Die Curlinghalle ist ihr zweites Zuhause
27.03.2025 PorträtDie frischgebackene Elite-Curling-Schweizermeisterin hat jetzt die Europameisterschaften im Blick. Celine Schwizgebel hat im Gespräch mit uns aber auch über ihre privaten Werte gesprochen.
KEREM S. MAURER
Celine Schwizgebels Begeisterung fürs Curling ...
Die frischgebackene Elite-Curling-Schweizermeisterin hat jetzt die Europameisterschaften im Blick. Celine Schwizgebel hat im Gespräch mit uns aber auch über ihre privaten Werte gesprochen.
KEREM S. MAURER
Celine Schwizgebels Begeisterung fürs Curling ist nicht nur spürbar, sondern auch ansteckend, denn mittlerweile spielen auch ihre Schwester, ihre Mutter und ihr Freund das sogenannte «Schach auf dem Eis». In diesem Sport hat die 25-Jährige Geschichte geschrieben: Sie ist die erste Frau aus dem Saanenland, die den Elite-Schweizermeistertitel im Curling gewonnen hat. Und zwar im letzten Februar. «Es ist cool, in der Sportart erfolgreich zu sein, für die man brennt», sagt sie im Interview mit dieser Zeitung und ergänzt: «Mich fasziniert die Kombination aus Strategie, Präzision, körperlicher Kraft und mentaler Stärke, die man für diesen Sport braucht. Doch das Besondere liegt im Teamzusammenhalt, der uns zu Höchstleistungen antreibt. Dazu gehört auch mein Bewusstsein, wie bedeutend die Unterstützung von meinem Freund, meiner Familie und meinen Freunden ist und wie sehr ich diese schätze. Mein Antrieb und meine Leidenschaft für diesen Sport entflammen vor allem durch den Ehrgeiz, der mich stets vorantreibt und herausfordert.» Ihr Interesse für diesen Sport erwachte schon in ihrer frühen Kindheit, als sie mit ihrem Curling spielenden Vater aufs Eis durfte. Aus dem «mit dürfen» wurde bald ein «mit wollen».
Beeindruckende Karriere
Aktuell ist Celine Schwizgebel eine der schweizweit besten Curlerinnen – doch es hätte auch anders kommen können. In ihrer Jugend betrieb sie erfolgreich Judo und bestritt Turniere im Spring- und Dressurreiten. Später musste sie sich aus Zeitgründen für eines entscheiden und gab im Teenageralter Judo und Reiten auf. «Ich reite zwar heute noch gelegentlich mit den Pferden meiner Mutter aus, um den Kopf frei zu kriegen», sagt sie und erzählt, wie sie mit dem Schülercurling angefangen und später bei den Junioren gespielt hat. «Je mehr ich spielte, desto ehrgeiziger wurde ich.» Und der Ehrgeiz hat sich ausbezahlt. Als Juniorin gewann sie an Schweizermeisterschaften je zweimal Silber und Bronze. Und vor zwei Jahren musste sie sich mit ihrem damaligen Team im Final der Elite-Schweizermeisterschaft gegen Team Tirinzoni knapp geschlagen geben und sich mit dem Vizeschweizermeistertitel begnügen. Doch der für sie bislang wichtigste Titel ist der Elite-Schweizermeistertitel dieses Jahres, dank dem sie an der Europameisterschaft im kommenden November – sie hofft um Medaillen – mitspielen kann. Celine Schwizgebels übergeordnetes sportliches Ziel sind die Olympischen Spiele von 2030 in den französischen Alpen.
Bewegung muss sein
Um sportlich ganz vorne mitzuspielen, investiert Celine Schwizgebel während der Curlingsaison mehr als zehn Stunden im Kraft- und Ausdauerbereich und rund zwölf Stunden auf dem Eis pro Woche. Einen Teil davon trainiert sie mit ihren Teamkolleginnen in Bern oder Biel auf dem Eis, zudem trifft man sie wöchentlich fünf bis sechsmal in der Curlinghalle Gstaad an. Viel freie Zeit bleibt daneben nicht. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb bekomme ihre knapp bemessene Freizeit, die sie umso mehr geniesse, eine besondere Qualität, ist sie überzeugt. «Mein Freund ist ebenfalls sehr sportlich, oft gehen wir zusammen ins Krafttraining», sagt sie. Und wenn sie nicht gerade an ihrer sportlichen Karriere arbeitet, ist Schwizgebel in der Natur unterwegs. Biken, Wandern, Langlauf, Reiten. Und in den Ferien darf es für die Frau, die einen grossen Teil ihres Lebens quasi im Kühlschrank verbringt, auch mal wärmer sein. «Eigentlich bin ich ein ‹Gfröörli›», gesteht sie augenzwinkernd. Daher fahre sie gerne ans Meer und liege auch einmal im Liegestuhl. «Aber bitte nicht den ganzen Tag. Zwischendurch kann man ja surfen, schwimmen oder Volleyball spielen.» Bewegung muss sein.
Breiter Musikgeschmack
Beruflich ist Celine Schwizgebel bei der Gstaad Menuhin Festival & Academy AG für die Künstlerbetreuung zuständig. «Im Winter während des Curlings kann ich von überall her arbeiten. Mein Arbeitgeber ist glücklicherweise flexibel, wofür ich sehr dankbar bin», sagt sie und verrät, dass sie im Sommer während des Festivals mehr klassische Musik hört als im Winter. Ansonsten sei sie sehr offen, was Musik anbelangt, höre im Krafttraining Hip-Hop, Pop und manchmal auch Rock, aber: «Volkstümliches ist nicht so meins.»
Starke Werte
Gesunde Ernährung ist für die Sportlerin ein grosses Thema. Im Archiv des «Anzeigers von Saanen» liegt ein Artikel, den Celine Schwizgebel als Teenagerin im Rahmen der einstigen Jugendseite «Katapult» geschrieben hat.
Darin ging es um Vegetarismus. Ihr Statement damals: «Ich werde bestimmt nie Vegetarierin!» Hat sich an dieser Haltung inzwischen etwas geändert? «Heute achte ich auf eine ausgewogene Ernährung, dazu gehören auch Proteine», sagt sie schmunzelnd. Allerdings bedeute ausgewogen auch, dass sie nicht dreimal am Tag Fleisch esse. Oft greife sie auf vegetarische Lebensmittel wie Linsen, Tofu oder andere proteinhaltige Fleischalternativen zurück. «Nein, ich bin dem Vegetarismus nicht mehr ganz so abgeneigt wie damals», sagt sie lachend und spricht nachhaltige Konsumformen an. «Ich selbst versuche, mein Leben so zu gestalten, dass ich etwas zur Verbesserung beitragen kann», sagt sie. Auf die Frage, was ihr im Leben wirklich wichtig ist, sagt sie: «Familie und Freunde bedeuten mir sehr viel. Es ist mir wichtig, dass es meinen Liebsten gut geht und sie gesund sind. Hilfsbereit zu sein und Harmonie zu finden, sind starke Werte für mich.»
ZUR PERSON
Celine Schwizgebel erblickte 1999 in Zweisimmen das Licht der Welt und ist in Saanen aufgewachsen. Nach der Schulzeit absolvierte sie ein Zwischenjahr in Château-d’Oex, um Französisch zu lernen, bevor sie bei der Müller Medien AG eine KV-Lehre machte. Danach folgte die Berufsmaturität und ein Wirtschaftsstudium. Heute arbeitet sie im Eventbereich und spielt nicht nur leidenschaftlich, sondern auch sehr erfolgreich Curling.