«Chäsete» im Abländschen

  04.10.2019 Abländschen

Zugegeben, in Jaun wird nicht «gchäset», sondern «gchiäsät». Für die «Chäsete» jedoch habe ich unsere Berner Nachbarn in Abländschen besucht. Obwohl sie gleich um die Ecke wohnen, sieht man sich nicht alle Tage. Die Veranstaltung erschien im Newsletter des Regionalparks. Lauter Seltenheiten, die da aufeinandertreffen – Grund genug also, vorbeizuschauen.

Das Jauntal mit Abländschen gehört seit Anfang Jahr zum Regionalpark Gruyère-Pays-d’Enhaut. Was von den Jaunern bisher eher als Papiertiger angesehen wird, wird in Abländschen als willkommener Werbekanal genutzt, um auf seine Tradition, das «Chäse», aufmerksam zu machen. Der Dorfverein Abländschen hat den Event letztes Jahr zum ersten Mal erfolgreich organisiert und mit dem Wetterglück am vergangenen Sonntag auch dieses Jahr viele interessierte Leute nach Abländschen geholt.

Armin Poschung und Heidi Dänzer sind Käsermeister und kümmern sich um die Käsekessel im Freien. Immer wieder fragt jemand nach, wie lange es bis zum nächsten Schritt noch dauert. Jung und Alt merken schnell, dass Käse nicht in fünf Minuten hergestellt wird, sondern Geduld gefragt ist. Für das leibliche Wohl ist unterdessen gesorgt, der Schwyzerörgeler und sein Bassgeiger sorgen für traditionelle und moderne Melodien und an den Tischen wird rege über Gott und die Welt diskutiert.

Das herrliche Herbstwetter geniessen neben der Handvoll Jauner viele Abländschner Ferienhausbesitzer mit ihren Familien sowie vorbeifahrende Touristen. Selten genug kann man der Käseherstellung im Freien beiwohnen, selber Hand anlegen erst recht nicht. In Jaun wird in keiner Alphütte mehr Käse hergestellt, da der Milchpreis zur Produktion von Greyerzer sehr gut ist. Die Milchproduzenten in Abländschen bekommen hingegen einen deutlich niedrigeren Preis, die Käseherstellung im Sommer auf der Alp ist zwar arbeitsintensiv, aber auch eine Wertschöpfung und Alternative zu weiten Fahrten.

Kaum ist die Milch im Kessi dick und wird geschnitten, stehen schon die Ersten mit ihren Formen drumherum. «Ist das schön», meint ein Kind zum Muster, welches die Harfe hinterlässt. Die Gastlosen im Hintergrund sehen dem Treiben gelassen zu. Es braucht nochmals seine Weile und weitere Arbeitsschritte, bis der Käse herausgeholt werden kann. Die Erwachsenen tauchen bald darauf freudig ihre Formen nacheinander ins warme Nass. Die frische Masse muss nun noch gepresst und mit einer Nummer versehen werden. Um das Weitere kümmern sich Heidi und Hanspeter Dänzer später in ihrem Keller. Anfang November werden sie die Mutschli dem jeweiligen Besitzer zuschicken. Damit wird eine Abländschner Tradition und deren Genuss erfahrbar gemacht und zugleich wird Kontakt mit Auswärtigen gepflegt, die auch bei anderer Gelegenheit gerne wiederkommen.

MARLIES REMY, JAUNER BLOGGERIN


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