RANDNOTIZ

  13.08.2021 Leserbeitrag

Paraskavedekatria phobie

KEREM S. MAURER
Bitte was? Die einen staunen, andere lächeln wissend. Ich gehörte lange zu den Staunenden und gebe zu, das praktisch unaussprechliche Wort Paraskavedekatriaphobie erst seit Kurzem zu kennen. Eigentlich lächle ich erst seit meinen Nachforschungen für diese Randnotiz wissend. Sie sehen, auch ein Freitag, der Dreizehnte hat seine gute Seite, wenn man etwas lernt. Denn darum geht es: Als Paraskavedekatriaphobie wird nämlich die diffuse Datumsfurcht bezeichnet, die viele Leute vor dem heutigen Datum, einem Freitag, den Dreizehnten haben. Hatten Sie heute Morgen ein unbestimmt mulmiges Gefühl, als Sie aufgestanden sind und Ihnen bewusst wurde, was für ein Datum wir heute haben? Jein? Brauchen Sie auch nicht zu haben.

Bevor die hierzulande lebenden Menschen dazu gebracht wurden, dem christlichen Monotheismus zu huldigen, waren sie Kelten. Als solche richteten sie ihr Jahr nach Sonne und Mond aus – unser Wort Monat geht noch darauf zurück. Das keltische Jahr zählte dreizehn Monde und die Dreizehn galt als Glückszahl: erhaben, unteilbar und ungerade.

Dann kam die Einführung des Sonnenkalenders und die Menschen wurden mit allen Mitteln zur Abkehr vom Mondkalender bewogen. In der Folge stülpte das damalige Establishment der keltischen Glückszahl kurzerhand eine negative Bedeutung über und idealisierte an ihrer statt die Zwölf, gerade und durch viele anderen Zahlen teilbar, zur neuen Glückszahl. Das Volk wurde angehalten, fortan statt zu Mutter Erde eine neue männliche Gottheit anzubeten. Doch eine gewisse Restfurcht vor der Rache der entthronten Fruchtbarkeitsgöttin, deren Name Freya und der ihr geweihte Tag der Freitag war, setzte sich hartnäckig im kollektiven Gedächtnis fest. Sie erkennen den Zusammenhang.

Im Internet gibt es zur vermeintlichen Unglückszahl Dreizehn einiges von fehlenden dreizehnten Sitzreihen in Flugzeugen über nicht vorhandene dreizehnte Decks auf Kreuzfahrtschiffen bis hin zu ausgelassenen dreizehnten Etagen in Hochhäusern zu lesen. Eine Häufung von Unfällen dagegen sei den Statistiken von Versicherungsgesellschaften nicht zu entnehmen. Dafür gilt beispielsweise in Spanien oder Griechenland der Dienstag, der Dreizehnte als Unglückstag, wobei in Italien der Freitag, der Siebzehnte gefürchtet wird. In Mexiko ist die Dreizehn bis heute eine Glückszahl und hierzulande ist für viele Angehörige der arbeitenden Klasse der Freitag als Einstieg ins Wochenende ein durchaus gern gesehener Tag.

Und was lernt man nun daraus? Am besten vergisst man einfach das Wort Paraskavedekatriaphobie, das man eh nicht aussprechen kann sofort wieder und geht jedes Datum ohne diffuses, mulmiges Gefühl an. Nun wünsche ich Ihnen einen frohen Freitag, den dreizehnten August 2021.

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