Wintersaison 2022/23: Bedeutet wenig Schnee auch ausbleibende Gäste?
31.03.2023 DestinationDie Gipfel im Saanenland werden langsam immer grüner, Schneeglöckchen und Krokusse spriessen, erste Schmetterlinge zeigen sich – kurz gesagt neigt sich der Winter langsam dem Ende zu. Zeit also, um zurückzublicken: Gemäss dem Klimabulletin von Meteo Schweiz war ...
Die Gipfel im Saanenland werden langsam immer grüner, Schneeglöckchen und Krokusse spriessen, erste Schmetterlinge zeigen sich – kurz gesagt neigt sich der Winter langsam dem Ende zu. Zeit also, um zurückzublicken: Gemäss dem Klimabulletin von Meteo Schweiz war dieser Winter von sehr wenig Niederschlag und milden Temperaturen geprägt. Nach den ersten Schneefällen anfangs Dezember folgte ab Mitte Dezember eine lange sehr milde Periode, die bis Mitte Januar anhielt – und so genau den Zeitraum der Feiertags-Hochsaison abdeckte. Nachdem die Abkühlung Ende Januar dann kam, präsentierte sich der Februar wieder frühlingshaft warm und äusserst niederschlagsarm – dafür auch sehr sonnig. Wir haben bei den Tourismuschefs nachgefragt, welche Auswirkungen diese extremen Wetterverhältnisse auf den Tourismus hatten.
Gesteigerter Umsatz im Tourismus
Gstaad-Saanenland Tourismus (GST) liess in einer Pressemitteilung verlauten, dass sowohl Hotels, Restaurants wie auch die Bergbahnen zufrieden mit der Saison sind. Sie sprechen darin von einer Umsatzsteigerung der Hotels um zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr, bei den Restaurants sollen es gar vierzehn Prozent sein (diese Zahlen liegen einer Umfrage der Universität Bern zugrunde). Flurin Riedi, Tourismusdirektor freut sich über dieses Ergebnis und sieht damit die Positionierung der Region als «Genussdestination» bestätigt. Ausserdem hebt er die vielfältigen Möglichkeiten beim Skifahren hervor, betont auch die Wichtigkeit im Non-Ski-Bereich: «Wir waren und sind für den Winter gut aufgestellt.»
Diesen Winter seien zudem wieder mehr Gäste aus dem Ausland angereist, die in den vorhergehenden Jahren pandemiebedingt noch ausblieben. Dennoch hätten auch in dieser Saison mit 63 Prozent die Schweizer Gäste den grössten Anteil ausgemacht.
GST betont auch das nationale Projekt «Deux im Schnee», bei dem sie eine Kernfunktion einnehmen. Durch dieses alleine hätten knapp 380 Kinder ihren Weg ins Saanenland gefunden (wir haben berichtet, siehe Anzeiger von Saanen vom 17.2.2023). Im Gesamten seien es über 2000 Kinder gewesen, die diesen Winter ein Schneesportlager im Saanenland erleben durften.
Stabile Logiernächte in der Hotellerie
Christof Huber, Präsident des Hoteliervereins Gstaad-Saanenland und Direktor des Hotels Gstaaderhof, sagt auf Anfrage, dass die Wintersaison «für alle sehr erfreulich» verlief. «Die Logiernächte waren gegenüber dem Vorjahr stabil, der Umsatz konnte gar gesteigert werden», fügt er an, relativiert aber auch: Die Kosten für Energie, Waren und Personal seien massiv gestiegen und die Umsatzsteigerung sei teils auch auf die damit verbundenen höheren Preise zurückzuführen.
Den Schneemangel sah Huber nicht als Hindernis, die Gäste hätten trotzdem rege Hotelübernachtungen gebucht. Ein Mitgrund sieht er dafür auch beim unermüdlichen Einsatz der Mitarbeiter der Bergbahnen: «Die Pisten–, Loipen– und Winterwanderwegverhältnisse waren – dank des super Einsatzes der BDG und des GST – meist sehr gut», sagt er. Allerdings sieht auch er Gefahren für zukünftige Winter: «Der Schneemangel hat vor allem eine psychologische Komponente und kann das Buchungsverhalten der nächsten Jahre negativ beeinflussen.» Um dem entgegen zu wirken, appelliert er an die Destination, dem mit geschickten Marketingmassnahmen entgegen zu wirken. «Ausserdem müssen die Angebote entsprechend ausgerichtet und angepasst werden und wir uns so für warme Winter in der Zukunft wappnen», fügt er an. Er sieht den Tourismus im Saanenland aber nicht direkt bedroht, da hier auch immer etliche Touristen Ferien machen würden, die nicht Ski fahren.
Gedrängte Saison bei den Skischulen
Auch die Skischulen der Destination zeichnen ein durchaus positives Bild. So sagt Michael Zimmermann, Skischulleiter der Skischule Gstaad, dass sie einen «zufriedenstellenden, soliden» Winter hatten. Wetterbedingt hätten sie vielleicht etwas weniger Gäste gehabt, die abschliessende Bilanz sei noch nicht gemacht. Auch Fabrice Thormann, Skischulleiter von Snowsports Saanenland schliesst sich dem an: «Es war eine gute Saison mit abwechslungsreichem Wetter. Das machte jeden Abschnitt auf andere Art und Weise herausfordernd, wir konnten aber alles gut meistern. Auch aufgrund der professionellen Arbeiten der BDG, die uns einen anständigen Saisonstart ermöglicht haben», sagt er auf Nachfrage. Thormann, der seine erste Saison als Skischulleiter hinter sich gebracht hat, gibt sich vor allem auch mit der Stimmung und den Schnittstellen innerhalb der Schule zufrieden: «Wir sind ein eingespieltes Team, sowohl unsere Büromitarbeiter als auch unsere Skilerhrer:innen: Alle ziehen am gleichen Strang und das spürt man. Auch die eingeführten Neuerungen wurden gut aufgenommen und umgesetzt.» Das Alpinzentrum Gstaad zeigt sich erfreut über die Saison: «Wetterkapriolen gehören zum Geschäft. Doch am Schluss zählt, dass die Gäste zufrieden sind – und diesen Eindruck hatten wir auch diesen Winter», schreibt es auf Anfrage.
Das Wetter hat alle Skischulen stark geprägt. So berichten sowohl Zimmermann von Gstaad, wie auch Thormann von Schönried, dass mit dem schmelzenden Schnee auch die Nachfrage nach Skiunterricht schmolz. Und dass das Ende der Saison dieses Jahr früh kam: «Im März nahmen die Gästezahlen sehr rasch stark ab. Das hängt ziemlich sicher auch mit dem warmen und regnerischen Wetter zusammen», vermutet Zimmermann. Annulationen gehören da zum Tagesgeschäft. So berichten beide Skischulleiter von einem Mehraufwand für Stornierungen. Die Skischule Gstaad hat auf diese Saison hin gar eine Schlechtwetterversicherung für die Kurse angeboten, die laut Zimmermann guten Anklang fand.
In punkto Fachkräftemangel sieht die Situation nochmals anders aus: Thormann erklärt, er habe kaum Probleme gehabt, Skilehrer zu finden: «Wir haben dieses Jahr überdurchschnittlich viele, die ihre erste Saison als Skilehrer machen, und dabei eine gute Mischung aus Einheimischen und Unterländern. Glücklicherweise fand ich in Schönried eine ausgezeichnete Unterkunft. Die Rekrutierung musste jedoch auf die Anzahl der Plätze in der WG beschränkt werden.» Michael Zimmermann dagegen spürte den Fachkräftemangel bereits diesen Winter: «Die Einheimischen für die Skischule zu motivieren, scheint zunehmend schwieriger. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die Anforderungen an Skilehrer hier im Saanenland besonders hoch sind: Es reicht beispielsweise kaum, nur eine Sprache zu sprechen.»
Die Saison war bei den Skischulen auch von den Ferienkalendern geprägt. So geben sowohl Thormann wie auch Zimmermann zu Protokoll, dass der Februar extrem gut besucht war, danach dafür weniger. Somit war die Saison kürzer, dafür im Februar intensiver als in vergangenen Jahren. Die Skischule Gstaad hatte zu dieser Zeit täglich an die hundert Skilehrer:innen täglich im Einsatz, Snowsports Saanenland mit knapp 80 etwas weniger. Der grosse Aufwand sei aber das Rekrutieren vor der Saison und nicht das Organisieren auf Platz, sagt Zimmermann.
Bergbahnen: Herausforderungen mit viel Engagement bewältigt
Matthias In-Albon, Chef der Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG), blickt im Gespräch auf eine durchmischte Saison zurück: «Es war eine Saison mit Höhen und Tiefen und ein herausfordernder Winter.» Er gibt sich dennoch zufrieden: «Wir konnten die Saison früh beginnen und konnten dann – in der warmen und niederschlagsarmen Festtagszeit – dank einer guten Beschneiung und super Einsatz und Motivation der Mitarbeitenden immer alle Hauptpisten offen halten.» Allerdings seien gerade in dieser Periode klar weniger Schneesportgäste gekommen, gemäss In-Albon ist mit einem ungefähren Einbruch von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr in der Festtagszeit zu rechnen. «Wir hatten an guten Tagen dennoch 6000 bis 7000 Gäste auf den Pisten während der Festtage, aber in normalen Jahren waren es jeweils um die 12’000», sagt er. Dies führt laut In-Albon zu Umsatzeinbussen von etwa drei Millionen Franken über Weihnachten und Neujahr – etwas, das man auch mit einem perfekten Februar nicht mehr aufholen konnte. «Wir hatten einen sehr guten Februar und dann eher einen schwächeren März: Vor allem an den Wochenenden hat sich das Wetter nicht von der besten Seite gezeigt.» Allerdings wolle er sich keinesfalls beklagen: «Das Wetter gehört zu unserem Geschäft, wir arbeiten mit der Natur zusammen. Diese lange andauernde warme Südwestlage war ein aussergewöhnliches Wetterphänomen und wird nicht jedes Jahr so extrem ausfallen – obschon unsere Winter klar wärmer werden.»
Dass die Mitarbeitenden der BDG den ganzen Winter über unermüdlichen Einsatz für gute Pisten leisteten, bekommt man von praktisch allen Seiten zu hören. Die Personalkosten seien aber im Rahmen der letzten Jahre, sagt In-Albon. Die grosse Herausforderung seien die Umsatzeinbussen während der Festtage durch die ausgebliebenen Touristen – und die höheren Strompreise, die die BDG bei der künstlichen Beschneiung direkt zu spüren bekommt (wir haben darüber berichtet, siehe Anzeiger von Saanen vom 23.12.2022).