Mehr als 7600 Kaffees für den Holzfachmann
21.08.2020 SaanenlandÜber 34 Jahre lang war Elmar Fasel Holzeinkäufer. Zu seinen Lieferanten zählte auch das Saanenland. An jedem einzelnen Arbeitstag servierte ihm seine Frau Bernadette morgens um halb fünf einen Kaffee – bis heute mehr als 7600 Mal. Ende August wird er pensioniert, doch ein Wald bleibt ihm erhalten.
KEREM S. MAURER
Elmar Fasel erscheint im blau karierten kurzärmligen Hemd zum Interview auf der Terrasse des Bernerhofs mitten in Gstaad. Er kennt das Saanenland nicht nur gut, nein, er liebt es auch. Seit dem 1. Januar 1986 arbeitet der gelernte Forstwart und Förster mit Zusatzausbildung zum technischen Betriebsleiter in der Holzindustrie als Holzeinkäufer bei der Firma Despond SA in Bulle. Das Einzugsgebiet seiner Lieferanten erstreckt sich von den Freibergen bis nach Sion und von La Dôle bis an die Luzerner Grenzen. «Das Saanenland ist einer unserer Hauptlieferanten», erklärt Elmar Fasel und unterlegt diese Behauptung mit eindrücklichen Zahlen.
13’500 Kubikmeter Holz pro Jahr
Elmar Fasel wirft einen Blick auf eine ausgedruckte Exceltabelle, die er vor sich auf dem Tisch liegen hat. «Wir haben zwei Transportfirmen, die jeden Werktag je eine Ladung von 25 Kubikmetern Holz aus dem Saanenland abtransportieren», weiss der kurz vor der Pensionierung stehende Holzeinkäufer und rechnet hoch: «In den letzten zwanzig Jahren ergab das im Durchschnitt eine Menge von 13’500 Kubikmetern Holz pro Jahr. Das sind 10,5 Prozent unseres gesamten Einkaufsvolumens.» Im Jahr 2003, als die Firma Despond SA das Nassholzlager in der Rütti/Gstaad übernommem hatte, lag der hohe Anteil an Saaner Holz gar bei 25 Prozent. Das liege nicht unbedingt daran, dass das Saaner Holz besser sei als anderes, aber: «Die Saaner sind einfach besser organisiert als die anderen», sagt er augenzwinkernd und lässt auch diese Aussage nicht unbegründet.
Keine Holzverkaufsorganisation
Der Holzeinkäufer schätzt, dass ungefähr 90 Prozent des Waldes im Saanenland in Privatbesitz sind. Diese Tatsache mache sein Geschäft normalerweise komplizierter, weil öffentlicher Wald grundsätzlich einfacher zu bewirtschaften sei. Doch nicht so im Saanenland. Im Kanton gebe es viele grosse Holzverkaufsorganisationen, erklärt Elmar Fasel. Doch eine solche Organisation gebe es im Saanenland nicht. «Das Holz geht trotzdem weg», sagt er lachend. Damit es ohne Holzverkaufsorganisation funktioniere, brauche es neben dem direkten Kontakt zu den Waldbesitzern Dialoge auf Augenhöhe mit den Förstern und den Forstwarten sowie einen fairen Umgang mit den Forstunternehmern. Dieses Zusammenspiel habe in den letzten drei Jahrzehnten hervorragend geklappt. Fasel spricht von einem ausgeglichenen Geben und Nehmen sowie von einer vertrauensbildenden Transparenz. In Gegenden, wo diese Kultur nicht im gleichen Masse gelebt werde, seien Holzverkaufsorganisationen von Vorteil. «Aber im Saanenland braucht es die nicht», ist er überzeugt und tönt an, dass diese Tatsache dem Kanton, der nach immer mehr Zentralisierung im Holzhandel rufe, ein Dorn im Auge sei. Wohingegen ihm die zunehmende Bürokratisierung waldseitig nicht wirklich zusage.
Rückhalt im privaten Umfeld
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge wird er sich Ende August zur Ruhe setzen. Rückblickend auf die letzten dreieinhalb Jahrzehnte, die er als Holzeinkäufer bei der Despond SA verbracht hat, bleibt ihm vieles in guter Erinnerung. Vor allem, dass er tiefe Einblicke in viele Gegenden der Schweiz bekommen habe und überall Menschen kennenlernte, die ihre Gemeinden, ihre Orte und vor allem ihre Wälder liebten. So wie Elmar Fasel selber. «Ja, ich habe mir auch ein Waldstück gekauft», gibt er lachend zu. Der Wald werde auch in Zukunft in seinem Dasein als Pensionär eine wichtige Rolle spielen. Fast etwas wehmütig erzählt er, wie ihm seine Frau Bernadette jeden Werktag morgens um halb fünf Uhr einen Kaffee serviert habe. «Frisch aufgebrüht», betont er, «bis heute waren das insgesamt mehr als 7600 Kaffees!» Er habe einen ausgezeichneten Rückhalt von Bernadette erhalten und habe immer auf ihre volle Unterstützung zählen können. Dies habe ihm Kraft für seine Arbeit gegeben, die mitunter echt stressig sei. Nach dem morgendlichen Kaffee mit seiner Frau habe ihm Herr Rime, sein Chef, der meistens noch vor ihm im Betrieb war, um sechs Uhr jeweils den zweiten Kaffee des Tages angeboten. «Mit Herrn Rime habe ich während diesen Kaffeepausen oft über Gott und die Welt und manchmal auch über die Holzpreise gesprochen.» Das dürften neben vielen anderen die Momente sein, die Elmar Fasel am meisten fehlen werden, wenn er Ende August in Pension geht und nur noch seinen eigenen Wald bewirtschaftet. (Siehe Inserat in dieser Ausgabe)