Kleine Reise in eine grosse Vergangenheit

  01.07.2022 Reisen

Nach der unbeliebten Coronapause der letzten Jahre war es wieder so weit: Der Seniorenausflug konnte stattfinden. Der längste Tag des Jahres 2022 war wohl ein idealer Zeitpunkt, um mit den Seniorinnen und Senioren der Kirchgemeinde Saanen-Gsteig auf Reisen zu gehen.

Wir versammelten uns pünktlicher als pünktlich an den verschiedenen Abfahrtsorten. Der schöne Car, gesteuert vom ruhigen Ruedi Neuhaus, war zu klein, um die 58 reisefreudigen Frauen und Männer zu fassen. Es musste «zuehi dicket» werden mit einem gäbigen Bus, gefahren von Marco Kellenberger.

Zügig und sehr gekonnt fuhren unsere Chauffeure durch das nach Regen lechzende Simmental, dann am wunderschönen Thunersee entlang nach Interlaken-Ost.

Das Wetter war uns wohlgesinnt, es war nicht zu heiss und sogar eine kurze und leichte Regendusche auf dem Dampfschiff «Lötschberg» (Baujahr 1914) war überaus willkommen und erfrischend. Auf dem schönen blauen Brienzersee fahrend, entlang des auffallend schönen und urtümlich anmutenden Baumwaldes, sah man schon recht früh unser nächstes Ziel: das Hotel Giessbach. Mit der Drahtseilbahn (erbaut im Jahre 1879) wurden wir elegant und mühelos in die Höhe gebracht. Oben angekommen spürte man die Ruhe und die Kraft des Ortes: die vielen Wasserfälle, der Wald, das Hotel, die ganze Atmosphäre – herrlich!

Auf der mit Storen gedeckten Terrasse wurde uns ein gutes Mittagessen speditiv und elegant serviert und es mundete uns sehr. Mit Essen und «Dorfen» verging die Zeit fast zu rasch. Anschliessend war noch Zeit genug vorhanden, um sich das Hotel der Extraklasse aus der Zeit der Belle Epoque anzusehen oder auch noch auf den schön angelegten Wanderwegen zu wandern, um näher zu den Wasserfällen zu gelangen. Eindrücklich ist auch der Waldbestand mit sehr vielen geraden, langen und schönen Bäumen. Schön gepflegt, aber doch urtümlich und alt.

Um über die Entstehung der ganzen Anlage mehr zu erfahren, muss man recht weit in die Vergangenheit zurückgehen. Mit dem Aufkommen des Fremdenverkehrs bauten vor genau 200 Jahren – anno 1822 – der Brienzer Pfarrer Daniel Wyss und der Brienzer Schulmeister (heute Lehrer genannt) Johannes Kehrli den ersten Weg zum Giessbach. Zehn Jahre später wurde das erste Gasthaus gebaut. Nach mehreren Besitzerwechseln und einer relativ kurzen Planungs- und Bauzeit wurde das neue Hotel im Jahre 1875 eröffnet. Ein Grossbrand anno 1883 zerstörte die zwei oberen Stockwerke, die aber sofort wieder aufgebaut wurden. Die Kundschaft in dieser Zeit bestand vornehmlich aus Fürstlichkeiten – heute würde man möglicherweise Oligarchen sagen – aus Indien, Afrika, Russland und auch Europa.

Seit 1950 steht das ganze Giessbachareal unter Natur- und das Gebäude seit 1983 unter Denkmalschutz. Dank der Initiative von Franz Weber mit der Umweltorganisation Helvetia Nostra und der Stiftung «Giessbach dem Schweizervolk» ging es nach einer erfolgreichen Geldsammlung im ganzen Schweizerland in deren Besitz über.

Auch die Heimfahrt war ein Genuss: Mit dem Auto oder dem Car fährt man selten die rechtsufrige Seite des Brienzersees. Aber an diesem Tag war es ein Genuss, durch die recht engen Dörfer zu fahren und die blumengeschmückten Häuser zu bewundern.

Die restliche Strecke kam uns sehr bekannt vor, da wir sie ja schon am Vormittag befahren hatten. Kurz vor halb sechs kamen wir in Schönried an und wir hoffen, dass auch die Letzten gesund im Gsteig angekommen sind.

Ein rundum beeindruckender Tag ging langsam zu Ende. Den beiden Schreibenden respektive uns allen bleibt nur noch herzlich zu danken. Zuerst unserer Pfarrerin Marianne Kellenberger für die gute Organisation, ihrem lieben Ehemann Marco, der sich als versierter Buschauffeur erwies und dem erfahrenen Carpiloten Ruedi Neuhaus. Beide brachten uns wohlbehalten zurück ins Saanenland. Dann den Betreuerinnen für ihren Einsatz in der Begleitung der Gruppe. Ein grosser Dank geht natürlich auch an alle, die zum guten Gelingen beigetragen haben, besonders die Kirchgemeinde Saanen-Gsteig und der Frauenverein Saanen.

Wie sagt man so schön auf «nüw Saanetütsch»? «Schön isches gsy! See you, es andersch Mal!»
IM NAMEN ALLER: ERNST BACH UND JOHANN REICHENBACH

 


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