Coronagerecht und doch hoffnungsvoll fröhlich

  07.08.2020 Bildung

THUN Am Montag fand im Thuner Kongresszentrum die Abschlussfeier der Wirtschaftsschule Thun statt. Zwar mussten strengste Corona-Massnahmen eingehalten werden, aber die Party verlief dennoch stimmungsvoll und fröhlich, zuversichtlich. Der Standort Gstaad feierte 23 erfolgreiche Absolventen und Absolventinnen, wovon neun geehrt wurden.

LOTTE BRENNER
Die Wirtschaftsschule Thun beinhaltet eine Berufsfachsschule, eine Berufsmaturität und Weiterbildung. Vom Standort Gstaad, unter der Leitung von Konrektor Marc Matti, absolvierten dreizehn Schüler und Schülerinnen eine KV-Ausbildung und zehn eine im Detailhandel (siehe Liste im Anhang, wo auch die neun speziell Geehrten aufgeführt sind). Es war schade, dass nicht alle an die von der Schule organisierte Farewell-Party kommen konnten, denn die Stimmung war fröhlich, trotz der obligatorischen Gesichtsmasken und dem nötigen Respekt gegenüber dem Coronavirus. Die Feier begann mit der Ehrung der Rangkandidaten. Es folgte die Auszeichnung der selbständigen Arbeiten und der interdisziplinären Projektarbeiten der Berufsmittelschule. Abteilungsweise wurden dann die Absolventinnen und Absolventen auf die Bühne geholt.

Nach dem Buffet wurden Ehrungen für spezielle Leistungen durchgeführt, bevor dann die Party mit Tanz und Plausch ihren Fortgang nahm. Der Schweizer Rapper und Beatboxer Knackeboul, der schon die Feierlichkeiten witzig und schlagfertig mit situationsbewusstem Rap bereichert hatte, begleitete die Jungen bis um 23 Uhr durch das gelungene Fest.

Für spezielle Leistungen geehrt
Die Preise für spezielle Leistungen im Fach Sozialkompetenz wurden von Jürg Horn der Ribo Treuhand Gstaad gesponsert. Ausgezeichnet wurden im Detailhandel Stefanie Zbären und im KV Leandro Frei.

Altes neu denken
Rektor Daniel Gobeli gab den Jungen viel Zuversicht und Mut auf den Weg. Er gab zu bedenken, dass schlechte Zeiten auch gute Zeiten sein können. Es gelte nun, Altes neu zu denken, denn Gewohntes helfe nicht immer weiter. Es sei auch Zeit, Fehler machen zu dürfen. Er setzt die Hoffnung in die Generation, die mehr hinterfragt, denn ein Neuund Selberdenken tue not. Widerstand und konstruktiver Zweifel seien gefragt. Seiner Meinung nach stimmen neue Reformen zuversichtlich und in diesem Sinne ruft er den wst-Absolventinnen und -Absolventen zu: «Greift nach den Sternen, lasst euch durch Absagen nicht entmutigen.» Er selber sage dies aus Erfahrung, da er zu genau wisse, was es heisse, über 50 Bewerbungen schreiben zu müssen.

Nachgefragt – drei Meinungen
Von den Jungen selbst wollten wir wissen, wie sie ihre weitere Zukunft sehen und was sie nachträglich über die coronabeschattete letzte Meile ihrer Ausbildung denken:

Lea Matti, Detailhandelsfachfrau: «Mein Lehrbetrieb, die Papeterie Pfander in Zweisimmen, behält mich vorderhand noch. Ich arbeite da 50 Prozent und will in der Wirtschaftsschule Thun noch die Berufsmatur absolvieren. Ein Studium danach ist nicht ausgeschlossen, doch weiss ich noch nicht, welche Richtung ich dabei einschlagen möchte. Es war schon anders, die Schule übers Laptop zu bestreiten. Aber die Motivation ‹dabei sein, den Auftrag erfüllen› war da und hat super funktioniert. Die praktische Prüfung hätte ich gerne absolviert, aber so schlimm finde ich es auch nicht, dass diese wegfiel. Immerhin war das Lernen am Computer auch irgendwie positiv, da ich mir dabei zusätzliche EDV-Kenntnisse erwerben konnte.»

Salome Landmesser, Kauffrau, e-Profil (erweiterte Grundlagen): «Zum Glück darf ich meine Stelle im Lehrbetrieb (Gstaad Menuhin Festival) behalten. Es ist ein sehr gutes Jobangebot, mit dem Titel Team Assistant, über das ich mich freue. Ab nächster Woche beginnt meine zweijährige Ausbildung mit Berufsmatura im Bereich Gesundheit (im Rahmen des Inforamas Rüti, Zollikofen). Das bedeutet 40 Prozent Schule und 60 Prozent Arbeit. Einerseits bin ich froh, dass uns mit dem Home Learning der Prüfungsstress abgenommen wurde. Schade finde ich jedoch, dass ich dabei die in drei Jahren seriös erarbeitete Vorbereitung nicht unter Beweis stellen konnte. Aber irgendwie sehe ich den Ausweis dennoch als Belohnung für diejenigen, die drei Jahre konstant gelernt haben.»

Leandro Frei, Bankkaufmann:«Eigentlich hätte ich in meiner Ausbildungsstelle bei der Saanen Bank bleiben können, aber ich konnte in Thun meine neue Stelle antreten, weshalb es mir aus Termingründen nicht möglich war, an der Feier vom Montag teilzunehmen. Ich hätte auch vorgehabt, auf die Berufsmatura hin zu arbeiten. Aber ich wurde vom EHC Thun Mysports für die erste Mannschaft unter Vertrag genommen. Immerhin ist es die dritthöchste Eishockey-Liga der Schweiz. Und so habe ich mich nun dafür entschlossen. Die Berufsmatura ist immer noch ein Thema. Eventuell werde ich sie in einem Jahr anstreben. Da in Corona-Zeiten die Stellensuche sehr schwierig ist, vor allem, wenn es sich dabei noch um eine 60 Prozent Stelle handelt, habe ich jetzt eine 100 Prozent Stelle bei der Bank AEK in Thun angenommen. Da fällt einmal der Arbeitsweg weg und andererseits kommen mir die Gleitzeiten entgegen, die mir eine grosse Flexibilität ermöglichen. Gerne hätte ich die Prüfungen absolviert, um zu zeigen, was ich gelernt habe. Aber das Arbeiten daheim fand ich gut; das Positive daran waren die Selbstdisziplin und das Vertrauen. Da die Prüfungsvorbereitungswoche in der Schule ausgefallen ist, hat mein Arbeitgeber mir während der Arbeitszeit Aufgaben gegeben. Gefehlt hat mir der Austausch mit Mitschülern schon, dafür war konzentriertes Arbeiten umso intensiver. Von der Schule aus war alles super organisiert. Prüfungen, die ja auch zur Lebenserfahrung gehören, werden, da die meisten von uns weitermachen, sicher in einer strengeren Phase noch vorkommen.»
Nachfolgend die erfolgreichen Absolventen aus dem Saanenland und Obersimmental:

Kaufleute Klasse ES17: Aegerter Jana, Gemeindeverwaltung Lenk; Beck Neal, Hotel Palace Gstaad; BütschI Dina, Gstaad Saanenland Tourismus; Fernandes Alexandre, Hotel Hornberg Saanenmöser; Frei Leandro (5,5), Saanen Bank; Hauswirth Anina, Gemeindeverwaltung Saanen; Hauswirth Natalie (5,5), Alpinzentrum Gstaad; Kohli Sarah, Gstaad Saanenland Tourismus; Landmesser Salomé(5,5), Gstaad Menuhin Festival; Niederhäuser Laura, Lenkerhof Lenk; Pauli Moana (5,4), Hotel Bernerhof; Schwarz Megan (5,4), Golfhotel Saanenmöser; Wyss Sophia, Le Grand Bellevue Gstaad. Detailhandel Klasse DFS17: Buchs Renate, Brodmann AG Burgdorf; Gobeli Lydia, Landi Simmental-Saanenland; Grünenwald Sibylle, Aldi Zweisimmen; Matti Lea (5,5), Gerhard Pfander Zweisimmen; Mülchi Luca (5,3), Troxler Sport Lenk; Ueltschi Jennifer, Landi Simmental-Saanenland; von Grünigen Ramona, Schuhhaus Romang; Willener Priska (5,3), La Boutique Zweisimmen; Zbären Stefanie, Zbären Getränke Lenk; Zumbrunnen Vanessa, Early Beck Gstaad.


SO ERLEBTE DIE WST DEN LOCKDOWN

Der Abschlussjahrgang 2020 wird an der Wirtschaftsschule Thun (WST) definitiv in die Geschichtsbücher eingehen: Mitten in der heissesten Phase ihrer Ausbildung, kurz vor ihrem Abschluss, traf sie der Lockdown mit voller Wucht. Statt sich vor Ort auf die Prüfungen vorzubereiten, gab es für die 338 Lernenden und Berufsmaturanden/innen von einem Tag auf den anderen nur noch Fernunterricht. «Das war für die jungen Menschen, die mitten in der wichtigsten Phase ihrer Ausbildung standen, eine enorme Herausforderung», sagt Daniel Gobeli, Rektor der Wirtschaftsschule Thun. Dank des grossen Efforts der Lehrpersonen meisterten die jungen Menschen die Coronazeit und den Fernunterricht jedoch mit Erfolg. «Wir waren beeindruckt, wie ruhig die Lernenden geblieben sind und dass sie sich trotz der vielen Unsicherheiten immer wieder motivieren konnten. Viele haben bis am Schluss an Projekten gearbeitet», sagt Daniel Gobeli.

Nichtsdestotrotz bestand bei allen – den Lernenden, Berufsmaturanden/ innen und Lehrpersonen – auch eine grosse Wehmut, dass der Austausch im Abschlussjahrgang 2020 praktisch nur noch über den Bildschirm stattfinden konnte. «Bildung ist und bleibt nun mal ein sozialer Akt», betont WST-Rektor Gobeli. «Diese ausserordentliche Zeit hat deutlich gemacht, wie wichtig zwischenmenschliche Interaktion für uns alle ist.» Umso schöner war es deshalb, dass die Abschlussklassen Anfang Juni dank Lockerungen des Bundes zumindest in ihrer letzten Unterrichtswoche noch an die WST kommen durften.

PD/BLANCA BURRI


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