† Erwin Reichen
17.11.2017 FamilieErwin Reichen wurde am 30. Januar 1966 geboren. Für Mami und Papi ein unglaublicher Moment der Freude und des Glücks. Innert Kürze eroberte er alle Herzen und es durfte kein Tag mehr vergehen, ohne dass Mami mit ihm zum Grosi ging. Er konnte bereits mit zehn Monaten laufen. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen zu dieser Zeit war, Milchkrüge von einem Zimmer ins andere zu zügeln – inklusive dem Transport über die Schwellen. Keiner der Krüge ging dabei in die Brüche.
Eine seiner ganz grossen Leidenschaften hat sich schon sehr früh abgezeichnet. Alles was brummte und surrte hat ihn fasziniert und begeistert. Schon als ganz kleiner Bub war Erwin im Glück, wenn er zusammen mit Papi hinten im Mistkasten mit dem Rapid mitfahren durfte. Auch ist er stundenlang einfach mit dem «Wänder» mitgelaufen, sei es mit Mami oder Onkel Ernst, immer eine Hand an einem Griff. Natürlich ging es nicht lange, bis er die Maschinen selber bediente.
Im September 1967 kam seine Schwester Heidi zur Welt und eine grosse und immerwährende Liebe und Freundschaft begann. Stundenlang haben wir zum Beispiel Quartett gespielt und Heidi wusste schon bald auch alles über Autos, Lastwagen usw.
Sieben Jahre später, im März 1974, gesellte sich dann noch unser kleiner Bruder Willi dazu und das Trio und die Geschwisternliebe waren perfekt. Quartett spielen war aber für Willi zu langweilig. Er wollte die vorhandenen PS bei den Autos lieber selber testen und so machte Erwin ihn an den Wochenenden zu seinem Privatchauffeur. Ob Willi damals schon alt genug zum Autofahren war, bleibt ihr Geheimnis.
Unser grosser Bruder war uns immer ein Vorbild. Er hatte für alles eine Lösung, konnte alles wieder richten und flicken und war immer für uns da.
Dass Erwin seine Leidenschaft zu Autos zu seinem Beruf machen würde, war schnell klar. Im April 1982 fing er bei der Garage Auto Mark die Lehre als Carrosseriespengler an. Nach der Lehre machte er die Weiterbildung zum Werkstattleiter und anschliessend zum Eidg. dipl. Carrossier. Wie viele tausend Beulen hat er wohl geflickt? Wie oft ist er ausgerückt, um ein Auto zu bergen, tröstende Wort zu sagen, wenn es auf der Strasse mal wieder dumm gelaufen war? Seine ruhige, freundliche und professionelle Art wurde von allen geschätzt und bewundert. Bis zuletzt blieb er seinem Lehrbetrieb treu. Er hat seine Arbeit geliebt und war immer voller Herzblut dabei. Erwin und Auto Mark, das gehörte einfach zusammen, 35 Jahre lang.
Zwischen der Lehre und den Weiterbildungen kam noch die RS im Sommer 1986 dazu. Der Militärdienst war nicht so ganz seine Welt. Aber, wie Erwin eben immer alles angepackt hat, auch da hat er seine Sache gut gemacht, ohne gross aufzufallen. Die ruhige und bescheidene Art von Erwin ist aber seinem Leutnant, Daniel Wyssmann, aufgefallen. Es hat sich eine private, tiefe Freundschaft zwischen den beiden entwickelt. Daniel gehört inzwischen seit vielen Jahren zur Familie, da dank Erwin Heidi ihre grosse Liebe in Daniel gefunden hat.
Die gesellige Art von Erwin hat uns allen viele wunderschöne und unvergessliche gemeinsame Zeiten geschenkt. Wir könnten hier unzählige schöne Erlebnisse erzählen, mit vielen sehr guten Freunden, welche Erwin immer wieder auf seinem Lebensweg begleitet haben. Die Ferien hat er am liebsten mit Freunden und/oder der Familie verbracht. Er durfte wunderschöne Zeiten beim Segeln verbringen, bei Reisen rund um die Welt, nach Schweden, Ungarn, Ägypten, Cran Canaria, Teneriffa, Isle of Man oder in den letzten Jahren bei der jeweiligen «Tour de Suisse» mit den Autos oder in Florida. Er ist immer gerne gereist, aber kam auch immer wieder gerne in sein geliebtes Gründ zurück.
Der Tod von Papi am 21. Oktober 2006 hat uns alle schwer getroffen. Der Trauer kann man nicht entfliehen, aber man kann lernen, besser damit umzugehen. So haben wir im November 2006 zum ersten Mal unvergessliche Familienferien in Florida verbracht. Die gemeinsame Zeit hat uns bei der Trauerbewältigung geholfen und wir konnten wieder etwas Kraft tanken. Insgesamt sind wir fünf Mal als Familie im November an die Wärme nach Florida abgehauen, Erwin nannte dies immer «Grippeprävention». Oh, wie hat Erwin diese Ferien genossen. Gemeinsam etwas Gutes kochen und essen, ein Apéro im warmen Whirlpool geniessen und dabei den Sonnenuntergang bewundern, einen Ausflug mit dem Boot oder dem Auto machen, eine Wasserschlacht im Pool anzetteln und einfach zusammen die Tage geniessen.
Der grosse Verlust von Mami am 5. April 2015 war für uns alle sehr schwer. Erwin war nie ein Mann der grossen Worte. Er machte vieles mit sich selbst aus. Seine tiefe Trauer um Mami versuchte er, mit seiner grossen Leidenschaft, den Blumen, zu bewältigen. Er hatte diese Leidenschaft von Mami übernommen und unser Zuhause im Gründ zu einem wunderschönen Blumengarten gemacht. Es blühte im Sommer rund ums Haus in schönster und vollster Pracht. Erwin hegte und pflegte die Blumen und konnte sich tagelang mit diesem geliebten Hobby beschäftigen. Eine wahre Freude für uns alle und unvorstellbar, dass Erwin dies in Zukunft nicht mehr machen kann.
Am 31. Oktober 2016 nahm das Schicksal eine schlimme Wende. Es wurde bei Erwin Darmkrebs mit Metastasen in der Leber festgestellt. Eine Diagnose, welche uns alle tief betroffen und hilflos gemacht hat. Zwei Tage nach der Diagnosestellung erfolgte bereits die erste Operation. Nur gerade sieben Tage später reisten wir zusammen nach Florida in die Ferien. Alleine das zeigt, was Erwin für ein Kämpfer war. Jammern, zu Hause sitzen und den Kopf hängen lassen, gab es für ihn nicht. Kämpfen, nach vorne schauen und nicht aufgeben, das war sein Motto.
Es folgten dann mehrere Chemotherapien, welche er mit grosser Tapferkeit und immer positiv eingestellt gut überstanden hat. Diesen Sommer kamen Operationen an der Leber hinzu. Die drei Wochen im Spital waren schwer für Erwin, aber er hat alles tapfer und mutig gemeistert und die Ergebnisse der Operation waren erfolgreich und machten Mut für die Zukunft. Sein Gesundheitszustand stabilisierte sich erfreulich und verbesserte sich stetig. Es ging aufwärts. Wir waren alle sehr zuversichtlich, dass Erwin auch diese grosse Hürde meistert.
Leider hat es aber dann eine schreckliche Wende genommen. Erwin wurde schnell schwächer und hatte gar keinen Appetit mehr. Am 12. Oktober wurde bei einer weiteren Untersuchung festgestellt, dass die Leber komplett mit Ablegern befallen ist und sich der Krebs auch sonst ganz schnell und überall ausgebreitet hatte. Auf Heilung gab es keine Hoffnung mehr. Am Montag, 16. Oktober musste Erwin wieder hospitalisiert werden und sein Gesundheitszustand verschlechterte sich von Stunde zu Stunde. Er wartete sehnlichst auf die Rückkehr von Heidi, welche in Neuseeland in den Ferien war. Nachdem wir drei Geschwister am Mittwoch wieder vereint waren, hatte er keine Kraft mehr, um weiterzukämpfen. Am 21. Oktober morgens um 3 Uhr durfte Erwin ruhig einschlafen. Auf den Tag genau elf Jahre nach Papis Todestag.
Erwin galt für Willi und viele seiner Freunde immer als «der sichere Wert». Wenn man sich an Erwin und seine Prinzipien hält, dann handelt man sich keine Probleme oder Ärger ein. Dieser sichere Wert wurde uns nun genommen. Wir sind fassungslos und unendlich traurig.
Erwin hatte seit vielen Jahren auf seinem linken Arm «Never give up», «Gib niemals auf», tätowiert. Dies war sein Lebensmotto. Er musste sich jetzt leider dieser heimtückischen Krankheit geschlagen geben. Es ist nun aber an uns, sein Motto, niemals aufzugeben, weiterzuleben. Dies haben wir Erwin versprochen und das werden wir auch versuchen umzusetzen. Wie das gehen soll, das wissen wir noch nicht. Wir brauchen dafür unendlich viel Kraft.
Ein grosser Wunsch von Erwin war, dass wir nicht zu lange traurig sein und nach vorne blicken sollen. Auch dies wollen wir alle versuchen umzusetzen. Er wünschte sich, dass Willi, Heidi und Daniel auch ohne ihn in die Ferien nach Florida reisen, so wie es geplant war. Also fliegen wir bald zusammen in die Sonne.
Erwin, wir vermissen dich unendlich.
DIE TRAUERFAMILIE