Neue Pläne für das Rellerli

  04.01.2019 Schönried

Am Sonntag geht eine Ära zu Ende: die Rellerli-Gondelbahn fährt zum letzten Mal, das Berghaus schliesst. Nun gibt es Pläne, den Berg für touristische Zwecke attraktiv zu machen – mit und ohne Bahn. Der Verein «Freunde des Rellerli» hält am Plan für eine neue Seilbahn fest.

«Neues touristisches Leben für das Rellerli» – unter diesem Titel haben Gstaad Saanenland Tourismus, die Gemeinde Saanen, die Mountain View AG und der Verein «Freunde des Rellerli» eine gemeinsame Medienmitteilung verschickt. Die bevorstehende Schliessung der Gondelbahn auf das Rellerli habe in der Gemeinde zu kontroversen Diskussionen geführt, heisst es im Schreiben. «Jetzt aber scheinen sich alle Parteien zusammenzufinden, um eine neue touristische Ausrichtung für diesen schönen Berg zu finden.»

Die Geschichte habe im Jahr 2015 begonnen, als mehrere Einwohner der Gemeinde Saanen um Hilfe angegangen worden seien, um das Unternehmen Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG) vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren. «Diverse der angegangenen Personen, zu denen auch Ernesto Bertarelli gehörte, spendeten erhebliche finanzielle Mittel, um den Fortbestand der BDG zu sichern und damit ihre wichtige Infrastruktur für das Bergbahnnetz zu erhalten sowie diese touristischen Attraktionen der Region in die Zukunft zu führen.» Dieses Engagement erfolge im Rahmen eines erweiterten Umstrukturierungsplans, der von der Gemeinde Saanen, der BDG und unabhängigen Fachberatern erstellt sowie 2015 von der Saaner Bevölkerung genehmigt worden. Die Schliessung der Bergbahn aufs Rellerli sei jedoch von einigen Personen bedauert und der Verein «Freunde des Rellerli» gegründet worden, um sich für alternative Lösungsansätze einzusetzen.

Ein Berg für alle und für alle Jahreszeiten
Gstaad Saanenland Tourismus, die BDG, die Gemeinde und Mountain View seien seit Monaten im Gespräch, bestätigen GST-Direktor Sébastien Epiney und Gemeindepräsident Toni von Grünigen auf Anfrage. Und seit wenigen Wochen ist auch der Verein «Freunde des Rellerli» mit im Boot. Mittlerweile würden alle Parteien zusammenarbeiten und noch für diesen Monat seien erste Gespräche mit Landeigentümern geplant. «Es sollen die ersten Schritte in Richtung einer Entwicklung des Rellerlis als Berg für alle und für alle Jahreszeiten, mit einem innovativen und modernen Ansatz, diskutiert werden», heisst es in der Mitteilung. Konzentrieren wolle man sich auf ein vielfältiges Sportangebot, welches heute von den Bewohnern und Besuchern der Destination Gstaad erwartet werde.

Eine Palette von Aktivitäten
«Bevor wir ein detailliertes Projekt vorstellen, werden wir in naher Zukunft mit den Landeigentümern in Kontakt treten, mit ihnen die Entwicklungsmöglichkeiten evaluieren und eine gemeinsame Vorgehensweise zur Umsetzung des Tourismusprojekts anstreben», erklärt David Matti, Präsident von Gstaad Saanenland Tourismus (GST). Es sei unerlässlich, dass alle involvierten Parteien mit an Bord seien, bevor die definitiven Umsetzungsentscheide getroffen werden könnten. Die langfristig ausgelegten Pläne für die nächsten Jahre sähen vor, eine wirklich attraktive und für alle Bergliebhaber geeignete Palette von Aktivitäten für das Rellerli zu entwickeln. Es seien unter anderem Pläne für einen Panoramawanderweg vorhanden, der einen sicheren, gut ausgeschilderten und bequemen Zugang zum gesamten Berg biete. Weiter in den Plänen enthalten seien eine Buvette in einer kleinen, öffentlich zugänglichen Berghütte, ein verbessertes Picknickplatzangebot sowie gut unterhaltene Wander- und Mountainbikewege. «All dies ist natürlich abhängig vom Eingang der notwendigen Genehmigungen, vorab der betroffenen Landeigentümer», so Matti. In den Plänen für den Panoramaweg sei die Installation von Informationsstelen vorgesehen, damit Wanderer ihre Umgebung besser verstehen und schätzen könnten. «Wir glauben, dass damit das Rellerli zu einem neuen, touristisch attraktiven ‹Hotspot› und Treffpunkt werden kann.»

Für das Rellerli mit seinem extrem spektakulärem Panorama seien verschiedene Aktivitäten vorgesehen – mit oder ohne neue Seilbahn, ergänzt Sébastien Epiney auf Nachfrage. «Die Priorität von GST und BDG liegt auf den Aktivitäten», so Epiney. Das Konzept – es besteht erst auf dem Papier – sieht zum Beispiel für die grüne Saison Wanderrouten und für die weisse Saison Schneeschuh-Trails und Skitouren in verschiedenen Stärkeklassen vor. Auch für E-Biker sind attraktive Angebote geplant. «Erst müssen nun aber die Gespräche mit den über 60 Landeigentümern stattfinden. Ist man sich einig, folgt das Bewilligungsverfahren und dann Schritt für Schritt die Umsetzung.»

Gemeinde Saanen involviert
Toni von Grünigen, Gemeindepräsident von Saanen, bestätigt, dass die Gemeinde die Bemühungen von Ernesto Bertarelli unterstützt, fürs Rellerli eine zukunftsorientierte Lösung zu erarbeiten – gemeinsam mit dem GST und den «Freunden des Rellerli». Die Gemeinde beteilige sich aktiv an den Gesprächen. «Miteinander kann so eine nachhaltige Lösung zur Nutzung dieses schönen Bergs in unserer Gemeinde gefunden werden», wird Toni von Grünigen zitiert. Die anstehenden Gespräche, unter anderem mit den Landeigentümern, würden durch die Gemeinde eng begleitet und für eine neue Nutzung würden die allfällig notwendigen planerischen Massnahmen durchgeführt. «Der eingeschlagene Weg ist der richtige, damit das Rellerli auch zukünftig unser gutes Angebot an Ausflugsmöglichkeiten ergänzt und weiterhin einen wertvollen Teil zum touristischen Angebot der Destination leisten kann», so von Grünigen.

Neue Seilbahn auf den Hugeligrat?
Auch Heinz Welten, Präsident des Vereins «Freunde des Rellerli», bestätigt, dass inzwischen konstruktive Gespräche zwischen allen Parteien geführt würden. Zusätzlich zu dem von GST geplanten Tourismusprojekt und der privaten Unterstützung analysiere der Verein die Möglichkeit, eine neue moderne Bergbahn zu bauen, die mit modernster Technik den vollen Zugang von Schönried zum Gipfel des Hugeligrates ermögliche. Da die neue Bahn mit beschränkter Förderkapazität ausgestattet sei, werde sie einerseits nicht den BDG-Betrieb konkurrenzieren, könne aber andererseits das GST-Projekt ergänzen. Betrieben und finanziert werden soll die Bahn privat. Der Verein hält fest: «Ziel ist es, dass die gesamten Bau- und Betriebskosten von privater Seite getragen werden und somit keine Belastung für die Allgemeinheit und die Gemeinde entsteht.»

Keine präparierten Pisten
Einen Skibetrieb im üblichen Sinn werde es am Rellerli nicht geben, sagt Vereinspräsident Heinz Welten auf Anfrage. «Skiberge haben wir genug.» Liegt genügend Naturschnee, ist Wintersport dennoch möglich: zum Beispiel Schneeschuhlaufen, Skitouren, Freeriden, allenfalls auch Schlitteln. Über die Bauund Betriebskosten zu sprechen, sei noch zu früh, so Welten.

Die Gemeinde werde bei einem allfälligen Gesuch für eine neue Bahn ein planerisches Verfahren durchführen, wie bei anderen Bewilligungsverfahren, sagt Toni von Grünigen. Und vom Verein habe die Gemeinde keine Anfrage, kein Gesuch für finanzielle Unterstützung bekommen.

Ernesto Bertarelli steht hinter dem Projekt
«Ich habe immer innovative Projekte unterstützt, die einen Mehrwert für die nachhaltige Entwicklung des Tourismus und der Gesamtwirtschaft im Saanenland bieten können, eine Region, die mir so sehr am Herzen liegt», wird Ernesto Bertarelli, der den Umstrukturierungsprozess der BDG als langjähriger Einwohner der Gemeinde Saanen unterstützt hat, zitiert. Die Schliessung der heutigen veralteten Bahn biete die Möglichkeit, eine breite Nutzung des Rellerliberges ins Auge zu fassen, so dass er für mehr Bergliebhaber das ganze Jahr über zugänglich, sicher und komfortabel sei. «Es soll neu eine grössere Vielfalt an Sportarten angeboten werden können. Derartige Angebote entsprechen einem steigenden Bedürfnis nach unterschiedlichen Möglichkeiten, die Natur in dieser aussergewöhnlichen Region geniessen zu können. Darüber hinaus würde ich mich freuen, die Realisierung einer neuen Seilbahn ab Schönried auf den Hugeligrat mitzutragen, falls die Bevölkerung und die zuständigen Behörden dieser wunderschönen Region ein solches Projekt befürworten und unterstützen.»

PD/ANITA MOSER

 


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