Hybridsolar-Anlagen für die Energiestrategie 2050
20.02.2018 ZweisimmenAn einem Infoanlass am letzten Freitag anlässlich der ersten Hybridsolar-Anlage mit Eisspeicher in dieser Art in Zweisimmen sprachen diverse Referenten über diese innovative Technologie. Mit Hybridsolar-Anlagen könne Sonnenenergie wesentlich effizienter genutzt werden als mit herkömmlichen Photovoltaiksystemen, und kombiniert mit thermischen Speichern liessen sich saisonale Schwankungen ausgleichen.
KEREM S. MAURER
Warum eine Hybridsolartechnologie Sinn macht und was das genau ist, erklärte Michael Geissbühler der veranstaltenden Firma B-Solartec AG Gebäudetechnik mit Sitz im luzernischen Root, zuständig für Verkauf und Marketing sowie für die System- und Kollektorenentwicklung. Geissbühler warf einen Blick auf die Sommer-Winter-Problematik aller nachhaltigen Energieformen. Wasserkraft, Photovoltaik und Solarthermie produzierten im Sommer deutlich mehr Strom als im Winter, sagte er und schlussfolgerte: Solange die überschüssige Energie aus den Sommermonaten nicht saisonal gespeichert werden könne, würden erneuerbare Energiequellen die Wintermonate nicht abdecken können. Der während des Sommers zu viel produzierte Strom werde folglich als Billigstrom exportiert, während im Winter teurer Atom- und Kohlestrom importiert werde, um die Unterproduktion zu kompensieren. Laut Geissbühler sind Hybridsolaranlagen die Lösung für dieses Ungleichgewicht und hinsichtlich der Energiestrategie 2050 das einzig Wahre.
Nicht nur Strom, sondern auch Wärme
Hybridsolaranlagen generieren Strom durch Sonneneinstrahlung wie andere Photovoltaikanlagen auch und erzeugen aus 1000 W Sonnenenergie pro Kollektorenquadratmeter 180 W Strom. Dies seien allerdings nur 15 % der effektiven Sonnenenergie, der Rest gehe bei herkömmlichen Photovoltaikpanels verloren. «Unsere PVT-Hybridkollektoren verbinden Photovoltaik mit Solarthermie und liefern zusätzlich zu den 180 W elektrischer Energie bis zu 600 W Wärmeenergie pro Quadratmeter», erläuterte Geissbühler. Er wies darauf hin, dass auch der bei Photovoltaikanlagen übliche wärmebedingte Leistungsabfall minimiert werde, da der thermische Wasserkreislauf die Solarzellen kühle und im Winter auftaue, und: «Photovoltaik-Hybridsolarkollektoren liefern auch Energie, wenn die Sonne nicht scheint.» Was vor allem dann interessant sei, wenn der Energiespeicher kälter sei als die Umgebungstemperatur oder die Wärmepumpe eine tiefe Quellentemperatur nutzen könne, zum Beispiel bei Regen. So werde Wasser zu einem hervorragenden Energiespender. Im Gegensatz zu Batterien, welche sich nur für kurzfristige Stromspeicher eigneten und nur einen Tag-Nacht-Ausgleich, aber keinen saisonalen Ausgleich schaffen könnten, pries Geissbühler thermische Speicher als ideale Lösung. Anders als Strom lasse sich Wärme kostengünstig über längere Zeit speichern, womit thermische Speicher für eine stabile Energieversorgung über den ganzen Jahreszyklus von strategischer Bedeutung seien. Eine höchst effiziente Form dieser saisonalen Speicherung sei der Eisspeicher. Denn ein solcher könne dank des energieintensiven Phasenübergangs von Wasser zu Eis doppelt so viel Energie zur Verfügung stellen, wie ein reiner Wasserspeicher von 0 bis 80 Grad Celsius. Über einen Energiemanager, der das Herzstück der Hybridsolaranlage darstelle, werde das Ganze gesteuert. Dieser Energiemanager regle den Betrieb und optimiere selbständig den Ertrag unter Berücksichtigung von Wetterdaten, Verbrauch und Leistungsoptimum aller Komponenten. Er regle nicht nur den Wärme-, sondern auch den Strombedarf und optimiere den gesamtem Energieertrag.
Hybridsolartechnologie fasst Fuss in Zweisimmen
Seit der Inbetriebnahme dieser Hybridsolar-Anlage mit Eisspeicher im letzten November in Zweisimmen laufe diese Anlage störungsfrei und reibungslos, freute sich Hans Wanzenried, Geschäftsführer und Projektmanager des Veranstalters. Als sie dieses Haus am Chilchweg 3 in Blankenburg bauten, machte sich Wanzenried Gedanken über die Beheizung der fünf Wohnungen darin. «Nachdem klar wurde, dass die Entsorgung der Asche von Holzheizungen Probleme aufwirft, war diese Art von Heizung für uns genauso vom Tisch wie Ölheizungen, die nicht mehr zeitgemäss sind», erinnerte er sich gegenüber dieser Zeitung. Also half er mit, die Idee von kombinierten Photovoltaikpanels zu entwickeln, die eben nicht nur Strom, sondern auch Wärme erzeugen, und mit einem Eisspeicher als saisonalem Energiespeicher. Die Veranstalter wollen in naher Zukunft in unmittelbarer Nachbarschaft des Vorzeigehauses zwei weitere Häuser bauen, die ebenfalls mit Hybridsolar-Anlagen ausgestattet werden. Laut Wanzenried starten die Bauarbeiten für das zweite Haus noch in diesem Jahr, das dritte soll spätestens bis 2020 entstehen. Das Vorzeigehaus am Chilchweg 3 hat fünf Wohnungen, von denen bereits zwei verkauft sind. Insgesamt sollen laut Bauplan in Blankenburg siebzehn Wohnungen in drei Häusern mit diesem Heizsystem entstehen.
WAS IST EIN EISSPEICHER?
Ein wassergefüllter Behälter, der es erlaubt, sowohl sensible wie auch die latente Wärmekapazität (Kristalisationswärme) des Wassers zur Speicherung von Wärme bzw. Kälte zu nutzen.
Wärmeentzug erfolgt meist mit eingetauchten Wärmetauschern, in denen Sole zirkuliert (auch unter 0 Grad C). Für Kühlzwecke werden Eisspeicher seit Jahrzehnten eingesetzt. In Heizsystemen sind sie erst in den letzten Jahren vermehrt aufgekommen. In einem Wärmepumpen-Heizsystem speichert ein Eisspeicher Solarwärme, Umgebungswärme oder Abwärme auf tiefem Temperaturniveau.