Wenn aus Club Familie wird

  13.09.2022 Saanenland

Im Skiclub Weyermatte sind praktisch alle Mitglieder irgendwie miteinander verwandt, man ist im wahrsten Sinne des Wortes eine einzige grosse Familie. Das ist sicher hilfreich, wenn es ums Renovieren geht, aber nicht bei der Suche nach neuen Mitgliedern.

KEREM S. MAURER
Es war ein heisser Sommertag Mitte Juni in diesem Jahr. Zahlreiche Mitglieder des Skiclubs Weyermatt Bern haben sich in der Oeschseite eingefunden, um Renovierungsarbeiten im und am Clubhaus vorzunehmen. Clubpräsidentin Gabriela Wüthrich steht vor dem Haus und zeigt auf drei wunderschöne hochgewachsene Lärchen. «Als diese Bäume gepflanzt wurden, war ich zehn Jahre alt», sagt sie mit leiser Wehmut in der Stimme. Das sei jetzt fast vierzig Jahre her. «Nun werden diese Bäume einfach gefällt.» Der Grund ist simpel: Durch eine neue Strassenführung werden einige Bahnübergänge der MOB aufgehoben und müssen so nicht den modernen Anforderungen angepasst werden. Künftig soll die Strasse zwischen Bahnlinie und Clubhaus durchführen. Dann sind die altehrwürdigen Bäume im Weg. «Dafür kriegen wir neue Parkplätze, das ist spätestens dann wichtig, wenn man nur noch auf registrierten Parkplätzen parkieren darf», sagt ein anderes Clubmitglied verständnisvoll.

In Fronarbeit errichtet
Ein älterer Mann, Bendicht (Bänz) Rüfenacht, erzählt, wie sie vor rund 50 Jahren, als das Clubhaus gebaut wurde, den Graben für die Kläranlage ausgehoben hatten. Allein für diesen Graben hätten sie einen Menzi Muck gehabt, alles andere – insbesondere den Aushub für den Keller – hätten sie von Hand geschaufelt und gepickelt. Das ganze Clubhaus wurde von den Mitgliedern des SC Weyermatt selbst und in Fronarbeit errichtet, erklärt Rüfenacht, der jeden Stein des Hauses und jeden Balken mit Vornamen kennt. Eineinhalb Jahre habe es bis zur Aufrichte gedauert, danach sei der Innenausbau an der Reihe gewesen. Bänz Rüfenacht ist übrigens der Onkel der Clubpräsidentin.

An diesem heissen Tag im Frühsommer wuselten viele Mitglieder geschäftig auf dem Areal herum und gingen immer wieder hinunter in den Keller. Jedes Mal mussten sie an einer jungen Frau vorbei, die mit dem Pinsel in der Hand die Wand im Treppenhaus neu strich. «Ich sollte von jedem, der mich bei der Arbeit stört ein Geldstück verlangen», sagte sie und witzelte, dass sie so bis zum Abend bestimmt genug Geld für ausreichend Bier zusammen bekäme. Die Präsidentin lacht. «So ist sie, meine Tochter.» Die Tochter heisst Melanie und verbringt seit sie ein Baby war die Skiferien in diesem Clubhaus. Auch Melanies Lebenspartner Jürg war an diesem Tag mit dabei und werkelte am oder im Haus herum. Sind hier eigentlich alle miteinander verwandt? «Ja, fast alle», sagt Gabriela Wüthrich lachend und beginnt, die verwandtschaftlichen Banden der Anwesenden zu erklären. Melanie, die mittlerweile die dritte Generation repräsentiert, will an dieser Familientradition festhalten und einmal ihren Kindern hier Ferien ermöglichen. Vorausgesetzt sie wollen das und sind bereit, eines Tages selber Hand anzulegen, um für den Unterhalt der Hütte zu sorgen.

Eine Hütte für den Après-Ski
Der Skiclub Weyermatt Bern wurde 1957 als Skiclub Zwei/Drü in der Lorraine gegründet. Damals mietete der Club unweit des heutigen Hüttenstandortes von einem Bauern in der Weyermatte eine Sennhütte, weil man nach dem Skifahren nicht mehr nach Bern fahren, sondern an Ort und Stelle den Après-Ski pflegen wollte. Zehn Jahre ging das so, dann konnte oder wollte besagter Bauer nicht mehr an die Berner vermieten. Zudem befanden die Mitglieder, dass es an der Zeit wäre, ein eigenes Clubhaus zu bauen. «Einen eigentlichen Baumeister hatten wir nicht», erinnert sich Bänz Rüfenacht. Aber unter den Mitgliedern gab es viele Handwerker wie Elektriker, Schlosser, Schreiner und einen Architekten. Bänz Wüthrich war ursprünglich beim Skiclub Kiental und wechselte seines Bruders wegen in den Berner Club.

Eine grosse Familie
Am Bau der Clubhütte waren nicht nur Männer beteiligt, auch viele Frauen haben mitgeholfen. Man lernte sich kennen, verliebte sich und heiratete untereinander. So kam es, dass heute praktisch alle Mitglieder des Skiclubs Weyermatte irgendwie miteinander verwandt sind. Doch diese Tatsache hat nicht nur Vorteile. «Auch wir haben Schwierigkeiten, Nachwuchs für unseren Club zu finden», sagt ein weiteres Mitglied und gibt zu bedenken, dass es für Aussenstehende daher relativ schwierig sei, in den Skiclub Weyermatt hineinzukommen und sich zu integrieren. Doch dies sei möglich und man müsse keine Angst haben, schliesslich seien die Mitglieder vom Skiclub Weyermatt sehr umgängliche und liebe Leute. Aber auch innerhalb der Familie gebe es mitunter Reibungspunkte. Vor allem, wenn verschiedene Generationen zusammen Ferien machen und man sich auf eine Musikrichtung einigen müsse.

Mittlerweile hatten die arbeitenden Clubmitglieder Pause und suchten sich mit einem Bier in der Hand unter den Lärchen einen Schattenplatz. Nicht nur die Lärchen sollen gefällt werden, auch die drei Meter hohe Fichtenhecke muss dem geplanten Strassenbau weichen. Die Welt ist im Wandel, die einzige Konstante ist die Veränderung. Die Mitglieder werden philosophisch – und politisch. Einer regt sich über die geplanten Umbauarbeiten auf, spricht gar von «stiller Erpressung», andere finden es «nur halb so schlimm». Die Diskussion ist lanciert und die Clubmitglieder tun, was sie in ihrer Clubhütte am liebsten tun: Zusammensitzen und das Geschehen der Welt diskutieren.


FERIENHEIME IM SAANENLAND

Rund 20 Ferienheime stehen mitunter an bester oder schönster Lage im Saanenland. Viele von ihnen sind im Besitz von auswärtigen Schulen oder Vereinen, andere sind seit Generationen im Besitz einheimischer Familien. Die meisten dieser Häuser wurden ursprünglich als Gruppenunterkünfte gebaut, andere dienten jedoch erst landwirtschaftlichen Zwecken, bevor sie in Herbergen umfunktioniert wurden. So unterschiedlich ihre Geschichten auch sind, eines haben sie gemeinsam: Wer einmal in einem Ferienlager im Saanenland gute Zeiten erlebt hat, kommt irgendwann wieder hierhin zurück. So sind Ferienheime mehr als nur Herbergen, sie sind Lebensschulen, Erinnerungsstätten und manchmal auch Sehnsuchtsorte. In loser Folge porträtieren wir einige von ihnen.

KEREM MAURER


CLUBHAUS SC WEYERMATT BERN

Total 30 Schlafplätze

2-mal zehn Betten als Doppelstöckiges Massenlager
2-mal zwei Betten 1-mal sechs Betten

Die Küche bietet sieben Kochplatten, einen Backofen, Kühlschrank und eine Delizio Kaffeemaschine.

Ein gedeckter Aussensitzplatz mit Pergola und 16 Sitzplätzen lädt zu langen, gemütlichen Abenden ein.

Das Haus steht Schulen und Gruppen, sowie Privaten, die es mieten wollen, ganzjährig offen.


1 Chalet Saanenwald, Hornbergstrasse, 3777 Saanenmöser
2 Tubegrabe-Stafel, Turbachstrasse 159, 3781 Turbach
3 Ferienlager Eggli, Oeyetliweg 26, 3792 Saanen
4 Gässlihof, Gässli 23, 3784 Feutersoey
5 Ferienheim Länggass, Simneweg 4, 3777 Saanenmöser
6 Ferienheim Region Fraubrunnen, Erliweg 5, 3778 Schönried
7 Clubhaus Rüeblihorn, Lätzgüetliweg 7, 3777 Saanenmöserr
8 Bümplizerhuus, Hornbergstrasse 25, 3777 Saanenmöser
9 Ferienheim Buebebärg, Hubelstrasse 83, 3778 Schönried
10 Clubhaus Spitz, Skiclub Weyermatt, Alte Saanenmöserstrasse 2, 3776 Oeschseite
11 Solothurner Ferienheim, Bergmatteweg 21, 3777 Saanenmöser
12 Ferienlager Gemeinde Lauenen, Kirchstrasse 21, 3780 Lauenen
13 Lovell Mountain Lodge, Hubelstrasse 88, 3778 Schönried
14 Münsinger Ferienheim, Zügelweg 4, 3777 Saanenmöser
15 Pfadfinderheim Kuonolf, Waldmatte 95, Schönried
16 Sport Lodge (Sportzentrum Gstaad AG), Sportzentrumstrasse 5, 3780 Gstaad
17 Ferienheim Heitimatte, Campingstrasse 10, 3785 Gsteig


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