Am Horneggli fahren zukünftig Gondeln

  31.08.2023

Nach Prüfung verschiedenster Möglichkeiten steht der Entscheid für den Hornegglibahn-Ersatz fest: Die Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG) will in Schönried eine Zehnergondelbahn mit Option eines autonomen Betriebs bauen. Die Verantwortlichen erläutern die Gründe und die Vorteile. Und sie sprechen vom Zeitdruck, der aufgrund fehlender kantonaler Entscheide immer grösser wird.

JOCELYNE PAGE
Die Verantwortlichen der Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG) haben sich entschieden: Zukünftig soll eine Gondelbahn von Schönried auf das Horneggli und weiter auf den Hornberg führen. Nach mehreren Besuchen bei internationalen Bergbahnen und Herstellern, Gesprächen mit unabhängigen Seilbahnexperten und Analysen des Standorts in Schönried wie Personenflüsse und Arbeitsprozesse, sei der Entscheid gefallen, erzählt Direktor Matthias In-Albon. «Wir haben im In- und Ausland Kombi- und Gondelbahnen angeschaut. Am Ende hat uns die Gondelbahn mit der heutzutage möglichen Autonomieoption überzeugt.»

Neues System hilft bei Fachkräftemangel
Die autonome Zehnergondelbahn ist eine neue Generation von Seilbahnen. Eine autonome Gondelbahn ermöglicht einen betreiberlosen Betrieb, indem der komplette Ein- und Ausstiegsbereich mit Kameras und Sensoren ausgestattet ist. Klemmt beispielsweise etwas in der Türe ein, oder ein Skistock fällt unter die Gondel, reagiert das System und hält die Bahn an. In der Schweiz ist das System bisher bei der Zermatter Gondelbahn Kumme im Einsatz. «Der Fachkräftemangel ist Realität und wird sich bestimmt noch verschärfen. Bereits heute haben wir Mühe, Leute zu finden, die acht Stunden lang in eine Kabine sitzen oder auf den Bahnperron stehen und überwachen. Dafür haben wir auch Verständnis, denn die Tage können sich lang anfühlen und es kann langweilig werden», erklärt Verwaltungsratspräsident Jan Brand. Es seien zwar immer noch Personen vor Ort, pro Schicht müssten sie aber weniger Leute einplanen, erklärt Jannik Sager, Leiter Projekte und Infrastrukturen. «Sie können während dem Bahnbetrieb bereits Revisionen vornehmen oder andere Arbeiten ausführen, die heute nicht möglich sind, da sie verständlicherweise durchgehend den Besucherstrom überwachen müssen.» Durch das neue Überwachungssystem nehme die Sicherheit für die Gäste zudem während den Stosszeiten zu: Künstliche Intelligenz soll Menschen unterstützen.

Auch bei der Talstation will die BDG mit der Zeit gehen: Ein klassischer Billettbereich soll durch Selbstbedienungskassen und einer Lounge mit einem kleinen Bistro ersetzt werden. «Auch hier sind noch Mitarbeitende vor Ort, aber sie bedienen die Gäste, helfen beim Ticketkauf und stehen für Fragen bereit», erklärt In-Albon.

Viele Haken bei einer Kombibahn
Heute führt eine Sesselbahn auf das Horneggli, weshalb die BDG die Möglichkeit einer Kombibahn – Sessel- und Gondelbahn in einem – evaluierte. Wie die Verantwortlichen erklären, stiessen sie auf Probleme, beispielsweise beim Personenfluss: Sessel und Gondeln müssen stets auf der gleichen Seite den Berg hoch- und runterfahren, was den Einund Ausstieg bei der Mittelstation erschwert. Zudem wird die Gondelbahn mit der Sesselbahn im Saanenwald zukünftig kreuzen, die ebenfalls ersetzt und die neu auf die Hornfluh führen wird – dort, wo heute der Bügellift endet. Zwei kreuzende Sessellifte würden aus Sicherheitsgründen grössere bauliche Massnahmen bedingen und gemäss Begehung mit den Ämtern sei dies nicht bewilligungsfähig. Und zuletzt sei eine Kombibahn kostenintensiver im Unterhalt, Betrieb und in den Investitionen. «Zwei Techniken bedeuten mehr mechanische Teile, die kaputt gehen können. Zudem brauchen wir mehr Personal, da zwei Personenflüsse und zusätzlich der Warenfluss kontrolliert werden müssen. Und eine Kombibahn braucht viel mehr Platz beim Bau der einzelnen Stationen, da sie zwei Umlaufbögen benötigt», erläutert Jannik Sager.

Gondelbahn für mehrere Nutzungsgruppen
Mit der Tourismuszone Schönried-Saanenmöser plant die BDG eine vielfache Nutzung der Region. Um einige Beispiele zu nennen: ein grösserer Speichersee auf dem Hornberg für mehr Schneesicherheit und als Ausflugsziel im Sommer, vier Biketrails, Kinderskiparadies beim Hornberg und eine Sesselbahn im Gfell. «Dank der Gondelbahn können wir nicht nur Skifahrende, sondern auch Fussgänger:innen und Familien mit Kinderwagen zu den zwei Hotels transportieren. Im Sommer passen Mountainbikes in die Kabine», erklärt Jan Brand.

Am Ende hätten all diese Faktoren zum Entscheid für eine Gondelbahn geführt, denn «betriebswirtschaftlich aus Gästesicht und vom Personenfluss her ergibt dieses System einfach an diesem Standort am meisten Sinn», so der Verwaltungsratspräsident.

Behördenvorgehen bremsen BDG
Oder vielmehr: nicht tragbare lange Fristen und das Nichteinhalten von versprochenen Deadlines und fehlende Koordination, wie Matthias In-Albon angibt. «Wir sind zurzeit zehn Monate im Verzug, dies wegen dem Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR).» Im Vergleich zur Planung der Saanerslochoder Egglibahn habe der administrative Aufwand enorm zugenommen und mehr Studien und Verfahren würden verlangt. Die langen Wartefristen will die BDG nicht mehr akzeptieren, sie ist aber damit nicht alleine: Gemeinsam mit anderen Bergbahnen aus dem Kanton Bern wurden sie diese Woche vorstellig beim AGR, um sich auszusprechen und Lösungen zu finden, wie der Bergbahndirektor angibt.

Als Nächstes werde sie das qualitätssichernde Verfahren beschäftigen: «Drei Architekturbüros geben ihre Projekte für den Bergbahnbau ein, eine unabhängige Fachjury bewertet und bestimmt am Ende das Projekt», erklärt Jan Brand. Ziel sei es, im Sommer 2024 das Baugesuch einzugeben, um im Frühling 2025 mit dem Bau der Bergbahn zu beginnen. Durch die Bauaktivitäten werde das Gebiet während einem Sommer keine Bahn haben, während den Wintern könne der Betrieb immer aufrechterhalten bleiben.

«Wir hoffen, dass alle Prozesse nun schneller vorangehen und wir keinen Problemen bei den Genehmigungen begegnen. Denn die Bahn steht seit 1984, gewisse Ersatzteile sind nicht mehr verfügbar und deshalb ist das Ausfallrisiko gross», so Brand.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote