Verhüllen oder nicht?

BLANCA BURRI
Am vergangenen Wochenende kaufte ich in einem Tankstellenshop in der Nähe von Aarau ein. Dort sah ich mehrere junge muslimische Frauen, die ein Kopftuch trugen und ich ertappte mich dabei, wie ich zweimal hinschaute.

Meine Reaktion erschreckte mich. Als ich mir die Gründe überlegte, bemerkte ich, dass mir Kopftücher und Verschleierung fremd geworden sind. Seit die internationalen Touristen im Saanenland fehlen, habe ich praktisch keine Burka, keinen Nikab und sogar fast kein Kopftuch mehr gesehen. Vor der Pandemie prägten verschleierte Frauen die Promenade von Gstaad zu gewissen Jahreszeiten. Besonders spannend fand ich den Kontrast zwischen den leicht bekleideten weiblichen Beachvolleyballprofis und den meist in Schwarz gehüllten arabischen Frauen, die sich zur selben Zeit das Kopfsteinpflaster teilten. Corona fegte das einst heiss diskutierte Thema vom Tisch.

Fakt ist, dass wir am 7. März 2021 über das Verhüllungsverbot abstimmen. Und dass der Abstimmungskampf dazu noch nicht lanciert ist. Ich gehe davon aus, dass die jüngsten, islamistisch motivierten Attentate dafür herhalten müssen. Sie könnten das Proargument «Schutz vor Terror» bebildern. Ich frage mich, wen das Thema besonders interessiert. Sowohl Terroranschläge wie gewaltbereite, vermummte Demonstranten sind in der Stadt präsenter als auf dem Land. Deshalb nehme ich an, dass um ihre Stimmen besonders hart gekämpft wird.
Dass die Debatte die touristischen Bergregionen emotional erreicht, wage ich zu bezweifeln. Verschleierung und Vermummung sind hier momentan zu wenig sichtbar. Vielleicht wird mit einem Augenzwinkern bemerkt, dass wir unsere Gesichter wegen des Sicherheitsempfindens auch bedecken. Ans Masketragen haben wir uns vielleicht gewöhnt, das heisst aber nicht, dass wir uns damit wohl fühlen. Mit Maske ist es viel schwieriger, sein Gegenüber zu verstehen und seine Emotionen zu deuten. Vor allem aber gehört das Verhüllen nicht zu unserer Kultur. Und genau deshalb weiss ich schon heute, dass ich die Initiative annehmen werde – auch wenn ich weiterhin eine Maske trage!

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