr schläfriges Publikum weckten, überraschten sie und die Orchestermusiker mit einer gesungenen Passage. Ohne Text, nur mit musikalisch geformten Lauten anhand der Melodie im Notenblatt amüsierten die Musiker des Abends zu Beginn eines Stückes das grosse Publikum prächtig.


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