Weniger Duell, mehr Sicht auf Details

  28.07.2020 Saanenmöser

Der «Bärgsummer» im Lochstafel läuft auf Hochtouren. Die Schauspielprofis improvisierten am vergangenen Donnerstagabend zum Thema «Saaneland u Simmetal – die Gemeinden im Fokus». Mit unerschöpflicher Fantasie machten sie daraus einen amüsanten Theaterabend.

JENNY STERCHI
Niggi Hégelé und Simone Schwegler begegneten dem hin und wieder bewegten Verhältnis zwischen den Gemeinden im Obersimmental und Saanenland auf eine unerwartet komische Weise. Die beiden Schauspieler des Zürcher Theaters «anundpfirsich» verpackten die kleinen Problematiken in Schauspiel und etwas anders erzählten Geschichten. Wie an allen Theaterabenden im Lochstafel, die der «Bärgsummer» bisher präsentierte, war das Publikum Teil des Programms.

Eine Bildergeschichte
Die Hauptaufgabe des Publikums bestand an diesem Abend darin, eine zufällige Auswahl aus 70 Fotos zu treffen. Auf den Bildern hatten die beiden Protagonisten auf ihren Streifzügen durchs Obersimmental und Saanenland eher unauffällige Sujets eingefangen. Schriftzüge an Geschäften, Hinweistafeln, Vorgärten und sogar Strassenbeläge wurden zu Bildmotiven. Während die Zuschauerinnen und Zuschauer noch über den Aufnahmeort rätselten, erfand das Schauspielduo zu den zunächst unspektakulären Aufnahmen die fantasievollsten und wunderbarsten Erzählungen. Szenisch dargestellt oder als im Wechsel erzählte Geschichten wurden die Bilder Bestandteil des Theaters. Eine improvisierte Nachrichtensendung, die mit den Aufnahmen illustriert wurde, sorgte für spontanen Applaus und Gelächter im Publikum.

Die Schauspieler hielten, was das Programm versprach: «Die hiesigen Besonderheiten aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachtet.»

Die Kunst der subtilen Botschaft
Die spontan erdachten Geschichten, ausgeschmückt mit vielen Details, kamen unpolitisch und unterhaltsam daher. Aber wer wollte, konnte auch die Aussagen zwischen den Zeilen heraushören.

Im Publikum befanden sich aktuell amtierende und ehemalige Gemeinderatsmitglieder von Saanen und Zweisimmen. Zu Beginn vielleicht von dem einen oder anderen noch genauer beobachtet, war jedoch schnell klar, dass ihre Positionen in der lokalpolitischen Landschaft ganz und gar nicht im Vordergrund standen. Vielmehr wurden Unauffälligkeiten, wie die verwitterten Figuren eines Vorgartens, für den Ausgangspunkt einer Bundesratsreise genutzt.

Ein etwas anderer Blick
Simone Schwegler und Niggi Hégelé kannten das Obersimmental und das Saanenland bis zu ihrem Engagement für den «Bärgsummer» nicht. Der unvoreingenommene Blick auf die Regionen und ihre Bewohner mache, so Hégelé, diese Programme möglich. «Die Besucher haben ein anderes, umfassendes Vorwissen und entsprechende Erwartungen», erklärte Hégelé auf Anfrage nach der Vorstellung. «Es ist erstaunlich und manchmal sogar ein bisschen unglaublich, aber zum Teil nehmen wir die bestehenden Reibungspunkte zwischen zwei Gemeinden beim genauen Hinsehen schon wahr, ohne dass uns jemand davon erzählen muss.» Das Konzept haben die Improvisationsprofis bereits in anderen Regionen auf dem Programm gehabt. «Es funktioniert eigentlich überall ähnlich. So sparsam die Rückmeldungen aus dem Publikum auch sind, du kannst immer etwas mehr wahrnehmen, als sie sagen.» In erster Linie wollen sie das Publikum jedoch unterhalten, indem sie lokale Gegebenheiten mit kreativen Zusätzen und viel Fantasie verbinden.

«Bärgsummer» dauert an
Es wird auch diesen Donnerstag eine Vorstellung mit dem Titel «Saaneland u Simmetal – die Gemeinden im Fokus» geben. Sie wird jedoch ganz sicher nicht identisch mit jener der letzten Woche sein. Denn das Schauspielduo Simone Schwegler und Niggi Hégelé haben ihren Schauspielauftrag im Lochstafel an zwei Kollegen von «anundpfirsich» übergeben. Sie übernehmen die schauspielerische Leitung beim «Bärgsummer» und werden den Theaterwanderungen, der «Gschichte-Chischte» und den Abendshows ihre ganz eigene, improvisierte Note verleihen.


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