Standortentwicklungsstrategie Saanenland startet in die Umsetzung
23.04.2024 SaanenlandWohin soll sich das Saanenland entwickeln? Dieser übergeordneten Frage verschreibt sich die Standortentwicklungsstrategie Saanenland, die nach einer umfassenden Analyse der Region steht. Vergangenen Donnerstagabend ist der Startschuss für die Umsetzung gefallen. Wir haben ...
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Abo AngeboteWohin soll sich das Saanenland entwickeln? Dieser übergeordneten Frage verschreibt sich die Standortentwicklungsstrategie Saanenland, die nach einer umfassenden Analyse der Region steht. Vergangenen Donnerstagabend ist der Startschuss für die Umsetzung gefallen. Wir haben für Sie das Wichtigste zusammengefasst.
JOCELYNE PAGE
Das Saanenland in zehn Jahren: Wie sieht es mit der Wirtschaft, der Gesellschaft, dem Tourismus oder der Umwelt aus? Dieser Frage haben sich die drei Gemeinden mit den verschiedenen Interessengruppen angenommen, um die Zukunft selbstbestimmt an die Hand zu nehmen. Das Ziel: eine gemeinsame Standortentwicklungsstrategie Saanenland (SES). Im Frühling 2023 startete das Projekt, unterstützt durch die externe Expertin Planval AG (siehe AvS vom 3. April 2023). Auch die Bevölkerung erhielt die Möglichkeit, mitzuwirken, dies mittels einer Onlineumfrage.
Vergangenen Donnerstagabend trafen sich alle Akteurinnen und Akteure, die massgebend für die SES sind, um gemeinsam den Startschuss für die Umsetzung zu geben.
Die Standortentwicklungsstrategie Saanenland steht. Was kann man sich darunter vorstellen?
Die Standortentwicklungsstrategie Saanenland bildet das Fundament für eine koordinierte und zielgerichtete Zusammenarbeit in der Region. «Sie definiert, wo in den nächsten fünf beziehungsweise zehn Jahren angesetzt werden muss, damit es im Saanenland allen gut geht. Und sie hält fest, welche Institutionen und Organisationen künftig als Team zusammenarbeiten müssen, um die gesteckten Ziele zu erreichen», schreibt das Projektbüro Planval AG auf Anfrage. Die SES ermögliche es den Bürgerinnen und Bürgern, sich auf eine dynamische und zusammenhaltende Region zu freuen. «Diese Strategie richtet sich aber auch an alle Einwohnerinnen und Einwohner der Region und ist auf ihr Engagement angewiesen, um die Region weiterhin erfolgreich zu gestalten.»
Was wurde in der Strategie definiert?
Die Basis der SES ist eine umfassende Analyse der Region. Das Expertenbüro Planval AG habe eine Auslegeordnung der bestehenden Dokumente gemacht, erklärt Toni von Grünigen, Gemeindepräsident von Saanen, auf Anfrage. Von allen beteiligten Organisationen seien die vorhandenen Unterlagen wie Reglemente, Statuten, Leitbilder, Legislaturziele und Jahresberichte eingesammelt worden, um eine Übersicht zu erstellen. Bei der Analyse seien auch die Rückmeldungen aus der Bürgerumfrage eingeflossen, die massgeblich zur Definition der Herausforderungen und Zielzustände beigetragen hätten. «Vertreter:innen des Gemeinderätlichen Kontaktgremiums Volkswirtschaft sowie der Gemeinden Gsteig und Lauenen haben anschliessend in mehreren Workshops die Strategie erarbeitet. Auch wurde bei der Standortförderung vom Kanton Bern ein Gesuch um finanzielle Unterstützung eingereicht», so von Grünigen.
Am Ende wurden 22 Themen beleuchtet, wie die Planval AG schreibt. «Ist eine Region in all diesen 22 Themen gut unterwegs, entwickelt sie sich nachhaltig: Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt sind in einer guten Balance.» Die SES definiere somit, wo im Saanenland nachgebessert werden müsse, damit diese Balance stimme.
Zwölf Herausforderungen werden in den nächsten fünf Jahren eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Beispiel, wo Handlungsbedarf besteht, ist der knapp verfügbare und bezahlbare Wohnraum für die Bevölkerung. Die SES definiert den erwünschten Zielzustand für alle der identifizierten Herausforderungen. Es gibt spezielle Massnahmenblätter für die zwölf Herausforderungen mit besonderer Beachtung.
Die SES beinhaltet Teams und Captains. Was bedeuten diese Begriffe?
In den Massnahmeblättern sind jeweils Akteur:innen definiert, die sich für das bestimmte Thema beziehungsweise die Herausforderung verantwortlich zeichnen: Es handelt sich dabei um die Teams. Sie müssen dafür sorgen, dass der angestrebte Zustand erreicht wird, wie Planval AG erklärt. Die Teams bewerten auch, ob die bisher eingeleiteten Massnahmen ausreichen und ob die Zusammenarbeit im Team gut genug ist, um das Ziel zu erreichen.
Zudem wurde für jedes Team aus den Organisationen oder Behörden ein Captain bestimmt. Die Aufgabe des Captains ist, dafür zu sorgen, dass sein Team gut zusammenarbeitet. Zudem ist er oder sie verpflichtet, dem Steuerungsgremium – dem erweiterten Gemeinderätlichen Kontaktgremium Volkswirtschaft (GKV+) – periodisch Bericht zu erstatten, ob ihre Teams auf Kurs sind. Der Captain ist Anlaufstelle in der Region zu Fragen rund um die ihm zugeteilte Herausforderung. «Die SES definiert somit nicht nur die gewünschten Ziele, sondern auch, wie die zahlreichen Akteure der Region aus Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung zusammenarbeiten, um diese Ziele zu erreichen», so die Planval AG.
Welchen Handlungsspielraum haben die jeweiligen Akteure und Akteurinnen?
Damit die Ziele der SES erreicht werden, braucht es immer mehrere Akteur:innen, die ihren Beitrag leisten. «Nur gemeinsam – als Team – erreichen sie das gesteckte Ziel», so die Planval AG. Innerhalb dieser Teams gebe es keine formalen Hierarchien. «Vereinfacht gesagt: Im Saanenland kann niemand dem anderen vorschreiben, was er tun oder lassen soll – solange er sich an die Gesetze hält.» Die SES definiere nun für jedes dieser Teams die zu erreichenden Ziele. Die Captains würden dafür sorgen, dass innerhalb der Teams effizient und zielgerichtet zusammengearbeitet werde.
Ein Praxisbeispiel?
Ein Beispiel ist das Thema «Kinderbetreuung» im Bereich Gleichberechtigung und Integration. Die Ziele dieses Themas umfassen die Sicherstellung eines hochwertigen Betreuungsangebots für Familien sowie die Sensibilisierung von Arbeitgebenden für die Relevanz dieses Themas und deren Einsatz für entsprechende Angebote, wie die Planval AG schreibt. «Die verantwortlichen Akteure, das heisst das verantwortliche Team, sind vielfältig und umfassen den Gewerbeverband, den Hotelierverein, das Chinderhuus Ebnit, Schulen und auch die Sozialbehörden der Gemeinden.» Die Wahl der Captains erfolge auf Basis der Nähe zu den betreffenden Akteur:innen und ihrer Rolle, die sie heute schon einnehmen würden. In den meisten Fällen übernehme die definierte Stelle bereits heute die Rolle des Captains – «dies wurde einfach nicht explizit gemacht», so Planval.
Schon heute nehme die Verwaltung der Gemeinde Saanen diese Rolle in vielen Bereichen ein. «Daher fiel die Wahl der Captains auch oft auf die Gemeinde.» Wichtig sei, dass mit der SES keine Parallelstrukturen aufgebaut würden und dass sie sich in der Umsetzung in die bestehenden Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten einfüge.
Manche Ziele haben keine Captains, folgen da noch weitere?
«Korrekt», antwortet die Planval AG. In einem ersten Schritt seien die Captains für die Themen bestimmt worden, auf die zunächst der Fokus gelegt werde. Es sei jedoch vorgesehen, dass weitere Captains für die verbleibenden Themen ernannt würden, um eine umfassende Abdeckung aller für die Region relevanten Bereiche sicherzustellen.
Was dürfen die Bürgerinnen und Bürger nun von der SES erwarten?
Die Entwicklung der Standortentwicklungsstrategie zielt darauf ab, konkrete Massnahmen und Fortschritte in der Region zu ermöglichen. «Wichtig zu erwähnen ist hierbei: Die SES wurde nicht auf der grünen Wiese entwickelt. Sie baut auf bestehenden Massnahmen und Projekten auf», sagt die Planval AG. Von daher befinde sich die SES bereits in der Umsetzung.
Mit der SES dürften die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass ihre Bedürfnisse und Anliegen gehört und berücksichtigt würden und dass die Zusammenarbeit und Koordination innerhalb der Region gestärkt werde, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Darüber hinaus sollten sie auf eine transparente Kommunikation und regelmässige Updates über die Fortschritte der Strategieentwicklung und deren Umsetzung zählen können. «Die Strategie dient letztendlich dazu, eine lebenswerte und nachhaltige Region für alle Einwohner zu schaffen.»
FÜNF FRAGEN AN TONI VON GRÜNIGEN, SAANER GEMEINDEPRÄSIDENT
«Die Umsetzung der Massnahmen ist ein laufender Prozess»
INTERVIEW: JOCELYNE PAGE
Ist der Saaner Gemeinderat zufrieden mit dem Ergebnis der Standortentwicklungsstrategie Saanenland (SES)?
Toni von Grünigen: Der Gemeinderat war erfreut über die zahlreichen Organisationen und Personen, die sich an der Umfrage beteiligt haben. Einmal mehr hat sich dabei bestätigt, dass die wichtigsten Anliegen der bezahlbare Wohnraum und die Gesundheitsversorgung sind. An diesen wird bereits gearbeitet und Massnahmen werden umgesetzt. Zu den meistgenannten Themen gehören aber auch die Bildung, soziale Unterstützung und Solidarität, Beschäftigung und Arbeitsplätze, Freizeit-, Sport- sowie Kulturangebote und Mobilität. Die Resultate wurden ausgewertet und die wichtigsten Handlungsfelder bestimmt. Erfreut nahm der Gemeinderat auch die massgebliche finanzielle Unterstützung durch die Standortförderung vom Kanton Bern zur Kenntnis.
Welche Anspruch haben Sie an die SES?
Das Anliegen des Gemeinderats aber auch der Planval AG war stets, dass es nicht bei einem Papierentwurf bleibt, sondern die Massnahmen auch umgesetzt werden. Die Bevölkerung darf erwarten, dass bereits laufende Projekte mit zusätzlicher Motivation und vor allem besser abgestimmt realisiert und neue Anliegen aufgenommen und umgesetzt werden.
Sind die spezifischen Massnahmen schon definiert oder folgen diese noch?
Die Umsetzung der Massnahmen ist ein laufender Prozess. In vielen Bereichen, zu der die Strategie Ziele definiert, laufen schon mehrere Massnahmen. Daher ist die Realisierung bei einzelnen Themen bereits angelaufen, während sie bei anderen noch entwickelt werden. Vorerst werden die laufenden und dringlichsten Arbeiten erledigt und anschliessend weitere Massnahmen umgesetzt.
Im Dokument ist oftmals die Gemeinde Saanen als Captain definiert. Wie sieht es mit den Gemeinden Gsteig und Lauenen aus?
Die Gemeinden Gsteig und Lauenen sind am Prozess massgeblich beteiligt. Da die Captains zuständig für spezielle Bereiche sind, gibt es diese Stellen oft nur in der grösseren Gemeinde Saanen. Die Mitglieder der Teams, die für die Umsetzung der Massnahmen verantwortlich sind, werden aber aus allen Gemeinden und Organisationen kommen.
Der Startschuss ist gefallen. Was steht nun an?
Bei Projekten, die bereits in der Umsetzung sind, wie zum Beispiel die Förderung von bezahlbarem Wohnraum für Ortsansässige, werden die laufenden Arbeiten strategisch ausgerichtet und auf verschiedene Schultern verteilt weitergeführt. Bei anderen werden die Massnahmen erst noch definiert. Dabei werden die Captains und Verantwortlichen weiterhin durch Mitarbeiter der Firma Planval AG unterstützt.