DIE HIMMLISCHE ORDNUNG
17.12.2025 LeserbeitragSünder kommen bekanntlich in die Hölle und werden dort von Teufeln bewacht und geplagt.
Nun gab es eines Tages einen schlimmen Aufstand in der Unterwelt.
Das hatte einen Grund, denn bei der grossen Energiekrise war es schlicht zu aufwendig geworden, die Hitze in der Hölle auf der nötigen Temperatur zu halten. Ausserdem forderten die jüngeren Teufel immer mehr Privilegien für das mühsame Kohlenschaufeln. Sie hatten schlicht keinen Bock mehr!
Keiner wollte mehr neue höllische Qualen erfinden, welche diejenigen auf der Erde natürlich übertreffen mussten. Eine Hauptaufgabe der Alten, und die Ideen der Jungen wurden systematisch abgelehnt.
Eines Tages folgte die teuflische Crew der Idee des Oberteufels und alle verschwanden. Wohin, ist unbekannt. Das Weltall ist eben riesig.
Dies geschah just zur Weihnachtszeit, in der die göttliche Gnade besonders gross ist, und so wurden die verbliebenen Sünder vorzeitig in den Himmel aufgenommen.
Der Allmächtige war der Meinung, dass seine Engel für diese erstmalige Situation eine Lösung finden würden. Aber dass diese Sünder, ohne ihre Schandtaten vollständig gesühnt zu haben, so ohne Weiteres in den Himmeln aufgenommen würden, war schlicht undenkbar.
Eine grosse, demokratisch ausgesuchte Delegation aus Erzengeln, Arbeitsengeln bis zu den kleinen Putten wurde nun mit der heiklen Aufgabe betraut, die Sünder himmelsfähig zu machen.
Das fing mit prosaischen Problemen an. Wer sollte die Wesen vom Kohlenstaub reinigen? Wie sollte man die Wesen kennzeichnen? Sollten sie zu Beginn schon Flügel erhalten? Etwa bereits aus Gold?
Die Delegation tagte lang und ausführlich und verkündete folgenden Beschluss:
Als Erstes wurde das Wort «Teufel» als Unwort erklärt und durch Himmelsaspiranten ersetzt. Diese würden zwar mit himmlischem Gesang, aber ohne Harfenklänge begrüsst.
Man müsste sie unbedingt – ein paar Ewigkeiten je nach Fall und Fortschritt – von den frommen Engeln fernhalten.
So hatte man beschlossen, eine Art Knast einzurichten, weit weg hinter sieben Milchstrassen. Den Sündern sollten grössere und kleinere Hörnlein wachsen zur Kennzeichnung. Die Wolken, auf denen sie verweilen würden, sollten nicht ganz so weich und flauschig sein wie üblich, sondern ein wenig härter und grau statt weiss.
Je nach Grad der Sühne würden sich die Hörner verkleinern und dafür am Rücken Ansätze für Flügel wachsen.
Das Schwierigste wäre wohl, den Neuankömmlingen beizubringen, in hingebungsvoller Harmonie mit den anderen Himmelsbewohnern zu leben. Liebe, Gnade, Demut und Verständnis oder gar Rücksicht kannten diese Wesen nur vom Hörensagen, gelebt hatten sie dies nie – logisch, für etwas kam man ja in die Hölle.
Für den Chorgesang, der am jüngsten Tag erklingen sollte, wurde ein weiterer vielstimmiger Choral in Auftrag gegeben. Eine geeignete Übung für die Sünder, um eben obengenannte Charakterzüge einzuüben.
Wenn sie diese Aufgabe erfolgreich erfüllen würden, dürften sie dannzumal zusammen mit allen Engeln singen – selbstverständlich mit der nötigen Inbrunst und mit reinem Herzen.
Ob das gelingen wird, wissen wir noch nicht. Es ist noch eine lange Weile bis zum jüngsten Tag.

