Im Kursaal Interlaken durften am Samstag 91 Maturandinnen und Maturanden ihre Ausweise entgegennehmen. Aus der Region Saanenland-Obersimmental waren es 17 junge Leute, die den vierjährigen gymnasialen Lehrgang erfolgreich abschlossen, drei davon sogar mit Auszeichnung.
LOTTE BRENNER
Die Bestnote 5,7 wurde von Sina Hefti aus Schönried und Flavio Jungen aus Spiez erreicht. Weitere Auszeichnungen gingen an zwei Absolventinnen aus der Abteilung Gstaad: Alina Schwander, Lenk, mit der Note 5,5, und Gina Lanz, Saanenmöser, mit der Note 5,4. Insgesamt wurden neun Leistungen ausgezeichnet.
Schicksalshafte Regieänderung
Es ist doch immer wieder eine sehr festliche Angelegenheit, zu welcher die Angehörigen von weit her anreisen und Freude und Stolz mittragen – der Verantwortung voll bewusst, die die austretenden Gymnasiastinnen und Gymnasiasten nun übernehmen und mit dem Maturitätszeugnis im Sack ihre Zukunft gestalten werden. Die Feier wird von der Schulleitung denn auch immer minutiös vorbereitet. Und dies heuer schon zum 60. Mal.
Doch diesmal mussten es sich die zahlreich angereisten Gäste und Angehörigen zum Teil mühsam verdienen. Für viele endete die Reise in Spiez, von wo aus Interlaken mehrere Stunden lang weder auf dem Schienenweg noch über die Strasse erreichbar war. Zwischen Spiez und Interlaken war ein Baum auf die Geleise gestürzt und auf der A8 in Därligen ereignete sich ein frontaler Zusammenstoss – ein Unfall mit Verletzten (siehe Bericht in dieser Zeitung). Somit blieben beide Verkehrswege den ganzen Nachmittag blockiert.
So wurde die Anreise zum Teil per Schiff bewältigt, andere wiederum unternahmen mit ihren Privatautos weiträumige Umwege über Sigriswil, um die von Thun her chronisch verstopfte Strasse zu umgehen und Interlaken von der andern Thunerseeseite anzupeilen…
Obschon der Anlass um fast eine Stunde verschoben wurde, trafen etliche mit Verspätung ein – aber sie kamen. Ein solch positiver Lebensabschnitt muss gefeiert werden!
«Matura» steht für Reife
Eine Matura ist eine Reifeprüfung. Und zur Reife gehört vieles: Eigenständigkeit, Verantwortung, klare Wahrnehmung, Entscheidungsfähigkeit, Unabhängigkeit, Urteilsfähigkeit – alles, was ein lebensbejahender, freier Mensch haben sollte.
Dies kam bereits in einer Tanzdarbietung als Auftakt zum Ausdruck: zu Beginn mit strengem Blick und im Buisnessanzug, danach vom Kittel befreit, in immer anmutigeren, graziöseren Bewegungen – bis hin zu einer geschmeidigen Leichtigkeit.
Das Hinter-sich-Lassen, der Aufbruch ins Neue, kam auch in verschiedenen Klassendarbietungen sowie den kurzen Grussworten und Glückwünschen des Schulkommissionspräsidenten Matthias Streich und der Rektorin Andrea Iseli zum Ausdruck und wurde schliesslich durch die Übergabe der Maturitätsausweise durch den Prüfungsleiter Christoph Däpp feierlich besiegelt.
Herausforderungen annehmen
Nationalrätin Ursula Zybach, die selber vor 38 Jahren im Gymnasium Interlaken ihre Maturitätsprüfung abgelegt hatte, hielt nun 2025 die Festrede. Doch bevor sie ihr Wort an die strahlenden Gesichter richtete, ermunterte sie die eine Person, welche die Matura leider nicht schaffte: «Eine nicht bestandene Prüfung ist kein Weltuntergang.» Und aus eigener Erfahrung gab sie preis: «Es ist anspruchsvoll, einen Misserfolg zu verarbeiten und sich mit neuer Energie nochmals dahinter zu setzen. Doch das Bestehen im zweiten Anlauf ist dafür umso schöner und hat mich stärker gemacht – genau das wünsche ich Ihnen.»
Trotz der gegenwärtig politisch und wirtschaftlich instabilen Welt, in einer Zeit des Umbruchs, in der sicher geglaubte Werte und Systeme ins Wanken geraten, ermahnte Zybach zum Aufbruch: «Diese unübersichtliche Welt verlangt mehr denn je nach jungen Menschen, die Verantwortung übernehmen, zur Ordnung und Stabilität beitragen, vorausschauend sind, Visionen haben und Perspektiven schaffen. Und die ihre eigene Zukunft und diejenige ihrer Freunde und Familien aktiv und reichhaltig gestalten.» Um nur einige der ins Wanken geratenen Werte aufzuzeigen, nannte Zybach das Verwischen von Grenzen zwischen Fakten und Behauptungen, die Abnahme des solidarischen Gemeinsinns, Rechtsgleichheit unter den Menschen… «Neue Führungsfiguren, welche die Macht des Stärkeren zelebrieren, geniessen zunehmende Popularität und schwächen demokratische Werte und bewährte Institutionen.»
Deshalb richtete sie zwei Wünsche an die Maturandinnen und Maturanden: «Mischt euch in die Politik ein, engagiert euch aktiv, in welcher Partei ihr auch immer politisiert, damit sich unser Land weiter entwickeln und das Wohl der Schwachen verbessert werden kann, so dass wir auch in Zukunft eine starke Willensnation bleiben.» Der zweite Wunsch: «Schafft für euch selber eine gute Lebensbalance», was auch bedeutet, ein gutes Mass zwischen bezahlter und Freiwilligenarbeit zu finden.
Ursula Zybach rief auf, sich zu Problemlöserinnen und Problemlösern des 21. Jahrhunderts zu entwickeln. Herausforderungen habe es genug.
Neue Dimension der Freiheit
«In unserer Gesellschaft stehen die beiden Aspekte Freiheit und Verantwortung oft nicht im Einklang zueinander», stellte Zybach fest und forderte deshalb auf: «Lebt eure Freiheit in Verantwortlichkeit! Ihr seid Vorbilder. Nehmt diese Verantwortung umsichtig wahr und motiviert andere Menschen, dies auch zu tun.» Schliesslich gab die Politikerin Zybach zu bedenken, dass der Bund im Bereich Bildung, Forschung und Innovation Einsparungen von mehr als 460 Millionen Franken vorsehe. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen würden versuchen, diese massiven Kürzungen zu verhindern. Denn: «Gut ausgebildete Menschen sind eine Voraussetzung, um den Wohlstand und die Sicherheit der Schweiz zu sichern.» Sowohl die Berufs- und Weiterbildung als auch die Hochschulbildung seien dabei von grösster Bedeutung. Und damit sowie den besten Wünschen bei den nächsten Schritten innerhalb wie ausserhalb der akademischen Laufbahn, verabschiedete sich Zybach – nicht ohne den begleitenden Wunsch, dass die Freude am Lernen ein Leben lang erhalten bleibe.
MATURAND:INNEN DER GSTA ADER KLASSE 25S
Brand Melinda, Zweisimmen
Bürki Elin, Schönried
Champlong Eugénie, Gsteig
Dreier Ronja, Weissenburg
Greber Nora, Zweisimmen
Hauswirth Alina, Zweisimmen
Kurzen Maeva, St. Stephan
Lanz Gina, Saanenmöser
Mathis Danja, St. Stephan
Matti Milena, Schönried
Mazzara Amira, Gstaad
Reuteler Sinja, Grund
Schmid Maria, Saanen
Schwander Alina, Lenk
von Siebenthal Livio, Saanen
Zeller Tanja, Oberwil