Ein XXL-Ballon für Château-d’Oex

  23.01.2024 Nachbarschaft

10’000 Kubikmeter Volumen und Platz für 14 Passagiere – das neue Flaggschiff der Heissluftballons von Château-d’Oex erstrahlt zwar in den gleichen traditionellen Farben wie seine Vorgänger, stellt diese aber im wahrsten Sinne des Wortes in den Schatten. Mit seiner Taufe durch die Taufpatin Christelle Luisier Brodard, der Staatsratspräsidentin des Kantons Waadt, wurde die 44. Ausgabe des Internationalen Ballonfestivals am Samstag eröffnet. Das Postkartenwetter am Eröffnungswochenende zog an die 20’000 Besuchende an.


Eine Taufe und Ballonfahrten im Flugsimulator

Bunte Heissluftballons in teils drolligen Formen am Himmel bei strahlendem Sonnenschein über dem Pays-d’Enhaut, unüberschaubare Massen an Besuchern rund um das Landi-Areal sowie im Dorf und endlose Autokolonnen, die sich Richtung Château-d’Oex vorarbeiten. Es ist wieder so weit: Das Internationale Ballon-Festival öffnete am Samstag seine Tore.

SONJA WOLF
Alles beim Alten? Nicht ganz, denn neben den seit Jahren lieb gewonnenen Kühen, Dosen und anderen bunten Spezialformen, die am strahlendblauen Himmel schwebten, gab es an der 44. Ausgabe des Festivals bedeutende Neuheiten. Die zwei Highlights des Eröffnungswochenendes waren zweifelsohne die Taufe des neuen Riesenballons in den traditionellen Farben von Château-d’Oex und die Eröffnung des komplett neu gestalteten Espace Ballon.

Ein Heissluftballon in XXL
Er ist inzwischen zum Symbol von Château-d’Oex geworden und fliegt ganzjährig Touristen über die malerische Landschaft: der Heissluftballon in den Regenbogenfarben Blau-Rot-Orange-Gelb und Grün, den historischen Farben, die der Gründer des Festivals und Ehrenpräsident, Charles-André Ramseier, damals im Jahr 1979 für den Ballon ausgesucht hatte. In diesen Farben sah man bisher bereits zwei Ballone durch die Lüfte schweben: einen mit 7100m3 Volumen, der acht Passagiere befördern kann, und ein zweiter von 9000m3 für zwölf Passagiere. Diese Dimensionen werden seit Samstag getoppt vom neuen Flaggschiff: Ganze 10’000m3 fasst der Ballon und bietet Platz für 14 Passagiere. Neben den anderen «normalen» Modellen stach der Gigant am Festival klar heraus.

«Wie sagt man? Ich taufe dich?», fragte der Speaker der Veranstaltung kurz vor dem entscheidenden Moment. Die Ehrengäste des Festivals hatten bereits im Korb ihren Platz eingenommen. Die Patin des neuen gigantischen Gefährt, die Staatsratspräsidentin des Kantons Waadt Christelle Luisier Bodard, schlug recht schlagfertig vor: «Nein, nein, lieber: Ein langes Leben diesem Ballon und vor allem dieser wunderbaren Region!», stieg noch selbst in den Korb und los gings unter Winken und Jubelrufen des Publikums zur Jungfernfahrt. Damit war die 44. Ausgabe des Ballonfestivals eröffnet.

Übrigens: Der kleine Bruder des XXL-Ballons wurde auch gleich mitgetauft. Es handelt sich um einen Miniballon ohne Passagiere, in den die Patin, die Tourismusdirektorin des Pays-d'Enhaut Myriam Dégallier-Mermod, ihr Plüschtier hineingesetzt hatte.

Simulationen im Espace Ballon
Eine zweite Premiere markierte die Wiedereröffnung des frisch renovierten Museums «Espace Ballons». Dieses war nach Angaben der Koordinatorin Viola Staino seit März letzten Jahres geschlossen und wurde von Grund auf neu gestaltet. Neu befindet sich das Tourismusbüro in seinem Eingangsbereich.

Und eine weitere Neuerung ermöglicht fortan Ballonbegeisterten selbst bei schlechtem Wetter abheben zu können – dank virtuellen Flügen. Gleich zwei Simulatoren stehen zur Verfügung: Im Ultramagic Balloon Flight Simulator können Interessierte mithilfe eines Virtual-Reality-Helmes in einem 3D-Modell des Pays-d’Enhaut unter Berücksichtigung von Winden und Strömungen verschiedene Ziele ansteuern. «Aber Achtung, man kann auch crashen, das ist mir schon passiert!», sagt Viola Staino lachend. Auch für künftige Piloten sei der Simulator wichtig, sie können damit Flugstunden absolvieren und wichtige Erfahrungen sammeln. Der Simulator wurde unter anderem zusammen mit der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg entwickelt.

Ein zweiter Simulator ist eher ein «Fun-Gerät», wie sich die Koordinatorin ausdrückt. Wir steigen gleich zusammen in den Korb und bekommen auf einem 60m2 grossen halbkugelförmigen Bildschirm einen Film abgespielt, auf dem man über das Paysd’Enhaut und durch alle vier Jahreszeiten schwebt. Obwohl der Korb in der Realität fest bleibt, wird einem aufgrund der 4D-Effekte bei Beginn der Projektion zuerst einmal ein wenig schwindlig. Denn man blickt von oben aufs Land, bekommt die Wärme und Farbeffekte vom virtuellen Gasanheizen simuliert, riecht verschiedene Düfte der Natur und hört das Vogelgezwitscher von allen Seiten. Die einzigen Momente, in denen die Flugillusion zerbricht, sind die, wenn man gleichsam mit dem Ballon durch einen Bauernstall mitsamt seiner Käseproduktion oder auch mitten durch das Grand Chalet von Rossinière hindurchfliegt. Vielleicht, damit der Betrachtende in seiner Fantasie nicht vollends abhebt.


EINIGE ZAHLEN ÜBER DAS INTERNATIONALE BALLONFESTIVAL

- Besucher allein am ersten Wochenende: knapp 20’000
- Start von mehr als 75 Ballons
- Neues übergreifendes Logo für fünf Akteure: das Internationale Ballonfestival, das Centre Alpin International de Ballons à Air Chaud (CAIBAC), die Passagierflüge Sky Event AG, das Espace Ballon und den Club des Amis du Ballon.

PD/SWO


UND HINTER DEN KULISSEN...

Die Hüter des Tempels

«Die Gemeinde schloss die Kirche früher während der Festivalswoche immer ab», berichtet Gemeindemitglied Caroline Gabi. Denn mit den Massen, die Château-d’Oex während des Ballonfestivals besuchten, kam es zu Verschmutzungen durch Personen, die sich in der Kirche aufwärmten oder dort picknickten und ihren Abfall hinterliessen. Gabi setzte sich allerdings für das Konzept «Eglise ouverte»ein, das seit 2012 einwandfrei funktioniert. Der «Temple» bleibt also offen, freiwillige Helfer schauen die gesamte Woche über, dass die Kirche respektvoll behandelt wird und Gabi versucht, noch ein Maximum an Musik oder Ausstellungen zu organisieren. Sie hat sich zum Beispiel proaktiv an die Musikschule des Pays-d’Enhaut gewandt. Mit Erfolg: Violinlehrerin Valérie Gretillat beispielsweise nimmt das Angebot dankbar an. «Ich habe meine drei Klassen Musikunterricht vom Samstagvormittag gerne im Temple abgehalten. Der Rahmen ist schön und die Kinder sehen auch etwas vom Festival.»

SONJA WOLF


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote