Eine Wintergeschichte

  15.12.2023 Leserbeitrag

Für die Weihnachtsbeilage haben wir viele tolle Geschichten erhalten, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen. Bis Weihnachten präsentieren wir Ihnen alle, damit Sie sich auf die Feiertage einstimmen können. Nachfolgend eine Weihnachtsgeschichte von der Klasse 5a/6 Rütti Gstaad Nykolay, Matis, Arnaud, Timon, Sandro, Jael, Emily, Cali, Giulia, Andrina, Jana, Beatriz, Annamaria, Leni, Julie und Esther.

Es ist 6 Uhr morgens und klirrend kalt. Nils geht in die Hockey Garderobe. Sie haben heute ein Match gegen Thun. Thun liegt in der Tabelle nur einen Platz vor ihnen. Ein Sieg wäre also möglich, ein Sieg IST möglich und wäre so wichtig für das Team.
Kurz vor Schluss zeigt die Anzeigetafel 7:6 für Thun und Nils kriegt den Puck, er fährt los, auf das leere Tor, das ist die Chance für den dringend benötigten Ausgleich. Nils Puls rast, er zieht den Stock hoch, schiesst… und verfehlt.
Sein Blut kocht, er ist wütend und eilt sofort nach dem Schlusspfiff in die Garderobe, dort wirft er seine Ausrüstung zu Boden und rennt kopflos aus der Garderobe direkt in den nahegelegenen Wald.
Langsam beruhigt Nils sich. Vor Wut ist Nils recht tief in den Wald gerannt. Da hört er Geräusche. Er beschliesst ihnen zu folgen und trifft unvermittelt auf eine grosse Anzahl Tiere, die versammelt sind. Es sieht aus wie eine Tierversammlung und er hört sie klagen: «Das ist schrecklich, sie werden unseren Wald abholzen!», jammert ein Fuchs. Die Maus piepst: «Wohin sollen wir denn gehen, wir wohnen doch hier.» Schüchtern fragt das Reh: «Wollen wir wegziehen?» «Wir könnten kämpfen», schreit der Hase.
«Ich kann euch helfen», sagt Nils. Die Tiere erschrecken. Sie haben nicht bemerkt, dass Nils da ist. Sofort beruhigt er die Tiere: «Ich mache euch nichts, ich will euch wirklich nur helfen…» «Aber du bist ein Mensch», wendet das Eichhörnchen, das auf dem Ast sitzt ein.
«Ich verspreche euch, ich werde alles tun, um euch zu helfen», erwidert Nils.
«Wirklich, yupee», rufen die Tiere wild durcheinander.
Nach dem erneuten Verspreche, alles für die Tiere zu tun, macht sich Nils auf den Heimweg.

Jan sitzt tief enttäuscht in der Garderobe, den Kopf in die Hände gestützt. Er hat drei der Tore gegen Thun geschossen und trotzdem hat es nicht gereicht. Seine Augen glitzern vor Enttäuschung, beinahe bilden sich Tränen.
Plötzlich kommt der Trainer in die Garderobe, sucht nach Jan und sagt ihm, er hätte eben einen Anruf erhalten. Ginger sei verschwunden. Jetzt kommt Jan auf die Beine. Seine Hündin Ginger versucht ab und zu zu entwischen und er muss sie immer wieder einfangen. Schnell hängt er seine Ausrüstung zum Trocknen auf, zieht sich an und hastet aus der Garderobe.
Da Ginger ab und zu im Wald verschwindet beschliesst Jan, seine Suche dort zu beginnen. Langsam fallen einzelne Schneeflocken, und decken mögliche Spuren zu. Jan ruft überall nach seiner Hündin, dringt tiefer und tiefer in den Wald ein, aber er kann sie nicht finden.

Nils hört Schritte und wundert sich. Er geht auf die Geräusche zu. Er sieht eine Person von hinten. Sie kommt ihm bekannt vor.
«Jan, bist du das?», ruft Nils fragend.
Die Person dreht sich um – es ist tatsächlich Jan.
«Was machst du hier im Wald Jan?»
«Ich habe Ginger, meinen Hund verloren»
«Soll ich dir beim Suchen helfen?»
«Ja gerne, warum hilfst du mir denn?»
«Weil es nett und freundlich ist zu helfen», antwortet Nils
Sie machen sich auf die Suche und rufen immer wieder: «Ginger, wo bist du?»
Nach einer Weile kommen sie zu einem zugefrorenen See.
Jan ruft: «Da vorne ist Ginger!»
«Lass uns zu ihr gehen»
«Endlich haben wir dich», sagt Jan.
Ein gefrorener See und zwei Hockeyspieler, das kann nicht lange dauern, bis sie auf der glatten Eisfläche sind. Sie albern eine Weile rum und beschliessen Freunde zu werden und ab und zu heimlich auf diesem gefrorenen See zu trainieren.  Jan ist schliesslich der beste Spieler im Team und Nils will unbedingt besser werden und nie wieder eine so grandiose Chance wie bei diesem letzten Spiel verpassen.

Nun wird es doch langsam kühl und es ist Zeit nach Hause zu gehen. Die Jungs sind froh um Ginger, denn sie kann die beiden aus dem Wald führen. «Was ist denn mit Ginger?», fragt Nils.
Jan beruhigt Nils: «Es geht ihr gut, sie bricht leider immer bei Vollmond aus und oft erkundigt sie den Wald.»
Gemeinsam gehen sie aus dem Wald. Ginger führt sie zu einem kleinen Bach, weil sie grossen Durst hat, und die Jungs balancieren über einen Baumstamm ans andere Ufer. Dann gelangen sie zu einer Bar und die Jungs stillen ihren Durst mit einer heissen Ovomaltine.

Nils hat nun ein Versprechen gegenüber den Tieren einzulösen. Er hat eine super Idee, denn den Eltern von Nils gehört die Holzfirma Kuddelmuddel. Diese Firma ist es auch, die den Wald abholzen will.
Bald schon ist Weihnachten und Nils hat schon tausend Weihnachtswünsche. Der grösste ist ein Paar Hockeyschuhe. Nun kommt aber etwas dazwischen. Nämlich die Tiere. Sie stehen nun an erster Stelle und er will mit seinen Eltern einen Deal aushandeln. Er würde auf die dringend benötigen Schlittschuhe verzichten, wenn sie den Wald retten würden.
«Mama, Papa, ich will die Schlittschuhe nicht, ich will, dass der Wald nicht abgeholzt wird.»
«Aber Nils, du wolltest doch diese CCM Hockeyschuhe sooooo lange» 
«Und ausserdem brauchen wir das Holz für den langen Winter – Wälder abholzen, Holz verkaufen, das ist unser Job», ergänzt Papa.
«Woher weisst du, dass es ein langer Winter gibt?», begehrt Nils auf
«Das weiss man einfach, weil es so ist», antwortet der Vater verärgert, worauf die Mutter nur den Kopf schüttelt und meint: «Schatz, du hattest auch schon bessere Argumente!»

Letztendlich willigen die Eltern ein. Nils liegt schlaflos in seinem Bett und denkt darüber nach, ob er wirklich auf diese tollen Schlittschuhe verzichten soll, denn mit lausigen Schlittschuhen würde er niemals Hockeyprofi werden. Aber sein Entschluss steht fest: Er muss den Tieren helfen.
Am nächsten Tag schleicht er sich früh morgens aus dem Haus und rennt in den Wald.
Dort erwarten ihn die Tiere schon sehnsüchtig.
«Und?», nuschelt ein kleiner Hase. 
«Ja! Der Wald wird nicht abgeholzt!»
Die Tiere jubeln vor Freude. Sie rennen zur Forststrasse und können gerade noch sehen, wie die Lastwagen der Holzer wegfahren. Da weiss Nils, dass es eine gute Entscheidung war.

Der letzte Hockeymatch in diesem Jahr steht an. Jan hat sein Versprechen wahr gemacht und Nils ab und zu auf dem See im Wald trainiert. Dort hat ihm Nils auch die Geschichte der Waldtiere und der verhinderten Abholzung erzählt. Staunend fragte Jan nach, ob die Eltern denn einfach so auf das Waldstück verzichtet hätten. Beschämt erklärte Nils, dass seine Eltern zum Glück ein weniger besiedeltes und kleineres Waldstück kaufen konnten, aber dass er, Nils, auch auf die brandneuen Hockeyschuhe verzichten musste.

Nun sind die Jungs in der Garderobe und Nils zieht seine zerschlissenen Hockeyschuhe aus der Tasche. Da steht plötzlich Jan grinsend vor ihm und überreicht ihm einen Karton. Sofort schlägt Nils das Herz bis zum Hals. Kann es sein, kann es möglich sein, dass Jan….? Ohne zu zögern ergreift Nils den Karton, öffnet ihn und findet ein Paar nahezu neue CCM Schlittschuhe darin. Verlegen lächelt Jan und erklärt: «Sie sind zwar nicht ganz neu, aber meine Füsse sind seit dem Kauf im Sommer so gewachsen, dass mir mein Gotti und mein Götti zu Weihnachten neue Schuhe schenkten … Wenn du meine Alten also willst – ich schenke sie dir gerne.»
Zuerst ist Nils einfach sprachlos, dann springt er auf, umarmt seinen Freund und bedankt sich voller Freude. Genau diese Schuhe hat Nils sich gewünscht – dass sie nicht ganz neu sind und schon ein paar Trainings und Matches auf dem Buckel haben, tut seiner Freunde keinen Abbruch.
Schnell werden die Schuhe geschnürt und schon bald stehen alle Kinder auf dem Eis. Nach dem Schlachtruf spielen die Jungs das Spiel ihres Lebens. Nils weiss immer, wo Jan angespielt werden kann und umgekehrt. Am Ende gewinnt ihr Team und Nils und Jan verzeichnen einige Goal- und Assistpunkte. 
Und als nach dem ersten Drittel der Blick der Jungs zum Waldrand hin schwenkt, was sehen Nils und Jan? 
Die Waldtiere schauen zu. Der Hase hat es sich auf dem Geweih des Hirsches gemütlich gemacht, er knabbert sogar an einer Möhre, die er wohl einem Schneemann geklaut hat, das Eichhörnchen sitzt auf dem Rücken des Rehs, der Fuchs hat vornehm seinen buschigen Schwanz um sich drapiert und die Maus hängt kopfvoran an einem Tannenast.
Glücklich zwinkern sich Jan und Nils zu. Alle ihre Wünsche sind in Erfüllung gegangen. 


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