Kastrieren, chippen und keine fremden Katzen füttern
06.01.2025 SaanenlandAlle Jahre verschenkt der Tierschutzverein Saanenland Kastrationsgutscheine für Katzen. Dadurch soll die Katzenüberpopulation reguliert und das Katzenleid gelindert werden.
KEREM S. MAURER
Schweizweit leben laut Statista, die sich auf Zahlen des Verbands ...
Alle Jahre verschenkt der Tierschutzverein Saanenland Kastrationsgutscheine für Katzen. Dadurch soll die Katzenüberpopulation reguliert und das Katzenleid gelindert werden.
KEREM S. MAURER
Schweizweit leben laut Statista, die sich auf Zahlen des Verbands für Heimtiernahrung bezieht, rund zwei Millionen Katzen. Und je nach Schätzungen sind davon bis zu 300’000 streunende Tiere. Etwa 200’000 junge Kätzchen werden jährlich getötet – weil sie niemand haben will. Viele Katzen sterben auch an Krankheiten, die auf eine Überpopulation zurückzuführen sind.
Laut einem Artikel im «Tagesanzeiger» vom August 2024 töten frei laufende Katzen jährlich rund 30 Millionen Vögel und eine halbe Million Reptilien sowie Amphibien und bilden damit eine Gefahr für die Artenvielfalt. Dennoch tut sich die Schweizer Politik schwer damit, den Jammer mit den Katzen mittels gezielter Massnahmen anzugehen. Ein «nicht näher genannter Volksvertreter» begründete dies im erwähnten Artikel so: «Ich kann mich dazu nicht kritisch äussern, jede zweite Wählerin von mir ist betroffen.» Ein Postulat, das eine Kastrationspflicht für Freigängerkatzen forderte, wurde vom Grossen Rat im März 2021 abgelehnt. Ein neuer Vorstoss auf Bundesebene ist aktuell in Vorbereitung.
Finanzielle Hilfe bei Kastration
Bricht man die eingangs erwähnten Zahlen auf das Saanenland hinunter, kommen auf die rund 10’000 Einwohnenden etwa 2000 Katzen – und zunehmend mehr von ihnen beschäftigen den Tierschutzverein Saanenland. «Wir wurden in letzter Zeit vermehrt mit dem Problem zu grosser Katzenpopulationen konfrontiert», sagt Tierschutzvereinspräsident Rolf Steiner. Rund 90 Prozent der Tätigkeiten seines Vereins sind katzenbezogen. «Katzenüberpopulationen gibt es hierzulande meist auf Bauernhöfen», sagt er und bietet Hand zur Lösung. Der Tierschutzverein Saanenland verteilt Gutscheine für Katzenkastrationen – explizit nur für Bauernhofkatzen und streunende, wild lebende Katzen – im Wert von 70 Franken für Kater und 140 Franken für Kätzinnen. Damit leistet er einen grosszügigen Kostenbeitrag an tierärztliche Kastrationskosten, die sich laut Kobi Zeller, Vizepräsident des Tierschutzvereins Saanenland, auf 80 Franken bei Katern und 198 Franken bei Kätzinnen belaufen. «So helfen wir jährlich bei durchschnittlich 14 bis 20 Kastrationen. Wenn ein Grosseinsatz dazu kommt, können es auch 30 sein», ergänzt Rolf Steiner. Doch nicht nur das: Der Tierschutzerverein Saanenland versucht auch, wild lebende Katzen mit Lebendfallen zu fangen, damit sie kastriert werden.
Massnahmen auch bei uns nötig
Dass Massnahmen gegen Katzenüberpopulationen auch in unserer Region «mehr als nötig sind», erklärt Esther Geisser, Präsidentin und Gründerin von NetAP (Network for Animal Protection), auf Anfrage. Sie sagt: «NetAP hat auch schon im Obersimmental Kastrationseinsätze durchgeführt.» So seien im Simmental, namentlich in Diemtigen, Oberwil und Boltigen, seit dem Jahr 2000 rund 70 Katzen eingefangen und kastriert worden. Bis ins Saanenland hinauf sei der Anfahrtsweg mit über einer Stunde allerdings etwas weit. Zudem hätte NetAP im Saanenland keine Freiwilligen, die für eine solche Aktion, die mehrere Tage dauern kann, bis alle Katzen einer Kolonie kastriert sind, verfügbar seien.
Chip- und Registrierungspflicht
Für Unmut sorge auch die Ungleichbehandlung von Hunde- und Katzenhaltenden, erklärt Rolf Steiner, der selbst Hunde und Katzen hält. Während Hundebesitzer für ihre Tiere Steuern bezahlen, registriert werden und Bussgelder riskieren, sollte der Hund herumstreunen oder -koten, werden Katzenbesitzerinnen in keiner Weise für das Gebaren ihrer Tiere zur Verantwortung gezogen.
Wenn man bedenke, wie schnell sich Katzen vermehrten (siehe dazu Grafik Katzenpyramide), werde schnell klar, dass etwas gegen die Katzenüberpopulation unternommen werden müsse, sind Steiner und Zeller überzeugt und nennen ein in ihren Augen wirkungsvolles Mittel: eine allgemeine Chip- und Registrierungspflicht verbunden mit einer Katzensteuer für Heimkatzen und einer Kastrationspflicht für Freigängerkatzen. Aber: «Wir können dafür keinen Antrag an der Gemeindeversammlung stellen, weil der Tierschutzverein Saanenland gemäss seinen Statuten nicht politisch aktiv werden darf», bedauert Rolf Steiner.
Fremde Katzen füttern kann strafbar sein
Katzen hätten einen Aktionsradius von bis zu drei Kilometern, weiss Kobi Zeller, der selbst auch Katzen hält. Auf ihren Streifzügen kämen sie in Gärten oder Häusern vorbei, wo sie nichts zu suchen hätten. Und oft würden Menschen «Zugelaufene» füttern – und machen sich dabei allenfalls sogar strafbar. Oftmals schlichen sich fremde Katzen durch Katzentörchen in Häuser, wo sie manchmal markieren. «Dabei gibt es Katzentürchen mit Chip-Erkennung, sodass einzig die dort heimische – und gechippte – Katze hineinkann», sagt Kobi und ergänzt, diese Türchen seien halt etwas kostspieliger als die anderen, aber: «Wenn jemand schon eine Katze hat, soll er sich doch die Mühe geben und auf sie schauen!»
KEINE FREMDEN KATZEN FÜTTERN!
Grundsätzlich ist es nicht verboten, fremde Katzen zu füttern, aber es gibt zwei wichtige Ausnahmen:
1. Wer einer Katze verdorbenes Futter gibt, macht sich wegen Tierquälerei strafbar und muss, sollte das Tier ärztliche Hilfe benötigen, mit einer Schadensersatzklage rechnen.
2. Wer eine Katze mit Futter gezielt anlockt, damit sie bleibt und nicht mehr in ihr ursprüngliches Zuhause zurückkehrt, macht sich wegen Sachentziehung (vergleichbar mit Diebstahl) strafbar.
Quelle: SRF