Schnee, Stahl und Sicherheit – die unsichtbare Arbeit der Pistenpräparation
06.03.2025 SaanenmöserWenn alle schlafen, beginnt ihre Arbeit: Das Pistenteam von Saanenmöser sorgt jede Nacht für präparierte Skipisten. Ein Knochenjob voller Leidenschaft, Herausforderungen und unsichtbarer Gefahren. Wir haben die Fahrer begleitet und einen exklusiven Einblick in ihren Alltag ...
Wenn alle schlafen, beginnt ihre Arbeit: Das Pistenteam von Saanenmöser sorgt jede Nacht für präparierte Skipisten. Ein Knochenjob voller Leidenschaft, Herausforderungen und unsichtbarer Gefahren. Wir haben die Fahrer begleitet und einen exklusiven Einblick in ihren Alltag erhalten.
ELISA OPPERMANN
Während Touristen und Einheimische nach einem Skitag gemütlich in den Chalets oder Restaurants sitzen, beginnt für Stephan Zeller und sein zwölfköpfiges Pistenteam die eigentliche Arbeit. Ihr Ziel ist es, die Pisten in der Nacht so zu präparieren, dass am nächsten Morgen möglichst optimale Bedingungen für die Skifahrer:innen herrschen. Doch der Job ist mehr als nur ein paar Runden mit dem Pistenfahrzeug drehen. Die reguläre Schicht beginnt um 17 Uhr und endet meist gegen 2 Uhr morgens. Doch oft verlängert sich die Arbeit, je nach Wetter und Schneeverhältnissen. «Wir können ja auch nicht zaubern, wir müssen mit den Bedingungen, die wir vorfinden, das Bestmögliche herausholen und manchmal dauert es eben länger», erklärt Zeller. Besonders in der Hochsaison, wenn das Wetter schnell umschlagen kann, ist Flexibilität gefragt. Bei starkem Schneefall wird nicht abends, sondern von 3 Uhr bis 8 Uhr morgens gearbeitet, um die frische Schneedecke optimal zu verdichten. «Viele denken gar nicht darüber nach, was alles nötig ist, damit sie morgens eine perfekte Piste vorfinden», sagt Zeller. Seit neun Jahren ist er im Pistenteam tätig. Schon als Kind war er von den mächtigen Maschinen fasziniert. Heute sitzt er selbst im Führerhaus – und manchmal begleitet ihn sein kleiner Sohn.
Ein Leben für die Pisten
Der Job erfordert nicht nur technisches Geschick, sondern auch körperliche Belastbarkeit und eine hohe Bereitschaft, das eigene Leben nach den Schichten auszurichten. Sechs Tage Arbeit, dann drei Tage frei – das ist der Rhythmus, den alle Fahrer einhalten. Feiertage wie Weihnachten oder Silvester? Für das Team gibt es keine Ausnahme. «Die Familie muss das mittragen», erzählt Zeller, der nebenbei noch einen eigenen Bauernhof führt. «Ohne die Unterstützung meiner Frau wäre das nicht machbar.» Trotz der harten Bedingungen gibt es auch Momente des Staunens. Um 20 Uhr trifft sich das Team zu einem gemeinsamen Abendessen, bevor es wieder hinaus in die Nacht geht. «Die Aussicht auf den Bergen, wenn alles still ist, ist einfach unbeschreiblich», sagt Zeller. «Das wird nie langweilig.» Auch seine Kollegen stimmen ihm zu. Einen klassischen Ausbildungsweg zum Pistenfahrzeugfahrer gibt es nicht. Die meisten lernen den Beruf durch direkte Erfahrung. «Man wächst da rein», sagt Zeller. Wer neu ins Team kommt, bekommt eine intensive Einarbeitung und arbeitet sich Schritt für Schritt vor. Ab der zweiten Saison gibt es einen zusätzlichen Theoriekurs, der sich besonders mit Sicherheitsmassnahmen und Erste Hilfe befasst – vor allem im Umgang mit den gefährlichen Seilwinden.
Seilwinden – die unterschätzte Gefahr
Die grösste Gefahr auf der Piste lauert nicht im Schnee selbst, sondern in der Technik, die ihn bearbeitet. Besonders die Seilwinden, die auf steilen Hängen eingesetzt werden, bergen ein hohes Risiko – vor allem für Unbefugte, die sich nach Pistenschluss noch auf den Abfahrten befinden. «Es gibt über 100 Ankerpunkte zwischen Schönried und Zweisimmen, an denen wir die Winden befestigen können», erklärt Zeller. Ein Pistenfahrzeug kann mit einem bis zu 1400 Meter langem Stahlseil gesichert werden. Dieses Seil wird je nach Bedarf gespannt und kann sich tief in den Schnee eingraben – und dann plötzlich mit hoher Geschwindigkeit ausschlagen. «Viele denken, wenn sie die Pistenmaschine sehen, sehen sie auch das Seil. Aber das ist ein Trugschluss», warnt Zeller. Das Seil kann Hunderte Meter entfernt gespannt sein und ist oft unsichtbar. «Wenn sich ein Nachtschwärmer entscheidet, noch schnell ins Tal zu fahren, kann das tödlich enden.» Er selbst hatte zum Glück noch nie eine brenzlige Situation mit Menschen oder Tieren, doch das Risiko ist allgegenwärtig. Erst letzte Woche verlor er bei Neuschnee die Kontrolle über sein Pistenfahrzeug und rutschte den Hang hinunter. «Da wird einem kurz anders», gibt er lachend zu. «Aber zum Glück ist nichts passiert.»
Hightech im Schnee – Präzision dank Satelliten
Moderne Technik erleichtert die Arbeit des Pistenteams enorm. Die Maschinen sind mit einem Schneehöhenmesssystem «Snowsat» ausgestattet, das genau anzeigt, wo auf der Piste wie viel Schnee liegt. «Wir sehen auf dem Display, wo wir Schnee hinbringen müssen und wo wir ihn abtragen können», erklärt Zeller. Manchmal wird sogar die Seilwinde genutzt, um Schnee im flachen Gelände zu verschieben. Ein Beispiel ist die Strecke von der Talstation Saanenmöser zur Mittelstation. «Wir müssen immer effizient mit dem Schnee umgehen«, sagt Zeller. Auch der Klimawandel macht sich bemerkbar. «Ohne künstliche Beschneiung wäre es oft nicht möglich, eine perfekte Piste zu haben.» Deshalb setzt das Team grosse Hoffnungen auf den geplanten Bau des Speichersees auf dem Hornberg, der die Wasserversorgung für die Schneekanonen sichern soll.
Müll auf den Pisten – ein besorgniserregender Trend
Neben den natürlichen Herausforderungen gibt es ein Problem, das sich in den letzten Jahren verstärkt hat: Müll auf der Piste. «Ich sammle jeden Tag mindestens zwei PET-Flaschen ein», sagt Zeller. Woher dieser plötzliche Anstieg kommt, kann er sich nicht erklären. «Es ist schon frustrierend. Wir tun unser Bestes, um die Pisten perfekt und sicher zu halten, und dann sieht man überall Müll.» Er hofft, dass die Skigäste künftig wieder mehr Verantwortung für ihre Umgebung übernehmen.