Restaurant Botta: Das Werk kehrt zurück zu seinem Meister

  30.06.2023 Nachbarschaft

Glacier 3000 hat den Meister wieder ins Boot geholt: Der renommierte Schweizer Architekt Mario Botta hat vor über 20 Jahren das gleichnamige Restaurant bei der obersten Bergstation gezeichnet. Nun kehrt er zu seinem Werk zurück, um ihm neues Leben einzuhauchen, nachdem es vergangenen Herbst Opfer eines verheerenden Brands wurde. Am Dienstag präsentierten sie den Neubau, der manche überraschen mag. 


Das Werk kehrt zurück zu seinem Meister

Der renommierte Schweizer Architekt Mario Botta zeichnete Ende der 90er-Jahre ein Restaurant, welches auf 3000 Meter über Meer während über 20 Jahren thronte und im letzten Jahr einem verheerenden Brand teilweise zum Opfer fiel. Nun griff der Meister wieder zu Stift und Papier, um seinem Restaurant Botta ein zweites Leben zu schenken. Wie es ihm dabei erging, erzählte er bei einer Medienkonferenz hoch über den Wolken.

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«Schön dich zu sehen, alter Freund», hätte das Restaurant Botta wohl zu seinem Erschaffer gesagt, hätte es beim ersten Wiedersehen reden können. Mit einem Schmunzeln, weil es zwar noch immer auf festem Boden steht, jedoch ziemlich «angekohlt» ist. Vergangenen Herbst fiel das auf 3000 Meter über Meer thronende Gebäude einem grossen Feuer zum Opfer. Die Stahlkonstruktion hielt stand, die Seilbahn konnte weiter betrieben werden, die zwei beherbergten Restaurants waren jedoch komplett zerstört (wir haben berichtet). Nun geht es an den Wiederaufbau, weshalb sich das Bergbahnunternehmen Glacier 3000 an den Architekten Mario Botta wandte, der das signifikante Bauwerk vor über 20 Jahren entworfen hatte.

Der Architekt zeichnet wieder
«Es ist viel Zeit vergangen, seit ich das Gebäude gezeichnet habe. Nicht nur die Normen und Vorschriften, sondern auch ich habe mich als Architekt verändert», sagte Mario Botta, der kürzlich seinen 80. Geburtstag feierte, an der Medienkonferenz vom Dienstag. Das Aussehen des Gebäudes bleibt in seinen Grundrissen mehr oder weniger erhalten. Doch dem Gebäude, das «die Identität dieses Ortes auf dem Gipfel von Les Diablerets in den letzten 20 Jahren geprägt hat», solle noch mehr Ausdruckskraft verliehen werden, so Botta. Seine Aufgabe war es, das Bestehende neu zu organisieren und aus technischen, energetischen und architektonischen Gesichtspunkten zu optimieren. Beim Äusseren fallen beispielsweise die Fotovoltaikanlagen auf, die sich an den Seiten wie Flügel ausstrecken, und der «Kopf», wie Botta ihn nennt, der ausgeprägter ist. Die Innenräume hin-gegen werden komplett neu gestaltet, mit einem Flächengewinn von 35 Quadratmetern pro Etage und neuen Panoramafenstern. Beim ehemaligen Self-Service-Restaurant «Le 3» wird zukünftig der QR-Code zentral sein, über den bestellt und bezahlt wird; serviert wird von sogenannten «Food Runners» – Servicepersonal, welches die Gerichte und Getränke an die Tische bringt. Das Restaurant Botta im vierten Stock soll weiterhin ein «Qualitätslokal» bleiben, wie Glacier-3000-CEO Bernhard Tschannen betonte. Beide Gastronomien erhalten insgesamt 400 Sitzplätze. Zuoberst soll eine 250 Quadratmeter grosse Panoramaterrasse entstehen, die den Rundumblick auf die Berge eröffnet.

Der Ingenieur plant wieder
Nicht nur Mario Botta kehrte zu seinem einstigen Werk zurück, sondern auch der Ingenieur Manuel Cordoba arbeitete damals persönlich am ersten Projekt mit und ist nun wieder mit seinem Unternehmen Petignat et Cordoba SA an Bord. «Ein Feuer ist immer fürchterlich. Aber ein Feuer auf 3000 Meter über Meer ist eine andere Dimension», meinte Cordoba am Dienstag vor den Medien. Es sei eine Baustelle unter extremen Bedingungen und dies hätten sie schon zu spüren bekommen. Ab März wurden Gerüste aufgestellt und der Kran installiert, dem die Verantwortlichen schon quasi ein eigenes Projekt widmen mussten (siehe Kasten). Ab Mai waren die Bauarbeiter:innen mit Wetterextremen konfrontiert, denn es fiel 120 Zentimeter Schnee und der Wind blies teilweise mit bis zu 250 Kilometer pro Stunde. Ziel des Neubaus sei es, eine besonders nachhaltige Bauweise an den Tag zu legen, so die Verantwortlichen. Der Einsatz von Helikopterflügen sei auf ein Minimum reduziert worden, die Seilbahn war das Haupttransportmittel. Zudem haben sich die Verantwortlichen den Anspruch gestellt, Materialien aus recycelten Bestandteilen zu verwenden oder solche, die auf ihre Umweltverträglichkeit getestet wurden.

Der Geschäftsführer stosst weiter an
Bernhard Tschannen, CEO von Glacier 3000, unterstrich die ihm am Herzen liegende Bedeutung, ein neues, nachhaltigeres Zeitalter einzuläuten. So sprach er von den 600 Fotovoltaikpaneelen, die rund 110 Kilowatt Peak produzieren können und bis zu sechs Prozent des gesamten jährlichen Energieverbrauchs des Unternehmens abdecken sollen. Zudem will der Betrieb die Wärme, die bei der Belüftung der Küchen und beim Betrieb der Kühlräume entsteht, für die Erzeugung von Warmwasser nutzen.

Eine weitere Anforderung, die besonders angesichts der jüngsten Vergangenheit fokussiert wurde: die Sicherheit. Gemeinsam mit der ECA – einem öffentlich-rechtlichen Unternehmen, das unter anderem im Bereich des Brandschutzes tätig ist – entwickelten die Verantwortlichen ein neues Feuerlöschsystem mit Nebelgeräten und zusätzlichen Fluchttreppen auf der Südwestseite des Gebäudes.

Nun kommt die Arbeit
Bis kommenden Oktober sollen der Wiederaufbau der dritten bis fünften Etage und die Notausgänge fertig sein. Während des Winters wird die Technik installiert und das Innere eingerichtet, um im Frühling 2024 die Türen des Restaurants Botta wieder zu eröffnen. Glacier 3000 rechnet für den Neubau mit einem Budget von 23 Millionen Franken. Eine Frage bleibt aber am Ende immer noch offen: Wieso gab es ein Feuer? Wie das Unternehmen mitteilt, sind die Untersuchungsergebnisse der Waadtländer Staatsanwaltschaft über die Brandursache noch nicht bekannt.


DER KRAN

Während der Skisaison installierten die Verantwortlichen den Kran beim niedergebrannten Restaurant Botta. Wie CEO Bernhard Tschannen in einer Medienmitteilung schildert, war der Betrieb für die Skifahrenden manchmal eingeschränkt, um den Transport des Betons für den Kransockel zu gewährleisten. Sobald das benötigte Material auf dem Berg war, wurde mithilfe eines Super-Puma-Helikopters – einer der leistungsfähigsten Zweimotor-Helikopter der Schweiz – der Kran gestellt. Dieser Flug brachte den Helikopter aufgrund der Höhe und des Gewichts des Krans an seine Grenzen. Aus diesem Grund war es wichtig, den Bau bei niedrigen Temperaturen durchzuführen, denn: Je kälter die Luft ist, desto dichter ist sie und desto mehr Auftrieb hat der Super Puma.

PD/JOCELYNE PAGE


WEITERES PROJEKT: DIE OLDENPISTE

Um den Monatswechsel publizierte Gstaad 3000 AG – die Betreiberin von Glacier 3000 – ein Baugesuch im amtlichen Anzeiger: Verbreiterung der «TheoTraverse» durch Felsabbau bergseits und entsprechender Materialablagerung in unmittelbarer Nähe. Auf Anfrage klärt CEO Bernhard Tschannen auf: Es handle sich um ein Bauvorhaben an der Oldenpiste. «Die schwarze Piste hat nach dem steilsten Teil eine rund 100 Meter lange Traverse, die relativ schmal ist. Durch den Felsabbau wollen wir die Piste verbreitern, um den Skifahrenden mehr Raum zu geben und um die Sicherheit zu verbessern.»

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