Betrug und mehrfache Urkundenfälschung: Mann verurteilt
21.06.2024 GerichtAus dem Gerichtssaal: Am Dienstag hatte sich ein zum Zweck des Delinquierens in die Schweiz eingereister Ausländer vor dem Strafrichter in Thun zu verantworten. Er wurde wegen gewerbsmässigen Betrugs und mehrfacher Urkundenfälschung zu sieben Monaten Freiheitsstrafe bedingt ...
Aus dem Gerichtssaal: Am Dienstag hatte sich ein zum Zweck des Delinquierens in die Schweiz eingereister Ausländer vor dem Strafrichter in Thun zu verantworten. Er wurde wegen gewerbsmässigen Betrugs und mehrfacher Urkundenfälschung zu sieben Monaten Freiheitsstrafe bedingt und unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren verurteilt. Er wurde ausserdem für sieben Jahre des Landes verwiesen.
HANSULRICH GAMMETER
Im November des letzten Jahres reiste ein Herr mittleren Alters aus Belgien in die Schweiz ein. Er war arbeitslos. Er hatte mehrere Pässe, darunter auch einen Diplomatenpass, bei sich. Die Fotos hatte er herausgerissen und mit seinem eigenen Bild ersetzt.
Er suchte verschiedene Banken auf, so in Aarau, Olten, Lauenen, Schönried und Basel. Dort gab er sich als Inhaber der vorgewiesenen Pässe aus, erkundigte sich nach dem Kontostand und verlangte die Auszahlung grösserer Beträge. Er hatte die Unterschrift der betreffenden Personen eingeübt und quittierte den Empfang des Geldes entsprechend. Auf diese Weise gelang es ihm, in Aarau 20’000 Franken und in Olten 5000 Franken zu beziehen. Als er mit dieser Masche in Lauenen und Schönried auftrat, stellte man auf der Bank im ersten Fall fest, dass die Unterschrift von der hinterlegten abwich, und im zweiten Fall, dass das Konto gesperrt war. In beiden Fällen war somit kein Geld erhältlich. Auch in Basel blieb er erfolglos, weil der bankinterne Sicherheitsdienst eine Warnung ausgesprochen hatte. Soweit Geld ausbezahlt wurde, war der Tatbestand des Betrugs erfüllt, in den anderen Fällen lag ein strafbarer Versuch vor. Mit der Verwendung nachgebildeter Unterschriften erfüllte er den Tatbestand der Urkundenfälschung. Den Ausführungen des Staatsanwalts liess sich entnehmen, dass er einem Kreis von Straftätern angehören dürfte und dort auf der untersten Stufe als «Läufer» eingesetzt war.
Abgekürztes Verfahren
Dem Aussenstehenden blieben die Einzelheiten der strafbaren Handlungen verborgen. Man hätte zum Beispiel gerne gewusst, wie der Beschuldigte in den Besitz der Pässe gekommen war oder woher er wusste, dass die Inhaber der Pässe bei den aufgesuchten Banken über ein Konto verfügten. Dass kein eigentliches Beweisverfahren durchgeführt wurde, liegt darin, dass es sich um ein abgekürztes Verfahren handelte, wie es in den Artikeln 358 ff. der Strafprozessordnung vorgesehen ist. Ähnliche vereinfachte Verfahren, die geschaffen wurden, um die Gerichte zu entlasten und die Prozesskosten tief zu halten, sind auch in anderen Ländern bekannt. Für die beschuldigte Person bieten diese Verfahren neben der Kostenersparnis den Vorteil, dass sie mit einem gewissen «Strafrabatt» rechnen darf. Vor allem in den USA ist dieses dort «Plea bargaining» genannte Verfahren an der Tagesordnung. Im Zusammenhang mit den Strafprozessen gegen Trump oder den Sohn von Biden wurde in der Presse immer wieder gemutmasst, ob es zwischen der Anklage und der Verteidigung zu einem «Deal» kommen würde. Dies ist damit zu erklären, dass das ordentliche Verfahren in den USA äusserst aufwendig ist: Schon die Auswahl der Geschworenen zieht sich nicht selten über mehrere Tage hin, anschliessend nehmen die Kreuzverhöre des Angeklagten oder der Zeugen viel Zeit in Anspruch. Das Urteil verlangt Einstimmigkeit. Weicht nur ein einziger Geschworener ab, hat der Staatsanwalt neu zu entscheiden, wie er mit dem Fall weiter verfahren will.
In der Schweiz ist das abgekürzte Verfahren wesentlich weniger häufig, da die Unterschiede zum ordentlichen Verfahren weniger ins Gewicht fallen. Nach Art. 358 der Strafprozessordnung müssen die folgenden Bedingungen gegeben sein: Die beschuldigte Person muss einen entsprechenden Antrag gestellt haben, sie muss die ihr vorgeworfenen Straftaten anerkennen und die Ansprüche der Geschädigten im Grundsatz anerkennen. Sie muss mit dem in der Anklageschrift beantragten Strafmass und den beantragten Massnahmen einverstanden sein. Anlässlich der Hauptverhandlung wird auf ein Beweisverfahren mit Zeugen, Augenschein und Gutachten verzichtet, es wird einzig noch geprüft, ob die beschuldigte Person den Sachverhalt, wie er in der Anklage niedergelegt ist, anerkennt. Im vorliegenden Fall lagen diese Voraussetzungen vor und der ziemlich umfangreiche Fall konnte innert einer Stunde mit dem Urteil abgeschlossen werden.