Greyerzer Käse muss nicht mehr aus der Schweiz stammen
13.03.2023 NachbarschaftDie Marke Gruyère AOP ist seit 2013 weltweit geschützt. Somit darf man seinen Käse nur Gruyère nennen, wenn er die Standards der Sortenorganisation IPG einhält. Eigentlich, denn für die USA scheint das nicht zu gelten.
NICOLAS ...
Die Marke Gruyère AOP ist seit 2013 weltweit geschützt. Somit darf man seinen Käse nur Gruyère nennen, wenn er die Standards der Sortenorganisation IPG einhält. Eigentlich, denn für die USA scheint das nicht zu gelten.
NICOLAS GEISSBÜHLER
Die Marke Gruyère AOP ist seit 2013 weltweit geschützt. Wer seinen Käse unter diesem Namen verkaufen will, muss sich an die von der Schweizer Sortenorganisation IPG (Interprofessionel du Gruyère) und deren französischem Pendant Syndicat Interprofessionel du Gruyère festgelegten Produktionsregeln halten. Unter anderem muss der Käse in den festgelegten Regionen der Schweiz und Frankreichs hergestellt werden. In den USA wehrte sich ein amerikanischer Milch-Export-Verband dagegen, die IPG ging vor Gericht. 2022 unterlag die IPG in erster Instanz, nun bestätigten die Richter des Berufungsgerichts diesen Entscheid.
USA will Lebensmittel nicht schützen
In der Begründung des Berufungsgerichts heisst es, in den USA gebe es nicht den gleichen Schutz für die Bezeichnung von Lebensmitteln wie in Europa. Weiter argumentiert das Gericht mit Gewohnheit. So steht, dass «Käse, egal wo er hergestellt wurde, in den USA seit Jahrzehnten als Gruyère etikettiert und verkauft wird.» Weiter führen sie an, dass es keine Rolle spiele, ob der Käse im US-Bundesstaat Wisconsin hergestellt oder aus den Niederlanden, Deutschland oder Österreich importiert wurde. Allein diese Aufzählung mag etwas absurd erscheinen, fehlen doch darin die beiden eigentlichen Produktionsländer Schweiz und Frankreich gänzlich.
Die Richter, die offensichtlich keine Gourmets sind, machen die Marke Gruyère so zur Gattungsbezeichnung. Die US-amerikanische Lebensmittelsicherheit FDA legt zwar ihrerseits fest, welche Kriterien ein Käse aufweisen muss, damit er sich Gruyère nennen darf, die Herkunft gehört aber nicht dazu. Dafür muss ein Gruyère in den USA «kleine Löcher» haben und mindestens 90 Tage gereift sein.
Enttäuschung hierzulande gross
Die IPG zeigt sich enttäuscht über das Urteil. «Wir glauben, dass die tatsächliche Situation auf dem US-Markt anders ist als vom Berufungsgericht beschrieben, und wir werden unsere Bemühungen zum Schutz der Zertifizierungsmarke für das Qualitätsprodukt Gruyère AOP in den USA energisch fortsetzen», sagt der Anwalt der IPG in einer Stellungnahme gegenüber AFP.
Auch René Ryser, Geschäftsleiter der Molkerei Gstaad, zeigt sich enttäuscht über das Urteil. Allerdings habe es für die Molkereien im Saanenland kaum Auswirkungen. Diese verkaufen zwar alle Greyerzer Käse, produzieren diesen aber nicht selbst. «Wir werden den Gruyère hier weiterhin wie gehabt verkaufen können, da wird sich nichts ändern. Allerdings ist es bedauernswert, dass die USA unsere Ursprungsregister nicht anerkennen», so Ryser auf Nachfrage. Weit schlimmer wäre für die Molkerei Gstaad, wenn die USA plötzlich auch Berner Alpkäse AOP herstellen würden, dies hält Ryser aber für «glücklicherweise» unwahrscheinlich. «Der Grossbrand im Greyerzer-Käse-Lager betrifft uns da schon direkter», fügt Ryser an. Beim Brand in Vuisternens-en-Ogoz FR vor zwei Wochen wurden 11’000 Laibe Käse zerstört, wie der «Schweizer Bauer» berichtete.
Gemäss IPG wurde der Begriff Gruyère erstmals im 17. Jahrhundert für einen Käse verwendet – lange bevor es die USA als Staat überhaupt gab.
SCHWEIZ ODER FRANKREICH?
Neben dem allbekannten Greyerzer Käse aus der Schweiz wird hier auch immer wieder vom französischen Gruyère gesprochen. Es handelt sich dabei um einen anderen Käse mit demselben Namen aus den Gebieten Savoyen und Franche-Comté. 2013 löste man den Konflikt. Fortan dürfen sich beide Käsesorten Gruyère nennen, haben jedoch andere Anforderungen. So weist der französische Gruyère Löcher auf, während die Schweizer Version lochfrei daherkommt.
Der Name des französischen Käses hat übrigens nichts mit der ehemaligen Grafschaft Greyerz im heutigen Kanton Freiburg zu tun, sondern geht auf die sogenannten «officiers gruyers» zurück. So wurden im 17. Jahrhundert die hohen Forstbeamten in Savoyen genannt, die dort Steuern erhoben.
RTS/NICOLAS GEISSBÜHLER