Veränderliche Lage im Gesundheitswesen

  30.10.2020 Nachbarschaft, Coronavirus

Die Testkapazitäten werden durch ein Drive-in-Testzentrum Thun im Versorgungsgebiet der STS AG erweitert. Noch konzentriert sich die Aufnahmen von Covid-19-Patienten auf das Spital in Thun. Besuche im Spital Zweisimmen und in den Alters-und Pflegeheimen im Saanenland sind derzeit noch möglich.

Auch die STS AG verzeichnet derzeit einen deutlichen Anstieg der Infektionszahlen und reagiert mit der Eröffnung eines Drive-in-Testzentrums in Thun.

Am Mittwoch, 28. Oktober 2020 nahm ein Drive-in Corona-Testzentrum in Thun den Betrieb auf. «Die STS AG trägt damit der sehr hohen Nachfrage nach Corona-Tests Rechnung und zeichnet für den Betrieb verantwortlich», schreibt die STS in einer Medienmitteilung. Das Testzentrum ist von Montag bis Sonntag jeweils zwischen 15 und 19 Uhr offen, bietet aber im Gegensatz zum Notfallzentrum des Spitals Thun keine persönliche ärztliche Untersuchung und Beurteilung vor Ort an. Mit der Unterstützung der Stadt Thun konnte ein geeigneter Standort an der Kreuzung Allmendstrasse/General-Wille- Strasse, bei der Zufahrt auf den Bypass Thun-Nord, vis-à-vis des Stützpunkts der eidgenössischen Feuerwehr gefunden werden. «Die Bevölkerung wird gebeten, über die Autobahnausfahrt Thun-Süd zum Testzentrum zu fahren. Über das elektronische Parkleitsystem der Stadt Thun ist die Signalisation während den Öffnungszeiten des Testzentrums sichergestellt», heisst es weiter.

Im Drive-in-Corona-Testzentrum können sich nur Personen testen lassen, die mit dem Auto kommen. Zwingend ist das vorgängige Ausfüllen der Onlineanmeldung mit Terminvergabe (https://covid.spitalstsag.ch). Personen ohne entsprechende Terminbestätigung werden abgewiesen. Nebst der Terminbestätigung ist ein amtlicher Ausweis mitzubringen.

Das neue Testzentrum hat zum Start eine maximale Kapazität von täglich rund 200 Testerfassungen.

Kräfte gebündelt
«Die Inbetriebnahme dieses Drive-in-Corona-Testzentrums war eine Herkulesaufgabe, die nebst dem Spitalbetrieb nur durch ein überaus hohes Engagement diverser Abteilungen der Spital STS AG und mit der Unterstützung der Stadt Thun überhaupt erst möglich war», schreibt die STS. Mitarbeitende aus den Bereichen Rettungsdienst, ICT, Ärzte und Pflegefachpersonen, Facility Management, Patientenmanagement und -abrechnung und viele weitere waren daran beteiligt. Der Betrieb des Drive-in-Corona-Testzentrums wird auch personell durch die ZSO Thun plus sowie benachbarte Zivilschutzorganisationen unterstützt.

Die bisher genutzten Covid-19-Abstrichstellen im Spital Thun, im Medizinischen Zentrum Thun am Bahnhof (www.mz-thun.ch/corona) und im Spital Zweisimmen bleiben weiterhin offen. In allen Abstrichstellen ist eine telefonische Anmeldung für einen Test zwingend.

Neben PCR auch Antigen-Tests
Die bisher und auch weiterhin praktizierte Testmethode ist das PCR-Verfahren (Polymerase-Kettenreaktion). Die PCR ist eine sehr sensitive Methode, bei der das Erbgut des Virus abgeschrieben, vervielfältigt und durch eine Farbreaktion sichtbar wird. Das Virus wird also über sein Erbgut aufgespürt.

Anders als bei der PCR wird beim Antigen-Test, auch als Schnelltest bezeichnet, das Vorhandensein des Erregers im Rachenabstrich abgebildet. Beim Test wird der Rachenabstrich auf eine Trägerplatte gegeben und mit einer Testflüssigkeit, die spezifische Antikörper enthält, in Verbindung gebracht. Verbinden sich die farblich markierten Antikörper mit dem charakteristischen Spike-Protein auf der Oberfläche des Sars-CoV-2-Virus, wird dies als Farbstreifen sichtbar, ähnlich wie bei einem Schwangerschaftstest.

Etwa zwei Dutzend Antigen-Tests sind derzeit auf dem Markt, mit denen sich laut den Herstellern das Coronavirus in der infektiösen Phase einer Covid-19-Erkrankung sicher nachweisen lassen soll. Die Hersteller geben die Sicherheit, dass tatsächlich Sars-CoV-2-Viren nachgewiesen werden und kein anderes, harmloseres Coronavirus, mit einer Trefferquote von etwa 99 Prozent an. Bei Personen mit einer hohen Viruslast werden die Antigen-Tests nach Ansicht von Experten relativ zuverlässig positiv ausfallen. Bei Personen ohne Symptome oder mit mildem Verlauf können Antigen-Tests jedoch falsch negativ ausfallen. Daher ist es zunächst erforderlich, jeden Schnelltest mit einem PCR-Test zu überprüfen.

Der Bundesrat hat in seinem am Mittwoch beschlossenen Massnahmenpaket die Nutzung von Antigen-Tests ab dem 2. November integriert. Der Krisenstab der STS AG befand erst gestern Nachmittag, allenfalls noch nicht abschliessend, über den Einsatz von Schnelltests.

Wachsende Kritik an der PCR
Dem PCR-Test sind Grenzen gesetzt, die von Kritikern zunehmend in den Fokus gerückt werden. So nimmt die Tatsache, dass die PCR keinen Aufschluss über Infektiosität des Erregers gibt, immer mehr Raum ein. Die Vertreter der Virologie bestätigen diesen Umstand, dass der Nachweis des Erbgutes keine Aussagen zulassen, ob der Getestete infektiös ist. Dass dies aber in der jetzigen Lage gar nicht zwingend erforderlich ist, erläutert Sandra Ciesek, Leiterin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt, an einem Beispiel: «Also wenn ich an den Blutspendedienst oder den Blutspender denke, werden die Blutspender alle getestet, unter anderem auf HIV. Und wenn eine Blutkonserve, die übrigens ebenfalls im PCR-Verfahren untersucht werden, positiv wäre auf HIV, dann würde ja niemand diese Blutkonserve einem Patienten geben. Aber sicherlich muss dieser Spender jetzt nicht AIDS haben. Das heisst ja nicht, dass die PCR falsch ist, sondern man kann diese Viren nachweisen, ohne dass man immer das komplette Bild der Erkrankung haben muss, also in dem Sinne intubiert und beatmet sein muss. Trotzdem kann man infiziert sein, aber vielleicht einfach dadurch einen sehr milden Verlauf haben oder sogar asymptomatisch sein.»

Gegner der PCR führen die geringe Aussagekraft über den Verlauf einer Infektion im Vergleich zu Tests mittels Anzucht in Zellkulturen. Diese Methode braucht neben einer aufwendigen Laborstruktur unter erhöhten Schutzbedingungen vor allem ein Vielfaches an Zeit. Und die fehlt derzeit angesichts des derzeitigen Infektionsgeschehens.

Weiterer Kritikpunkt ist die mangelnde Standardisierung bei der Probenentnahme. «So ein Abstrich ist von vielen, vielen Faktoren abhängig», gibt Sandra Ciesek zu bedenken. «Zum Beispiel, welches Abstrichbürstchen benutzt wird, da gibt es unterschiedliche Qualitäten. Es gibt einfach so Watteabstriche, dann gibt es extra sogenannte Phlox-Swaps. Die nehmen deutlich mehr Material auf und sind besser geeignet.»

Auch die verschiedenen Transportmedien, in denen der Abstrich transportiert wird, hätten Einfluss auf das Ergebnis. Es komme auch auf die Technik vom Abstreicher oder Untersucher an, wie viele Zellen er aufgenommen hat. Auch die Lagerung der Proben sei nicht immer gleich. Und dann sei beim Rachenabstrich sicherlich auch möglich, dass der Erreger ungleichmässig in der Probe verteilt ist. «Das ist ein bisschen anders, als wenn Blut oder Serum untersucht werden», so Ciesek. «Wenn der Arzt Blut abnimmt und dann das Serum untersucht, ist das relativ definiert. Bei Abstrichen ist das nicht so homogen. Und das spielt alles auch für den Test eine Rolle.» Aber es bleibt für die Diagnostik einer Infektion kein anderes Testverfahren. Bei allen Testverfahren sei das Ergebnis von der Qualität der Ausgangsbedingungen abhängig.

Ein gewichtiger Punkt, der an der PCR häufig zweifeln lässt, ist der Nachweis von Bruchstücken des Virus. Demnach würden meist nur Fragmente des Virus nachgewiesen werden, also einzelne Gen-Schnipsel, die gar nicht belegen, dass das Virus sich vermehrt oder mal vermehrt hat und keine Infektion nachweisen. Christian Drosten, Leiter der Virologie in der Berliner Charité, klärt sachlich auf: «Nein, ohne ein volles Virusgenom gibt es keine Virusreste. Wenn man das so sagt: ‹Da sind nur Fragmente nachgewiesen worden›, dann stimmt das nicht. Es gibt kein Virusfragment, ohne dass da ein volles Virusgenom ist. Es gibt keine RNA in der Zelle, die so ähnlich wäre wie das Genom von diesem Coronavirus, dass man dieses verwechselt in der PCR. Es gibt auch keine Verwechslungen mit anderen Viren, anderen Erkältungsviren, anderen Coronaviren oder sonst was für Krankheitserregern. Die PCR ist da eindeutig.»

Speziell bei der Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 ist, dass das Virus nach der ersten Woche der Infektion häufig aus dem Rachen verschwindet, sich aber stattdessen in der Lunge unabhängig weiter vermehrt. Dann ist der Nachweis mittels Rachenabstrich nicht mehr möglich, egal welches Testverfahren angewendet wird.

Besuche im Spital und Altersheim möglich
Besuche in Spitälern sind derzeit eingeschränkt und unter strikter Einhaltung der geltenden Schutzmassnahmen, wie das Tragen einer chirurgischen Maske (keine Stoffmasken) und das Desinfizieren der Hände beim Betreten und Verlassen des Krankenzimmers, möglich. Im Moment darf pro stationär aufgenommenem Patienten nur ein Besucher registriert werden, um den Kontakt so überschaubar wie möglich zu halten. Die Besuchszeit ist auf eine Stunde begrenzt.

In den Alters- und Pflegeheimen im Saanenland gelten nach wie vor die Schutzmassnahmen, die bereits während des Sommers galten. Wobei der korrekte Umgang mit einer Hygienemaske massgeblichen Einfluss auf deren Wirkung habe, sind sich die Verantwortlichen in den Institutionen einig. Es sei allen Betreibern ein Anliegen, dass die Kontakte möglichst aufrechterhalten, jedoch auch hier eingeschränkt werden sollten. Ein Besucher sollte sich nur zu seinem Angehörigen begeben und möglichst nicht noch bei zwei, drei anderen Bekannten vorbeischauen.

PD/JENNY STERCHI

Weitere Angaben zum Drive-in Corona-Testzentrum inkl. der Online-Anmeldung unter: https:// covid.spitalstsag.ch
Allgemeine Informationen rund um das Coronavirus, Angaben zu den Testkosten und in welchen Fällen diese vom Bund übernommen werden, die Öffnungszeiten der örtlichen Abstrichstelle unter: www.spitalzweisimmen.ch/corona


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