Das Ende der «Rumpelpiste»

  22.10.2021 Saanenmöser

Nach zwölf Jahren Bauzeit ist das Ende der Sanierung der Kantonsstrasse zwischen Saanenmöser und Zweisimmen zum Greifen nah. Die Belagsarbeiten auf den letzten Teilstücken sind zwar noch nicht abgeschlossen, aber die feierliche Eröffnung fand dennoch am letzten Dienstag statt.

JENNY STERCHI
Mit den Worten «Der Strassenzustand ist himmeltraurig» und «Das Saanenland über eine solche Rumpelpiste zu erreichen, ist nicht gerade einladend» unterstrich Bethli Küng, damals Grossrätin, ihre Motion für die Erneuerung der Strasse zwischen Zweisimmen und Saanenmöser. Das geschah 2008. Rund 13 Jahre später gehörte auch Bethli Küng zu den Gästen, welche den gründlich sanierte Strassenabschnitt von 6,5 Kilometern zwischen Saanenmöser und Zweisimmen am Dienstag feierlich eröffneten. Neben ihr feierten auch Regierungsrat Christoph Neuhaus, die Gemeindepräsidenten von Saanen, Toni von Grünigen, und Zweisimmen, Ueli Zeller, sowie Vertreter der Behörden und des ausführenden Gewerbes den Abschluss dieses Grossprojekts.

Mit Sofortmassnahmen in die Riesenbaustelle
Offenbar hatten Küngs deutliche Worte überzeugt, denn bereits 2009 begannen die Sofortmassnahmen im Abschnitt Tuft bis zum Reichenstein. Notwendig war ein kurzfristiges Handeln, da die Risse im Belag zusehends wuchsen und drohten, die Verkehrssicherheit zu beeinträchtigen. «Die Strasse ist mindestens 70 Jahre alt», so begann Martin Andres, Verantwortlicher für die Planung des Projektes «Erneuerung Saanenmöserstrasse», seine Ausführungen zur Notwendigkeit dieser erheblichen Baumassnahmen. «Die kleine Simme erodiert langsam und über Jahre den Uferbereich», erklärte er weiter. Die Folge sei das Abrutschen der gesamten Bergseite um jeweils einen Zentimeter pro Jahr. Im Fall der Saanenmöserstrasse sei eine Verschiebung von bis zu 70 Zentimetern beobachtet worden. Diese Rutschbewegung habe die unangenehme Eigenschaft, nicht überall gleich grosse Distanzen zurückzulegen und das führte schliesslich zu den Rissen und Belagsschäden an der Strasse. Die Bewegungen könnten nicht aufgehalten werden. Mit Drainagerohren probiere man nun, die Rutschbewegung zu verlangsamen. Mit auf Pfählen gelagerten Stützmauern konnte der Strassenkörper stabilisiert werden.

Die neu erstellten Ausweichstellen seien für den Unterhalt sehr wichtig. Klassische Unfallschwerpunkte konnten durch Kurvenverbreiterungen neutralisiert werden. Die Linienführung der Strasse sei aber grundsätzlich beibehalten worden.

Dankbarkeit bei betroffenen Gemeinden
Während der Bauarbeiten wurde eine Methode entwickelt, um die Baustellenlogistik von der offenen Fahrspur wegzuholen. «Mit der überarbeiteten Methode konnte die Baustelle über den zu bearbeitenden Fahrstreifen bewirtschaftet werden und die zuvor entstandenen Wartezeiten konnten minimiert werden», erklärte Richard Spalinger, der die Baustelle als Bauleiter über die gesamte Bauzeit betreut hat. Er schätzte die unfallfreie Bauzeit und das gute Zusammenspiel der immer wieder gleichen Arbeitskräfte.

«Die bessere gegenseitige Erreichbarkeit zwischen dem Saanenland und dem Unterland ist sehr wertvoll», sagte Toni von Grünigen, Gemeindepräsident von Saanen, im Rahmen der feierlichen Eröffnung der sanierten Strasse. «Der Kanton Bern hat signalisiert, dass ihm auch die abgelegenen Orte wichtig sind und ich glaube, dass die Distanz zu Bern vielleicht auch ein wenig kleiner geworden ist», sagte von Grünigen und fügte an: «Ein Teil der zwischen 2013 und 2021 nach Bern geführten Steuereinnahmen aus Saanen, die weit über eine Milliarde Franken betrugen, sind nun in diesem Projekt gut investiertes Geld.» Für Ueli Zeller, Gemeindepräsident von Zweisimmen, war die Baustelle lange Zeit sehr nah, denn er wohnt an diesem Strassenabschnitt. «Ich habe die Strassenbewegung selber erfahren, wenn die Fahrspur scheinbar über Nacht ihre Form verändert hatte», wusste Zeller zu berichten und zeigte sich zufrieden, dass dies mit der Sanierung behoben werden konnte. Seine Erfahrungen mit der Baustellenbelegschaft seien durchgehend gut gewesen, auch wenn er in den zwölf Jahren grob überschlagen neun Tage seines Lebens wartend vor der Ampel verbracht habe. Sogar ein in der Nacht auf der Weide geborenes Kalb, das sich nach ersten Gehversuchen in der Baustelle wiederfand, wurde vom Polier Roland Trachsel höchstpersönlich zurück auf den Hof von Ueli Zeller gebracht.

Ende November werden die Ampeln abgebaut und sind im nächsten Sommer nicht mehr zu erwarten.


WAS STECKT IN DER NEUEN STRASSE?

– 135’000 Arbeitsstunden der Bauunternehmer
– 27’000 Stunden für die Planung
– 65’000 Meter Pfähle unter die Stützmauern gesetzt – zusammengelegt ein
Weg bis Thun
– 650 Tonnen Stahl – etwa fünfmal soviel wie in der Freiheitsstatue in New
York stecken
– 9000 Kubikmeter Beton – 40 Einfamilienhäuser
– 35’000 Kubikmeter Kies
– 16’000 Tonnen Strassenbelag
– Gesamtkosten rund 42 Millionen

RICHARD SPALINGER, BAULEITER


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