Wie bei Heidi und Schellen-Ursli

  11.01.2022 Saanenland

Ferienhaus mit Alphüttenzauber, dazu eine sonnige Südhanglage mit prächtigem Bergpanorama und im Hintergrund ein plätschernder Bergbach. Diese Bilderbuchidylle des Tubegrabe-Stafels gefällt nicht nur den Stadtmenschen.

KEREM S. MAURER
Das kleine Ferienhaus Tubegrabe-Stafel feiert in diesem Jahr seinen hundertsten Geburtstag. Nicht als Ferienheim, aber als Haus. 1922 wurde das ansprechende Holzhaus aus rein landwirtschaftlichen Überlegungen heraus gebaut. Als Vorschess, wo das Vieh einige Wochen vor und nach der Alpsömmerung weidet. Schon von Anfang an verfügte das Haus über einen Wohnbereich. «In unserer Kindheit war es immer eine besondere Zeit, wenn wir zu Hause die Koffer packten und in die Vorschess umzogen», erinnert sich Toni Reichenbach, der heute mit seiner Frau Huldi sowie mit Hanspeter und Therese Reichenbach zusammen die inzwischen zum Ferienhaus umgebaute Sennhütte bewirtschaftet. Weit entfernt von ihrem Zuhause ist das Tubegrabe-Stafel aber nicht. Von der nach Süden gerichteten Terrasse des Ferienhauses aus sieht man linker Hand hinunter auf Toni Reichenbachs Hof. Es sind rund dreihundert Meter, doch es ging nie um die Distanz, sondern um das Abenteuer.

Pure Nostalgie
Das Innere des Ferienhauses ist genau so, wie sich der typische Stadtbewohner eine typische Ferienalphütte vorstellt. Einfache Holzmöbel versprühen spartanischen, aber unwiderstehlichen Charme, rot-weiss karierte Vorhänge, knarrende Holzböden und ein alter Holzofenherd verbreiten rustikales Flair. Wer es im Winter warm haben will, muss selbst ein Feuer machen – da werden Städterträume wahr. Das Ferienhaus, das zu klein ist für ganze Schulklassen, hat das gewisse Etwas. Es verfügt über diese spezielle, kaum in Worte zu fassende Mischung aus Heidi und Schellen-Ursli, dazu der nostalgische Hauch einer Zeit, in der die Fotos noch schwarz-weiss waren und Super-8-Filme tonlos über Leinwände zitterten. Wer hierher kommt, fühlt sich in der Zeit zurückversetzt. «Und das ist genau das, was unsere Gäste lieben», schmunzelt Toni Reichenbach und erklimmt die knarzenden Stufen der Holztreppe, die in die zweite Etage führt, wo die Schlafräume liegen. Das Modernste im Treppenhaus sind Bewegungsmelder, die das Licht wie von Geisterhand einschalten. Ja, es gibt Strom und auch fliessendes Wasser sowie der heutigen Zeit angemessene sanitäre Anlagen. Letzteres war nicht immer so.

Kein künstlicher Luxus
Zu Plumpsklozeiten sei es oft vorgekommen, dass es am stillen Örtchen bitter kalt war, erinnert sich Toni Reichenbach. So war es keine Seltenheit, dass die Klobrille vom frisch gefallenen Schnee, der vom Wind unter der Tür hindurch hereingeweht wurde, und den tiefen Temperaturen weiss gepudert war. «Das hat die grossen Geschäfte auf ein zeitlich absolutes Minimum reduziert», berichtet er augenzwinkernd. Reichenbach erzählt von Mietinteressenten, die schon bei der Reservation gefragt hätten, ob das Haus eine Zentralheizung habe. «Nein, hat es nicht.» – «Sehr schön, dann würden wir es gerne mieten!»

Das Haus steckt voller Geschichten von naturliebenden Familien, die seit jeher hier ihre Ferien verbringen. «Zu uns kommen hauptsächlich Familien. Jeweils zwei bis drei gemeinsam, die mit ihren Kindern hier unbeschwerte Tage erleben», erzählt Reichenbach. Das Haus ist ideal für etwa 15 Personen. Die Wintergäste kommen mehrheitlich aus Deutschland, den Niederlanden oder aus Grossbritannien – Stammgäste, die seit Jahren regelmässig an den Tubegrabe-Bach reisen. Zuerst kamen sie mit ihren Kindern, später ohne, weil diese in einem Alter waren, in dem es eben «nicht mehr cool» ist, mit den Eltern in die Ferien zu fahren. Und dann kommen eines Tages genau diese Kinder wieder, die es jetzt «extrem cool» finden, ihrem Nachwuchs zu zeigen, wo sie selbst als Kinder ihre schönsten Ferientage verbracht hatten. Wer den heimeligen Reiz dieses Hauses einmal erlebt hat, den lässt er offenbar so schnell nicht wieder los. «Wir haben eine Familie, die jetzt schon in der vierten Generation zu uns in die Ferien kommt», weiss Toni Reichenbach. Im Sommer sind es eher Schweizer Familien, welche die urige Gemütlichkeit des Tubegrabe-Stafels geniessen. Natürlich bestünde die Möglichkeit, das Ferienhaus in Dauermiete zu vergeben, doch das wollen Huldi und Toni Reichenbach nicht. «Es ist besser für unser Dorf Turbach, wenn jährlich bis zu 15 Familien hierher kommen, als wenn nur eine kommen würde.»

Liebenswürdiger Service
Wer das Tubegrabe-Stafel mietet, ist eingeladen, die letzten dreihundert Meter vom Parkplatz aus zu Fuss den Hügel hinaufzugehen. «Ich habe ein Raupenfahrzeug, mit dem ich das Gepäck unserer Gäste hochbringe», lächelt Toni Reichenbach wissend – ein Service, der selten ausgeschlagen wird. Es führe im Sommer eine Feldstrasse zum Tubegrabe-Stafel hinauf, dann sei das Haus mit dem Auto erreichbar, sagen die Bewirtschafter und weisen vage in Richtung Tubegrabe-Bach – Voraussetzung dafür ist allerdings ein Fahrzeug mit Allradantrieb und Geländeuntersetzung. «Wenn es kalt ist, heizen wir das Haus vor dem Eintreffen der Gäste, damit sie es von Beginn weg behaglich warm haben», sagt Reichenbach. Zwei Feuerstellen in unmittelbarer Nähe des Baches vervollständigen eine abenteuerliche Auszeit im Tubegrabe-Stafel, das als Ausgangspunkt für Wanderungen, Skitouren oder zum Langlaufen ideal ist.


FERIENHEIME IM SAANENLAND

Rund 20 Ferienheime stehen mitunter an bester oder schönster Lage im Saanenland. Viele von ihnen sind im Besitz von auswärtigen Schulen oder Vereinen, andere sind seit Generationen im Besitz einheimischer Familien. Die meisten dieser Häuser wurden ursprünglich als Gruppenunterkünfte gebaut, andere dienten jedoch erst landwirtschaftlichen Zwecken, bevor sie in Herbergen umfunktioniert wurden. So unterschiedlich ihre Geschichten auch sind, eines haben sie gemeinsam: Wer einmal in einem Ferienlager im Saanenland gute Zeiten erlebt hat, kommt irgendwann wieder hierhin zurück. So sind Ferienheime mehr als nur Herbergen, sie sind Lebensschulen, Erinnerungsstätten und manchmal auch Sehnsuchtsorte. In loser Folge porträtieren wir einige von ihnen.

KEREM MAURER


TUBEGRABE-STAFEL

Maximal 30 Schlafplätze, ideal sind 15 Gäste
– 1 2-Bett-Zimmer
– 1 12-Bett-Zimmer
– 1 16-Bett-Zimmer
– Haustiere erlaubt
– Rustikaler Essbereich und Stübli
– Eine Dusche und zwei WC
– Eingerichtete Küche
– Schlafsäcke müssen mitgebracht werden
– Selbstversorger
– Für naturliebende Familien und kleine Gruppen
– Distanz zum Skigebiet: 4 bis 6km
– Ganzjährig geöffnet https://tinyurl.com/2p9xu58z

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Ferienheime im Saanenland

1 Chalet Saanenwald, Hornbergstrasse, 3777 Saanenmöser
2 Tubegrabe-Stafel, Turbachstrasse 159, 3781 Turbach
3 Ferienlager Eggli, Oeyetliweg 26, 3792 Saanen
4 Gässlihof, Gässli 23, 3784 Feutersoey
5 Ferienheim Länggass, Simneweg 4, 3777 Saanenmöser
6 Ferienheim Region Fraubrunnen, Erliweg 5, 3778 Schönried
7 Bümplizerhuus, Hornbergstrasse 25, 3777 Saanenmöser
8 Clubhaus Spitz, Skiclub Weyermatt, Alte Saanenmöserstrasse 2, 3776 Oeschseite
9 Clubhaus Rüeblihorn, Lätzgüetliweg 7, 3777 Saanenmöser
10 Ferienheim Buebebärg, Hubelstrasse 83, 3778 Schönried
11 Ferienheim Heitimatte, Campingstrasse 10, 3785 Gsteig
12 Ferienlager Gemeinde Lauenen, Kirchstrasse 21, 3780 Lauenen
13 Lovell Mountain Lodge, Hubelstrasse 88, 3778 Schönried
14 Münsinger Ferienheim, Zügelweg 4, 3777 Saanenmöser
15 Pfadfinderheim Kuonolf, Waldmatte 95, Schönried
16 Sport Lodge (Sportzentrum Gstaad AG), Sportzentrumstrasse 5, 3780 Gstaad
17 Solothurner Ferienheim, Bergmatteweg 21, 3777 Saanenmöser


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