Vierter Mösner Stammtisch zum Thema «Funi»
03.10.2025 SaanenmöserDie Dorforganisation Saanenmöser lud zum vierten Mal zum Stammtisch ein, für einmal ins Restaurant Hornfluh auf dem Hornberg. Der Abend stand ganz im Zeichen der Funis im Saanenland. Rund 35 Einheimische und Gäste interessierten sich für die Geschichten dieser ...
Die Dorforganisation Saanenmöser lud zum vierten Mal zum Stammtisch ein, für einmal ins Restaurant Hornfluh auf dem Hornberg. Der Abend stand ganz im Zeichen der Funis im Saanenland. Rund 35 Einheimische und Gäste interessierten sich für die Geschichten dieser ältesten Transportmittel von Wintersportlern ins Skigebiet. Ruth Annen-Burri, die Grosstochter des Erfinders dieses Transportmittels, und Roger Rieker, ein Enthusiast der Seilbahntechnologie in der Vergangenheit, wussten viel Spannendes zu erzählen.
VRENI MÜLLENER
Der Landwirt und Zimmermann Arnold Annen aus Lauenen gilt als Pionier in Sachen Touristentransport auf Schlitten, die von einer elektrisch angetriebenen Seilwinde gezogen wurden. Zusammen mit Oswald von Siebenthal, Gstaad, gründete er Funi Gstaad, eine Gesellschaft zum Betrieb und Verkauf von Schlitten-Seilbahnen und suchte Investoren für seine Erfindung. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg wurden die ersten solchen Aufzüge in Betrieb genommen. Arnold Annens Enkelin Ruth Annen ging der Entstehung der Funis im Saanenland nach und sammelte verschiedene Dokumente und Bilder, die sie in ihrem Buch «Funigeschichten» veröffentlichte.
Alte Erinnerungen aufgefrischt
Der erste Funi führte vom Lochstafel hinauf auf den Hornberg, ganz zuerst mit nur einem Schlitten und mit einem Verbrennermotor. Als das Benzin rationiert wurde, wurde auf Elektrizität umgestellt. Mittels eines Raupenfahrbusses, dem bei Bedarf unter die vorderen Räder Holzkufen gelegt wurden, konnten die Gäste vom Bahnhof an die Talstation gebracht werden. Als dann der Skilift Lochstafel erstellt wurde, diente die Anlage noch am Hühnerspiel. 1938 wurde der legendäre Funi Saanenmöser über zwei Sektionen in Betrieb genommen, der bis 1986 dem Skitourismus diente. An die Warteschlangen und den Betrieb dieses Aufzugs erinnerten sich viele der Anwesenden. Nach dem Motto: «Weisch no…» ergab sich bald einmal ein reger Austausch von Erinnerungen und Episoden. Roger Rieker ergänzte diese Erzählungen mit seinem Wissen über Funis, die in verschiedenen Skigebieten der Schweiz entstanden. Insgesamt waren über 20 solche Anlagen in Betrieb. Wie an einem echten Stammtisch kamen Themen wie der Wandel der Billettkontrolle, die Entwicklung der Pistenpräparation und die schon damals prekäre Parkplatzsituation (die Autos parkierten längs der Hauptstrasse) zur Diskussion (siehe auch Interview Seite 5).
Bis ins Verkehrshaus Luzern
Im Rahmen des Abends wurde eine kleine Ausstellung zu diesem Thema errichtet. Dort zeigten verschiedene Bilder, wie der Schlitten Nr. 2 des letzten Funis ins Verkehrshaus gezügelt wurde, wo er heute als Zeuge einer kurzen Epoche für die Entwicklung des Skitourismus steht.
Stolz zeigte Roger Rieker das neue Modell eines Schlittens, im Massstab 1:10. Da keine Pläne mehr existierten, wurde der Schlitten Nr.1, der noch auf der Terrasse des Hotel-Restaurants Hornfluh steht, haargenau ausgemessen, damit er bis ins Detail nachgebaut werden konnte. Nachdem Vorstandsmitglied Daniela Kübli den offiziellen Teil beendet hatte, nahmen viele die Gelegenheit wahr, die ausgestellten Zeitdokumente zu betrachten und weitere «Müsterli» auszutauschen.
WAS IST EIN FUNI?
Ein Funi war in den
Dreissigerjahren eine neuartige Schlittenseilbahn, zum Personentransport auf Schnee. Er eignete sich besonders zur Erschliessung von Übungshängen und Skiabfahrten. Das Betriebsprinzip war ähnlich dem von Standseilbahnen. Einem bergwärts fahrenden Schlitten stand ein sich talwärts bewegender gegenüber. Das Trassee wurde durch die lenkbaren Schlitten selbst gemacht, und man konnte mit Kurven einem Hindernis ausweichen. Der elektrische Antrieb erfolgte durch eine spezielle mechanische Triebanlage (System Annen), das sich in der Praxis in jeder Hinsicht bewährte.
VM
Quelle: Funigeschichten, Ruth Annen
Anekdoten rund um den Funibetrieb
Aus Jux luden die Arbeiter in der Talstation das Fahrrad eines Arbeitskollegen auf den Schlitten, dieser erschrak nicht und schickte als Antwort das Bett aus der Mittelstation hinunter… Hoffentlich fanden am Abend beide den richtigen Weg nach Hause, ob mit Fahrrad oder zum Übernachten in die Mittelstation.
Der Götti von Ruth Annen verweigerte Arnold Annen jede finanzielle Unterstützung mit der Aussage, dass Sport sowieso keine Zukunft habe.
Die ersten Anlagen fuhren noch ohne Telefonkontakt. Mittels eines Stocks wurden am Seil Schlagzeichen gegeben, damit der Maschinist wusste, wann er den Schlitten in Bewegung setzen konnte.
Es bestanden auch private Abmachungen. So wurde zum Beispiel eine Holzlatte in den Schnee gesteckt, zuerst ein wenig zurückgefahren, damit diese umfiel und der Schlittenführer oben merkte, dass er auf den leeren Schlitten aufsteigen sollte. Dies funktionierte nach dem Znünikaffee nicht immer reibungslos, sodass in das Feuerhorn auf dem beladenen Schlitten geblasen und so der Fehlbare an seine Pflicht erinnert werden musste.
Als einmal am Funi in der Rütti das Seil riss, war der Schlittenführer der Erste, der den Schlitten verliess. In der Angst um seine wahrscheinlich mehrheitlich französisch sprechende Kundschaft, schrie er aus voller Kehle immer wieder «Sauter! Sauter!»
Nicht selten übernachteten die Angestellten in der Mittelstation. So verbrachte Christian Brand aus Lauenen mit seiner Familie die Wintermonate dort. Sein grosses technisches Wissen war äusserst wertvoll für einen reibungslosen Betrieb der Anlage. Als er später einmal als Gast mit seiner Familie unterwegs war, wurde er im Maschinenraum um Rat gefragt. Kurzerhand legte er sich ins Zeug, um zu helfen. Anschliessend sagte seine Frau zu ihm: «Ich habe dir schon am Morgen gesagt, dass du besser nicht ein weisses Hemd anziehen solltest.»