Evergreens und grüne Welle

  14.07.2020 Nachbarschaft

In Château-d’Oex wurde die Open-Air-Scherenschnittausstellung «Le Grand des Marques – Erde und Natur» mit grossformatigen Reproduktionen eröffnet. In spannender Weise treffen Evergreens und grüne Welle sowie Tradition und Moderne aufeinander. Die Besichtigung muss man sich aber auf dem gut zwei Stunden langen Circuit abverdienen – es lohnt sich!

MARTIN GURTNER-DUPERREX
Seit drei Jahren läuft die Open-Air-Scherenschnittschnittausstellung unter dem Namen «Le Grand des Marques», welcher sich auf Johann Jakob Hauswirth (1809–1871) alias den «grossen Meister der Buchzeichen» bezieht, den Altmeister und Vater des traditionellen Scherenschnitts in unserer Region. Der geheimnisumwitterte Volkskünstler, Köhler und Holzfäller wurde im Pays-d’Enhaut so genannt, weil er als Gegenleistung für Gastrecht auf den Bauernhöfen aus Papier Buchzeichen von unvergleichlicher Schönheit für die Hausbibeln schnitt. Die Ausgabe 2020/21 hat das Thema «Erde und Natur» zum Thema und wurde letzten Samstag mit einem gut besuchten geführten Rundgang durch Château-d’Oex eröffnet.

Viele Facetten
Seit 2018 wurde die originelle Ausstellung mit den grossformatigen Reproduktionen jeweils mit einem neuen Thema gleichzeitig mit den Scherenschnitttagen, die mittlerweile zum festen Jahresprogramm der Destination gehören, eingeweiht. Obwohl letztere dieses Jahr aus bekannten Gründen abgesagt werden mussten, konnte die Präsentation der Kunstwerke gemäss Programm realisiert werden, da sie im Freien stattfindet. Verteilt auf das ganze Dorf werden Scherenschnitte von 27 schweizerischen und französischen Künstlern und Künstlerinnen zum Teil an Orten mit herrlicher Bergsicht, insbesondere auf dem Colline du Temple – dem Kirchenhügel – ausgestellt. Mit Kompetenz, Schwung und Humor führte Monique Buri, Vizepräsidentin von Scherenschnitt Schweiz, durch die verschiedenen Stationen. «Der Scherenschnitt hat neben den Alpaufzügen, wie sie Hauswirth fertigte, viele Facetten und kann in verschiedener Art und Weise interpretiert werden», sagte sie in ihren Einführungsworten.

Existenzielle Fragen
Ganz in diesem Sinn stehen neben unvergänglichen Evergreens, die eine heile Welt mit traditionellen Zügleten und Jagdszenen darstellen – darunter auch Künstler aus der Region wie Pierre Mottier, Marianne Dubuis, Regina Martin oder Marc Schweizer –, modernere Kreationen, die mitten im Zeitgeist der grünen Welle stehen und sich an Themen wie Klimaerwärmung und Umweltschutz heranwagen. So zum Beispiel der Genfer Jacques Bergholz, der das Trauma der globalen Brände und die Klimaerwärmung verbildlicht, Anne-Dominique Brandt aus Strassburg, welche die Regeneration der Erde thematisiert oder die Lausannerin Camille Peitsch, die sich die existenzielle Frage stellt, wie die Erde morgen wohl sein werde.

Im Schweisse des Angesichts
Die Ausstellung «Le Grand des Marques – Erde und Natur» wird von Pays-d’Enhaut Région in Zusammenarbeit mit dem Musée du Pays-d’Enhaut und der Gemeinde Château-d’Oex durchgeführt und ist bis zum 25. April für jedermann gratis zugänglich. Die Besichtigung muss man sich jedoch mit ein paar Schweisstropfen abverdienen, da der attraktive Circuit zu Fuss, aber auf gut begangbaren Wegen knapp zwei Stunden dauert – es lohnt sich auf alle Fälle! Eine zweisprachige Broschüre mit Beschreibungen und Routenplan ist beim Tourismusbüro in Château-d’Oex erhältlich. Dazu gibt es einen Wettbewerb, bei dem – Sie können dreimal raten – ein Scherenschnitt gewonnen werden kann.

Die Ausstellung ist bis zum 25. April 2021 für das Publikum geöffnet. Weitere geführte Besichtigungen finden am 21. Juli, 4. und 18. August jeweils um 10 Uhr statt. www.chateau-doex.ch/legranddesmarques


«HAPPY BIRTHDAY, LIEBE SCHWEIZ!»

Die Schweizer Firma für Zahn- und Mundhygieneprodukte Curaprox, die weltweit Zahnpraxen beliefert, bringt rechtzeitig auf den 1. August – «Happy Birthday, liebe Schweiz!», schreibt sie in einer Medienmitteilung – eine Swiss-Special-Zahnbürste in den Farben Rot und Weiss auf den Markt. Die Packung wurde mit der Auflage, Tradition und Schweizer Qualität kreativ zu vereinen, von der Scherenschnittvirtuosin Regina Martin gestaltet. «Es war nicht einfach, die Grösse der Verpackung und die Zahnbürstli in das Konzept zu integrieren», so Martin am Rand der Eröffnung der Ausstellung «Le Grand des Marques» in Château-d’Oex. Die sympathische Schönriederin, ihres Zeichens Präsidentin von Scherenschnitt Schweiz, betonte, dass dieser Auftrag eine enorme Chance darstelle und international eine «wahnsinnige Werbung» bedeute. «Da wir durch unsere Arbeit nicht reich werden, sind wir froh, solche Aufträge zu erhalten.» Sie bedauerte zwar, dass Laserstanzschnitte immer mehr zur Konkurrenz werden, sei sich aber sicher, dass handgemachte Scherenschnitte auch in Zukunft ihren Stellenwert behalten werden.

MARTIN GURTNER-DUPERREX

 


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