Autor Emanuel Friedli (1846-1939) und seine Beziehung zu Saanen

  12.09.2017 Kultur

Vor 90 Jahren erschien im Berner Verlag A. Francke der letzte von insgesamt sieben gewichtigen Bänden «Bärndütsch als Spiegel bernischen Volkstums – Saanen» von Emanuel Friedli. Dieses auch heute noch von Einheimischen und Zugezogenen, interessierten Laien, aber auch Fachleuten im In- und Ausland geschätzte Buch über die Landschaft, über lokale Bräuche, die Sprache, das Saaner Mundartschrifttum und vieles mehr, war kaum mehr erhältlich und wurde deshalb 1980 als unveränderter Nachdruck der Originalausgabe noch einmal publiziert.

Der Autor, Emanuel Friedli, wurde am 14. Dezember 1846 in der Gemeinde Lützelflüh geboren. Dort taufte ihn Pfarrer Albert Bitzius – berühmt unter seinem Schriftstellernamen Jeremias Gotthelf. Als Sohn einer armen Weberfamilie trat er in die von Gotthelf gegründete Armenerziehungsanstalt Trachselwald ein, besuchte dann das Seminar Münchenbuchsee, holte die Matur im Eigenstudium nach und studierte schliesslich in Bern und Genf Theologie und Germanistik. Als Pfarrer wirkte er in Innertkirchen sowie Gottstadt bei Orpund im Kanton Bern. Es war ganz offensichtlich nicht immer ein leichter Werdegang, den diese Persönlichkeit durchlief. Insbesondere eine spätere Lebenskrise mit Scheidung und Abwahl vom Pfarramt konnte er wohl nur mit Hilfe von Förderern und Freunden, zu denen die Brüder Pfarrer Karl und Professor Otto von Greyerz und der Lehrer und Schriftsteller Simon Gfeller gehörten, überwinden.

Die Entwicklung zum letztlich grossartigen berndeutschen Sprachforscher wurde von Zeitzeugen im Saanenland, z.B. Arnold Jaggi oder insbesondere Robert Marti-Wehren, als freundschaftlich verbundene, ortskundige Berater, eindrücklich beschrieben. Emanuel Friedli wünschte beim Erscheinen des Bandes «Saanen» vom Verlag, dass auch «an die übrigen Korrektoren, also Herrn Gemeindeschreiber Zäch in Saanen, Lehrer Arnold von Grünigen ebd., Romang in Lauenen/ Gstaad, Frautschi in Turbach/Gstaad», Freiexemplare verteilt werden sollten. Ermöglicht wurde Friedli sein kulturhistorisch äusserst wertvolles Gesamtwerk nicht zuletzt durch die Unterstützung des damaligen Berner Regierungsrates sowie des initiativen Verlegers Alexander Francke. Einen einfühlsamen, sehr individuellen Einblick in die Lebensstationen von Emanuel Friedli, dem die Universität Bern 1912 das Ehrendoktorat der Philosophie verlieh, gibt ein lesenswertes, schwerpunktmässig biographisch gestaltetes Buch des Historikers Peter Sommer.

Am 6. April 1939 starb Pfarrer Dr.h.c. Friedli in Saanen, wo er sich 20 Jahre zuvor niedergelassen hatte. Beigesetzt wurde er bei der Kirche Lützelflüh neben dem Grab von Jeremias Gotthelf; 1943 wurde auch Simon Gfeller dort beerdigt. Im «Anzeiger von Saanen» erschien damals ein bewegender und– ausführlicher Nachruf des langjährigen Saaner Pfarrers Otto Lauterburg.

50 Jahre später erfolgte eine Würdigung Friedlis in diesem «Blettli» – so pflegte Friedli den «Anzeiger von Saanen» zu nennen. Dem Artikel war eine künstlerisch imponierende Friedli-Fotografie beigefügt, die 1931 vom bekannten Gstaader Fotografen Jacques Naegeli aufgenommen worden war und die auch mit diesem Artikel noch einmal erscheint. Das Bild entstand gemäss den damaligen Recherchen von Martin Müller in der Studierstube des Gelehrten auf dem «Chappeli». Bearbeitet habe es dann der langjährige Mitarbeiter und spätere Nachfolger Naegelis, Franz Fäh, als sogenannten Bromöldruck, ein spezielles fotografisches Kopierverfahren mit aussergewöhnlichen Effekten: Auf diese Weise bearbeitet, wirkt der Fenstervorhang auf dem Bild fast durchsichtig – so ein Vorhang wird übrigens gemäss Friedli im Saaner Dialekt als «Zwehle» oder, kleiner geschnitten – als «Zweeli», dem Fenster angepasst als «Pfäästerzweeli» bezeichnet.

DR. FRANZ OTTO-STEINEMANN, ZUMIKON UND ROUGEMONT

Quellen: «Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz», Bd.III, Neuenburg, 1926; Peter Sommer, «Die zwei Leben des Berndeutschforschers Emanuel Friedli», Fischer Media Verlag, Münsingen-Bern, 1926; Arnold Jaggi, «Emanuel Friedli – Leben und Werk». In: «Saaner Jahrbuch», Hrsg. Ulrich Ch. Haldi, S.113–197, 1984; Robert Marti-Wehren, «E Wisite-n in eme Saanerhus». Friedli-Ehrung. In: «Landschaft Saanen», Hrsg. Gemeinden Saanen, Gsteig, Lauenen, S.253–263, 1955; «Anzeiger von Saanen» vom 30.12.1939 und 4.8.1989.


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