Hongkong: Fast alle tragen einen Mundschutz

  15.04.2020 Serie

Praktisch alle Länder sind vom Coronavirus betroffen. Die einen stärker, die anderen schwächer. In loser Folge erzählen Abonnenten des «Anzeigers von Saanen» aus aller Welt, wie sie die Situation in ihrer (Wahl-)Heimat erleben. Bruno von Siebenthal lebt seit 1985 in Hongkong. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.

Wir erleben die Covid-19-Krise hier in Hongkong wie fast überall. So richtig fing es erst Anfang Februar an, als ich gerade im Saanenland zum Skifahren war! Dazu erlaube ich mir zuerst eine Randbemerkung: Erst einmal ein Kompliment den Bergbahnen für die super Pisten, das freundliche Personal und die gute geführten Bergrestaurants. Nur das Dynamic Pricing hat mich enorm gestört, jeden Tag ein anderer Preis für die Tageskarte – das finde ich nicht «Gstaad like». Ich habe auch meine Zweifel, dass Familien davon profitieren. Flugtickets und Hotelpreise sind gerade in Zeiten der Schulferien am teuersten.

Aber zurück zum Coronavirus: Als ich aus der Schweiz zurückkehrte, hat es richtig angefangen, viele trugen einen Mundschutz, vor allem die ansässigen Chinesen. Inzwischen tragen fast alle einen Mundschutz! Man ist sich das hier auch gewohnt seit Sars 2003! Es ist nicht ganz so wie in Japan, aber wenn man kränkelt, zieht man einen Mundschutz an!

Aufgefordert, zu Hause zu bleiben
Ausgangssperre oder so haben wir nicht. Die Leute werden aber aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Keine Schule, Homeoffice usw. Seit letzter Woche werden die Beschränkungen immer strenger: Alle Gyms, Bar usw. sind geschlossen. Aber die Restaurants bleiben offen, es dürfen aber nur vier Personen an einem Tisch sitzen unter Einhaltung der Abstandsregeln. Auch draussen sind nur Ansammlungen von maximal vier Personen erlaubt.

Am Flughafen geht praktisch nichts mehr und die Auslastung der Hotels liegt unter zehn Prozent. Disneyland und Ocean Park sind ebenfalls geschlossen.

Vom totalen Overtourism zum Leerstand
Wer jetzt reinkommen kann, muss vierzehn Tage in Quarantäne. Wer gesund ist, kann sie zu Hause aussitzen, wenn er Temperatur oder sonst ein Anzeichen aufweist, muss er in ein staatliches Quarantänelager. Die Fallzahlen waren tief und fielen noch bis zu jenem Zeitpunkt, als die Studenten von England und aus anderen Staaten zurückkamen. Das war vor zwei Wochen – nun steigen die Covid-19-Infektionen wieder. Zurzeit liegt die Zahl bei unter 900 und das bei über acht Millionen Einwohnern! Ich weiss natürlich nicht, wie viele getestet wurden, ich denke nur jene mit Symptomen und deren Angehörige! Also generell ist es nicht so schlimm wie in Europa.

Temperaturkontrolle

Ich gehe normal zur die Arbeit, unser Geschäft ist etwa auf 50 Prozent des normalen Betriebs heruntergefahren, zusätzlich wird die Temperatur gemessen. Mundschutz, Haarnetz usw. tragen wir von der Lebensmittelproduktion immer, die Mitarbeitenden in der Administration tun dies jetzt auch.

In der Zwischenzeit hat es auch genügend Mundschutzmasken auf dem Markt. Am Anfang wurden Wucherpreise dafür verlangt. Auch die Hamsterkäufe beim Toilettenpapier haben sich gelegt.

Restaurants besuche ich nur zum Mittagessen, Social Distancing – Abstand halten – ist auch hier das Schlagwort. Am Wochenende gehen wir wandern, das mache ich sowieso schon seit einiger Zeit, um einigermassen fit zu bleiben! In den Country Parks hat es ein fantastisches Wanderwegnetz. Das ist überraschend für viele, die Hongkong nur von einer kurzen Durchreise oder vom Fernsehen kennen.

Keine Arbeitslosenversicherung wie in der Schweiz
Ich denke, dass noch grosse Probleme auf uns zukommen werden, nachdem die Verbreitung des Virus kontrolliert und gestoppt ist. Man hofft natürlich, dass nicht zu viele Geschäfte Konkurs gehen werden und es nicht zu viele Arbeitslose geben wird. Denn hier gibt es keine Arbeitslosenversicherung wie in der Schweiz, sondern nur ein sehr rudimentäres, minimales soziales Netz! Aber wie ich es befürchte, werden viele Geschäfte im F&B sowie im Retail und Tourismus zumachen! Und Hongkong wird sich wieder neu erfinden müssen, aber mit dem Lion-Rock-Spirit wird es auch das schaffen! Der Lion Rock ist ein prominenter Berg in der Kowloon-Bergkette und Symbol für Kraft und Ausdauer. Und die Stadt liegt dem Berg zu Füssen.

Ohne Wochenendlektüre
Und ja, was ich entbehren muss: Im Moment kommt keine Printausgabe des «Anzeigers von Saanen» an, meine Wochenendlektüre! Ich denke, die Luftpost ist zum Erliegen gekommen.

AUFGEZEICHNET VON ANITA MOSER


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