So schwebt es sich über Château-d‘Oex
30.01.2023 NachbarschaftNachbarschaft Auch wenn eine kalte Bise herrschte, liess es sich unser Mitarbeiter Nicolas Geissbühler nicht nehmen, eine Heissluftballonfahrt am Festival International de Ballons in Château-d'Oex zu erleben. Ein Erlebnis‑
bericht.
Nicolas ...
Nachbarschaft Auch wenn eine kalte Bise herrschte, liess es sich unser Mitarbeiter Nicolas Geissbühler nicht nehmen, eine Heissluftballonfahrt am Festival International de Ballons in Château-d'Oex zu erleben. Ein Erlebnis‑
bericht.
Nicolas Geissbühler
Es ist bitter kalt, doch es verspricht ein wunderschöner Wintertag mit bester Sicht zu werden, als ich mich auf dem Startplatz unterhalb des Dorfes einfinde. Es herrscht bereits ein reges Treiben: Einige Ballone sind im Begriff zu starten, andere machen sich bereit und befüllen die Ballone mit heisser Luft. Mir wird Arnaud Favre aus Greyerz vorgestellt, er soll mein Pilot sein. Er besitzt einen speziell energiesparenden Ballon, einen «Eco-Ballon», wie er ihn stolz nennt. Er kann dank einer doppelten Wand und einer Aluminiumbeschichtung auf der Aussenseite die Wärme wesentlich besser speichern als herkömmliche Ballone. Auch der Korb wirkt speziell. Er ist für Langstreckenrennen gemacht und nicht wie gewohnt aus Weide, sondern aus ein paar Stangen und einem dicken Tuch. Und er ist klein. Ich helfe mit, den Ballon mit Heissluft zu füllen, ehe wir uns zu dritt in den kleinen Korb – der gar kein Korb im herkömmlichen Sinne ist – zwängen. Mit an Bord ist noch ein Reporter des französischen Fernsehens. Zwei Leute am Boden schieben unseren nun leicht schwebenden Ballon zum Startplatz. Dort wartet eine Fluglotsin auf uns. Sie erteilt uns vorläufig keine Starterlaubnis – ein anderer Ballon ist noch über uns. Einen Moment später kommt ihr Zeichen, Favre gibt kräftig Gas, die mehrere Meter hohe Flamme heizt den Ballon – und wir heben ab.
Ein seltsames Gefühl
Schnell entfernt sich der Boden, wir treiben in Richtung Westen. Ich war etwas nervös, nachdem ich zuvor andere Ballone habe starten sehen, die teils Mühe zu haben schienen, umliegenden Gebäuden auszuweichen. Doch unser Ballon schwebt sanft steigend empor und wir haben bald die beste Aussicht über das Pays-d’Enhaut, die man sich vorstellen kann. Immer wieder steigen und sinken wir höher und tiefer, die Richtung wird vom Wind bestimmt. Wir fahren an einer riesigen Zielscheibe am Boden vorbei, ein Gewinnspiel des Festivals. Man kann farbige Reissäckchen auf sie fallen lassen und kleine Fressalien gewinnen. Doch der Wind treibt uns nicht genug nahe heran. Nach einer Stunde Flug über Les Moulins und Rossinière schaut sich Favre langsam nach einem geeigneten Landeplatz um. Erst treibt uns der Wind auf die falsche Seite des Tals, dann in die Nähe einer Starkstromleitung – doch Favre findet gekonnt einen Weg heraus, indem er in höheren Schichten von anderem Wind profitiert. Wir landen schliesslich mitten auf der Hauptstrasse. Dort wartet glücklicherweise bereits der Fahrer von Favre, der unseren Ballon auf einen Feldweg neben der Strasse ziehen will. Ein im Auto vorbeifahrendes Ballonteam aus Litauen hält an und eilt ihm zu Hilfe. Glücklicherweise herrscht sonst gerade kein Verkehr! Auf dem Feldweg gelandet, steigen wir alle vorsichtig aus, der Ballon steht noch über uns.
Eine grosse Familie
Ich helfe dem Fahrer, den Ballon mit Hilfe eines Seils herunterzuziehen, möglichst weg von der Hauptstrasse. Wir legen das Tuch fein säuberlich auf dem Feldweg aus, pressen jegliche Luft aus und rollen es zusammen. Es wiegt immer noch satte 130 Kilo. Wir verstauen es nun zusammen mit dem Korb in einem dafür angefertigten Anhänger und fahren los – zur Tankstelle. Doch nicht etwa Benzin fürs Auto wird hier getankt, sondern Gas für den Brenner des Ballons. In Les Moulins hat es eine dafür eingerichtete Gastankstelle, dort treffen nun immer mehr Ballonfahrer zusammen. Sie alle sind mit uns gestartet und gelandet – alle an anderen Orten, abhängig davon, wohin sie der Wind trug. Ich merke, dass die Ballonfahrer wie eine grosse Familie sind. Man kennt und hilft sich – wie der Litauische Pilot, der mitten auf der Hauptstrasse anhielt, um uns zu helfen. Arnaud Favre erklärt mir augenzwinkernd, dass eine gute Nachbereitung der Ballonfahrt wichtig sei und nimmt mich mit in eine Garage neben der Gastankstelle. Dort warten andere Ballonfahrer und Helfer des Festivals. Man stösst nun gemeinsam mit einem kleinen Apéro auf den gelungenen Flug an.