Das Medical Center bleibt geschlossen
01.09.2017 Gesundheitswesen, SaanenDas Medical Center Saanen-Gstaad ist seit Ende März geschlossen. Und das bleibt es auch auf Weiteres, wie Urs Birchler, Verwaltungsratspräsident von Localmed Aare AG, informiert.
ANITA MOSER
Das Medical Center Saanen-Gstaad, geführt von der Localmed Aare AG Bern, nahm den Betrieb kurz vor Weihnachten 2015 auf. Ende Januar 2017 gab Localmed bekannt, dass das Medical Center per Ende Saison 2017 geschlossen werde – ob definitiv oder vorübergehend liess man damals noch offen. Nun ist der Entscheid gefallen: «Nach Gesprächen mit dem ‹Verein Freunde des Gesundheitswesen Saanenland›, dem Gemeindepräsidenten Toni von Grünigen sowie Bruno Guggisberg, CEO der STS AG, waren sich alle Gesprächspartner einig, dass das Medizentrum in Saanen auf nächsten Winter nicht wieder eröffnet wird», schreibt Urs Birchler auf Anfrage. Es sei Realität, so Birchler, dass ein Medical Center im Saanenland mit einigermassen grosszügigen Öffnungszeiten (ansonsten mache ein Medical Center keinen Sinn) als Jahresbetrieb heute nicht machbar sei. Den Betrieb nur über die Wintersaison zu führen, sei wegen den weiterlaufenden Fixkosten nicht finanzierbar. «Bei diesem Konzept gelingt es noch weniger als beim Ganzjahresbetrieb, einen Patientenstamm aufzubauen, der die Grundlast des Betriebs mitfinanziert», so Birchler.
Neuer Anlauf nicht ausgeschlossen
Es bestehe die Hoffnung, mittelfristig wieder etwas aufbauen zu können, schreibt Birchler weiter. Welche Partner dannzumal dabei sein würden, sei heute offen. «Sollte eines Tages bei der normalen tagtäglichen Versorgung in der Region das Angebot der ärztlichen Leistungen knapp werden, dann hoffen alle bisher Involvierten (Gemeinde Saanen, Verein Freunde, Localmed Aare AG, STS AG), dass in Zukunft ein neuer Anlauf gemacht werden kann», hält Birchler auf Nachfrage fest.
Auch die Gemeinde Saanen ist offen für einen Neustart. Localmed habe den Vertrag auf Ende Saison 2017 gekündigt, sagt Gemeindepräsident Toni von Grünigen auf Anfrage. Darauf hätten auf Initiative der Gemeinde Saanen Gespräche stattgefunden mit der STS AG, dem «Verein Freunde des Gesundheitswesens im Saanenland» und mit Localmed. Auch habe man den Hausärzten die Situation erläutert. Schlussendlich habe man einsehen müssen, dass es offenbar – zumindest momentan – keinen Bedarf gebe für ein solches Ganzjahres-Angebot.«Die ärztliche Versorgung funktioniert gut – dank den Hausärzten und dem Spital, das mit dem Notfall einen gewissen Überlauf auffangen kann», so von Grünigen. «Möglicherweise wird ein Medical Center wieder zum Thema, wenn einzelne Hausärzte aufhören zu praktizieren.» Deshalb werde man die Räumlichkeiten weder umbauen noch sie weitergeben oder für eine andere Nutzung zur Verfügung stellen. «Damit man parat ist, wenn es Interessenten geben würde oder man etwas in der Art aufgleisen könnte», betont der Gemeindepräsident.
Keine Steuergelder für die Wochenend-Finanzierung
Nach nur eineinhalb Jahren geht eine Geschichte (vorläufig) zu Ende, die für hitzige Diskussionen gesorgt hatte. Um nach der Schliessung des Spitals in Saanen die medizinische Grund- und Notfallversorgung der Bevölkerung im Saanenland auch in Zukunft sicherzustellen, plante die Einwohnergemeinde Saanen 2012 ein Gesundheitszentrum/ Ambulatorium in den Räumlichkeiten des ehemaligen Spitals Saanen – schon damals war Localmed im Gespräch. 2014 stellte man ein Neubauprojekt auf dem Areal der Spitalliegenschaften für fast zwölf Millionen Franken vor. Im April 2015 wurde jedoch das Projekt, das zusammen mit der lokalen Hausärzteschaft, dem Spitexverein und der Physiotherapie Birdie in Saanen entwickelt worden war, gestoppt. Die künftigen Nutzer und die Behörden haben sich überworfen und Localmed bekam den Zuschlag für den Betrieb eines Ärztezentrums im ersten Pflegeschoss des ehemaligen Spitals – aus finanzpolitischer Sicht, wie der Gemeinderat damals begründete. Das Medical Center, eine Walk-in-Praxis für Einheimische und Gäste, nahm dann im Dezember 2015 den Betrieb auf. Auf Wunsch der Gemeinde sollte das Medical Center auch an den Wochenenden geöffnet haben, was sich für die Betreiberin finanziell aber nicht rechnete. Die Gemeinde Saanen und der «Verein der Freunde des Gesundheitswesens» wollten das Medical Center mit je 100 000 Franken unterstützen. Auf Initiative der Hausärzte wurde gegen das Vorhaben das fakultative Referendum ergriffen und der Souverän lehnte es an der Gemeindeversammlung vom 15. April 2016 ab, Steuergelder für die Finanzierung des Wochenenddienstes im Medical Center zu bewilligen. Darauf reduzierte Localmed die Öffnungszeiten und gab Ende März den Betrieb schliesslich ganz auf. Localmed habe als «Zugewanderte» zu wenig Fuss fassen können, begründete Urs Birchler damals. Dem Medical Center sei es nicht gelungen, eine tragfähige Basis durch einen genügend grossen Patientenstamm aufzubauen, der dem MCGS auch in den saisonal schwachen Zeiten eine angemessene Auslastung gäbe.
Für die Hausärzte kam der Entscheid nicht überraschend, sie haben öfters darauf hingewiesen, dass eine 24-h-Einrichtung nicht kostendeckend betrieben werden könne und dass das Medical Center die gleichen Schwierigkeiten haben werde, anzulaufen, Arbeitskräfte zu finden oder einen Patientenstamm aufzubauen wie andere Praxen und Spitäler auch.
«Rückblickend muss man sagen, dass es für den erfolgreichen Betrieb von einem Medizentrum wohl noch zu früh war», sagt Gemeindepräsident Toni von Grünigen. «Einerseits war die Gemeinde aber unter Druck, etwas zu machen, andererseits hatten wir mit Localmed einen Partner, der bereit war, die bestehenden Gebäude zu nutzen.»