Zu Besuch bei Arnold Meyer und Fabio Wenger

  11.03.2010 Brauchtum, Saanen, Landwirtschaft

Von Kindesbeinen an der Ziegenzucht verschrieben haben sich Arnold Meyer und sein Enkel Fabio Wenger. Ein Porträt über die beiden finden Sie im «Anzeiger» vom 12. März.

Beide bekamen ihre erste Ziege mit fünf Jahren geschenkt, Arnold Meyer von seinem Vater – und Fabio Wenger von seinem Grossvater. Die Leidenschaft für die Ziegenzucht – genauer die Zucht von original Saanengeissen – teilen die beiden bis heute. Kein Wunder, dass sie in Sachen «Geiss» oft einmal «über einen Kamm geschoren» werden. So auch im vergangenen Herbst bei der 100-Jahr-Jubiläumsschau der Saaner Ziegenzuchtgenossenschaft. Da wurde die zur Schönsten gekürte «Pistache» in dieser Zeitung nämlich wie selbstverständlich dem erfahrenen Züchter Arnold Meyer zugeordnet. Sie ist aber der beachtliche Zuchterfolg seines Enkels, des erst 17-jährigen Gymnasiasten Fabio Wenger.
«Wir wollten den Irrtum eigentlich nicht korrigieren», erklärte Arnold Meyer vergangene Woche beim Interview. «Der Erfolg bleibt ja in der Familie.» Nachdem ihn aber nun auch die Behörden aus Bern darauf aufmerksam gemacht haben, dass da wohl ein «Züchter-Irrtum» vorliege, hat sich der Grossvater doch entschlossen, des Enkels Sieg noch bekannt zu geben. Eine gute Gelegenheit, den beiden einmal über die «Züchterschulter» zu schauen, denn Fabio Wenger, der wahre Besitzer von «Pistache», ist inzwischen selbst ein erfolgreicher Züchter und war zudem bei seiner Aufnahme eines der jüngsten Mitglieder, das die Saaner Ziegenzuchtgenossenschaft je hatte.

Arnold Meyer – 40 Jahre «Saanengeissen»
«Die erste ‹gewöhnliche› Ziege bekam ich mit fünf Jahren von meinem Vater, der im Aargauischen einen landwirtschaftlichen Betrieb führte», erzählt Arnold Meyer. Nach der Ausbildung zum Landwirt im Unterland verschlug es ihn zu Moritz Moratti nach Saanen. Wenige Jahre später wurde er zum Tierarzt Dr. Hannes Moor in die Gruben vermittelt, wo er dessen landwirtschaftlichen Betrieb führte, während dieser mit seiner Tierarztpraxis beschäftigt war. «Dort konnte ich mich auch endlich wieder der Ziegenzucht widmen», so der rüstige Wahlsaaner. «Und das in der Obhut eines Tierarztes. Seine regelmässige Kontrolle der Tiere hat sicher nachhaltig zu den guten Zuchtergebnissen beigetragen, die wir stets vorweisen konnten», ist Meyer überzeugt. Über 40 Jahre hat Arnold Meyer anschliessend in der Gruben die berühmte Saanen-Geiss gezüchtet und in alle Welt und auch zu so manchem Prominenten exportiert. Nachdem Dr. Hannes Moor Hof und Praxis aufgegeben hatte, fand Arnold Meyer mit seiner Frau Regina und den beiden Katzen im Nachbarhaus ein neues Zuhause. «Das war ein glücklicher Zufall», freut sich der Rentner heute, «so mussten wir nicht zu weit vom Ziegenstall wegziehen.»

Fabio Wenger – mit 17 schon eine Züchtergrösse
Arnold Meyer darf im Oktober seinen 80. Geburtstag feiern. Seine Ziegenzucht hat er nun schon seit einigen Jahren an den Nagel gehängt. Das macht ihm aber nichts aus, denn er hat immer noch genug mit den Ziegen seines Enkels zu tun. Der 17-jährige Fabio Wenger muss nämlich in Interlaken im Gymnasium die Schulbank drücken und hat nicht mehr so viel Zeit für das als Kind begonnene Hobby. Die Ziegenzucht verbindet Grossvater und Enkel nämlich, seit Fabio fünf Jahre alt ist. Dass Fabio seitdem auch schon Mitglied in der Saaner Ziegenzuchtgenossenschaft ist, hat er der mehr zufälligen Begegnung mit dem damaligen Präsidenten der Genossenschaft, Hans Hänni, zu verdanken. «Fabio hat mit seiner Walliser Ziege, die ich ihm schenkte, auf Moors Hof gespielt, als Hans Hänni beim Tierarzt Medikamente holen wollte. ‹Du musst dem Kleinen schon eine richtige Saanegeiss schenken›, meinte der Präsident, als er Fabio sah, worauf ich erwiderte: ‹Dann musst du ihn aber in die Genossenschaft aufnehmen.› Gesagt, getan.

Die Schönste und die Älteste
Heute hat Fabio Wenger bereits sechs erstklassige Stammgeissen. Neben der an der letztjährigen Jubiläumsschau der Saaner Zuchtgenossenschaft zur «Schönsten» gewählten «Pistache» (3 L., 2104 kg, 3,25 Fett, 3,1 Eiweiss) gehört Fabio Wenger auch die zurzeit älteste Zuchtgeiss des Kantons Bern, die 15-jährige «Zinia». Er hat sie von seinem Grossvater übernommen. Die Ziege ist aber noch immer top in Form (1067 kg; 3,1 kg Fett; 3,6 kg Eiweiss) und gewann deshalb an der Jubiläumsschau 2009 den Ehrenpreis, eine von Tierärztin Silke Frohloff gespendete und von Hannes Moor angefertigte Geissenglocke.
Mit Hilfe des Grossvaters hat Fabio Wenger inzwischen auch so manchen edlen Nachfahren aus seiner Zuchtfamilie weitergeben können. Erst im Februar haben beispielsweise von ihm nach Österreich verkaufte Böcke beim Widder- und Ziegenbock-Championat in Innsbruck die ersten drei Plätze belegt. Einer von ihnen, Bock «Silvio», wurde sogar Europameister. In der Ziegenfachzeitschrift «Forum» war gerade zu lesen, dass die Böcke von Thomas Vögtli und Albert Peter in der Bewertung 2009 Rang 1 und 2 belegten, und zwar mit der Maximalpunktzahl von 80,5 und 80,4. Beide Böcke sind Söhne aus Fabio Wengers Zuchtfamilie. «Fabio hat seine Zuchtfamilie vor einigen Jahren auch einmal selbst zur Bewertung angemeldet. Sie schloss mit 88,7 ab, der höchsten Punktzahl, die es je für eine Saanegeiss gegeben hat», berichtet der Grossvater stolz.
Wie die Zukunft der Ziegenzucht aussieht, lassen Arnold Meyer und Fabio Wenger offen, denn Fabio muss nun seine Ausbildung beenden. Im Moment jedenfalls kann er die Ziegen noch in der Obhut des Grossvaters lassen.

von Tina Dosot

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