Die «leiseste Umlaufbahn der Welt» nimmt Gestalt an
13.12.2022 SchönriedAn der Generalversammlung des Vereins Freunde des Rellerli hat der Vorstand auf die Planungsarbeiten für die zukünftige Bergbahn zurückgeschaut und den aktuellen Stand der Dinge präsentiert. Neben letzten Einspracheverhandlungen geht es nun an die ...
An der Generalversammlung des Vereins Freunde des Rellerli hat der Vorstand auf die Planungsarbeiten für die zukünftige Bergbahn zurückgeschaut und den aktuellen Stand der Dinge präsentiert. Neben letzten Einspracheverhandlungen geht es nun an die Finanzierung.
JOCELYNE PAGE
Es wird immer konkreter: Der Vorstand des Vereins Freunde des Rellerli hat im vergangenen Jahr mithilfe von Fachexperten fleissig gearbeitet, damit zukünftig eine neue Bergbahn auf den Berg fährt. «Wir haben gute Fortschritte gemacht. Auch pflegen wir eine gute Beziehung zur Mountain View AG, der Austausch und die Zusammenarbeit funktionieren», sagte Präsident Heinz Welten vor den rund 70 Anwesenden und zeigte sich sichtlich glücklich. In den Anfängen des Vereins und bei den ersten Anstrengungen, auch zukünftig den Berg zu erschliessen, habe es unter anderem «durch negative Einflüsse innerhalb des Vereins» gehapert. «Heute sind wir aber auf einem guten Weg.» Ein Rückblick: Die Bergbahnen Destination Gstaad AG hat im Zuge ihrer Unternehmenssanierung den Betrieb der Rellerli-Bergbahn 2019 eingestellt. Die Mountain View AG erwarb daraufhin die Tal- und Bergstation. Die Freunde des Rellerli haben sich zum Ziel gesetzt, eine neue Bergbahn zu realisieren und diese zu betreiben. «Ich möchte es erneut betonen: Die Mountain View AG ist sehr kooperativ. Ihr gehören die Stationen und sie erlauben uns, die Bergbahn in die bestehende Infrastruktur zu integrieren.»
Weniger Verschleiss durch Temporeduktion
Neben den traktandierten Geschäften, die allesamt angenommen wurden (siehe Kasten), interessierte besonders der Fortschritt des Bergbahnprojektes. Raphael Reinle vom Seilbahnbauunternehmen Garaventa AG präsentierte den Freundinnen und Freunden «die leiseste Umlaufbahn der Welt», wie er sagte. Die Zehnergondeln werden nicht sechs Meter pro Sekunde schnell fahren wie die Saanerslochbahn, sondern vier Meter. «Dadurch haben wir weniger Verschleiss beim Material, sie verursacht weniger Lärm und entsprechend ist es nachhaltiger», erklärte Reinle. Die direkte Linienführung ohne Kurve sorge auch für geringere Bau- und Unterhaltskosten. Auf dem Rellerli soll ein naturnaher und sanfter Tourismus stattfinden, weshalb eine Bahn ohne grosse Lärmemissionen ins Konzept passt – und bei den kantonalen und den Bundesämtern auf Zustimmung stösst. «Bisher haben wir durchwegs positive Rückmeldungen erhalten. Der Saaner Gemeinderat hat den Mitwirkungsbericht bestätigt, eine Voranfrage beim Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) läuft. Sobald wir eine Antwort vom AGR erhalten, muss die Gemeindeversammlung über den Zonenplan entscheiden», erläuterte Präsident Heinz Welten. Das Wunschdatum befindet sich in der ersten Jahreshälfte 2023, es sei aber immer eine Frage, wie schnell das AGR Rückmeldung gebe. «Die Freunde fragen periodisch nach.»
Vier Einsprachen hängig
Neben den Behörden zeigten sich auch die Umweltverbände und -organisationen offen gegenüber dem Projekt, das Konzept habe überzeugt, so Welten. Für diese Interessengruppen hat der Verein ebenfalls eine Begehung organisiert. «Die zwei Organisationen, die nicht anwesend waren, haben am Ende auch Einsprachen erhoben», gab der Seilbahnexperte an. Dabei handelt es sich um die Stiftung Landschaftsschutz und Helvetia Nostra. Sie seien nun persönlich mit ihnen in Kontakt, um bilateral eine Lösung zu finden. Der Vorstand ist guten Mutes. «Die Stiftung Landschaftsschutz hat uns mündlich einen Rückzug der Einsprachen versprochen. Bei Helvetia Nostra sind wir noch dran, ein persönliches Treffen zu arrangieren.»
Nun geht es an die Finanzierung
All die Anstrengungen sollen am Ende zu einer Überbauungsordnung führen, denn sie ist die Voraussetzung für eine Plangenehmigungsverfügung, die als Baubewilligung gilt. Und nun ist der Moment gekommen, der bei jedem grossen Projekt eintrifft: die Finanzierung. Laut dem Vorstand wird der Neubau der Bahn 15 Millionen Franken kosten. Sollten die Behörden grünes Licht geben und die Einsprachen baldmöglichst bereinigt werden können, wäre der Baubeginn im Frühling 2024 vorgesehen. Um die neue Bahn und deren Betrieb zu realisieren, braucht der Verein einen Finanzierungsnachweis. Er ist nun auf der Suche nach Finanzierungszusagen von verschiedenen Unterstützern. Ein Mitglied meldete sich zu Wort, dass die Präsentation des Projektes zwar gut, aber die Thematisierung der Finanzierung auf der letzten Folie seiner Meinung nach nicht richtig gewichtet sei. Präsident Heinz Welten antwortete: «Wir waren bisher sehr zurückhaltend. Denn zuerst wollten wir unsere Arbeit machen und konkrete Pläne und Kosten präsentieren, um dann nach Geld zu fragen. Wir haben dies als das bessere Vorgehen empfunden.» Dies sei aber auch nur möglich durch die grosszügige und unentgeltliche Mitarbeit von Externen. «Die Garaventa AG hat das ganze Bahnkonzept erarbeitet, viele Stunden investiert und bis heute noch keine einzige Stunde in Rechnung gestellt. Dafür danken wir ihr von Herzen.»
Die Mountain View AG werde bestimmt auch einen finanziellen Beitrag leisten, doch der Verein verfolge ein anderes Ziel, so das Vorstandsmitglied Paul Wehren: «Wir, die Freunde des Rellerli, wollen im Minimum 51 Prozent der Finanzierung aufbringen, damit wir die Entscheidungsmehrheit haben.» Der Verein wird eine Stiftung mit gemeinnützigem Charakter gründen, welche die Finanzierungsgelder verwalten wird. Ihr wird eine Betriebsgesellschaft unterstehen, die für den Betrieb und Unterhalt der Bergbahn zuständig ist. Wehren bedankte sich bei den Freundinnen und Freunden des Rellerli für ihre bisherige Geduld und fügte an: «Nun kommen wir mit der Finanzierung und bitten Sie alle um Unterstützung. Bedenken Sie aber dabei, wenn wir dieses Projekt finanzieren, entscheiden wir auch, was mit dem Geld geschieht.»
DIE TRAKTANDEN
Rund 70 Anwesende des Vereins Freunde des Rellerli haben allen Traktanden der Generalversammlung grossmehrheitlich zugestimmt. Neben dem Jahresbericht des Präsidenten und dem Protokoll der vergangenen Versammlung haben die Freundinnen und Freunde auch die Jahresrechnung 2021/22 und den Revisorenbericht genehmigt. Das Bilanzergebnis beläuft sich auf rund 33’770 Franken. Der Aufwand der Jahresrechnung beläuft sich auf rund 20’660 Franken bei einem Ertrag von rund 54’430 Franken. «Wir haben im vergangen Jahr Spenden in der Höhe von rund 30’000 Franken erhalten», erklärte Kassier Heinz Hofmann den Anwesenden. Der Vorstand erwarte zudem noch eine Rechnung vom Planungsbüro Ecoptima AG, die noch ausstehe.
Weiter wurde Peter Ryter neu in den Vorstand gewählt, alle bisherigen Mitglieder wurden in ihrem Amt bestätigt. Dominique Reichenbach und Hansjürg Zahnd sind die neuen Revisoren.
Das Traktandum Mitgliederbeiträge erhielt ebenfalls die Zustimmung: Der Betrag bleibt unverändert. Erwachsene bezahlen 50 Franken pro Jahr, Jugendliche ohne geregeltes Einkommen zwischen 20 bis 30 Franken. «Und wer mehr geben kann, gibt ein bisschen mehr», präzisierte der Kassier Heinz Hofmann.
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