Kappeler Gastro AG in der Kritik

  06.02.2018 Region

Die Kappeler Gastro AG gelangte jüngst negativ in die Schlagzeilen. Ein Mitarbeiter wandte sich an den «Kassensturz», der den Fall aufrollte.

BLANCA BURRI
Der 34-jährige Ladislav Schwartz aus Tschechien gelangte an die Konsumentensendung «Kassensturz». Er arbeitete für die Kappeler Gastro AG auf dem Horneggli (Schönried) und wirft dem Unternehmen verschiedene Sachen vor.

Vorwürfe
Als er den Vertrag unterschrieben hatte, tat er dies in der Absicht, möglichst viel zu arbeiten. Trotz Anstellungsverhältnis im Stundenlohn sei ihm versprochen worden, dass er 100 % ausgelastet sein würde. Schliesslich war der Arbeitseinsatz jeweils viel kürzer, so dass er nicht auf den erwarteten Lohn kam. Wetterbedingte kurzfristige Anpassungen der Arbeitszeiten seien die Regel, wie er und weitere Mitarbeiter beklagten.

Im Fernsehbeitrag zeigt er sein Zimmer, ein sechs Quadratmeter grosser Raum, dessen Höhe 1,73 Meter beträgt. Ladislav Schwartz kann darin nicht aufrecht stehen, auch für einen Tisch hat es keinen Platz. Mit der Miete von 345 Franken ist er im Vergeich mit der Wohnqualität nicht zufrieden.

Gesamtarbeitsvertrag
Die Gewerkschaft Syna lässt verlauten, dass die Kappeler Gastro AG kein unbeschriebenes Blatt ist. Gegenüber «Kassensturz» sagt deren Zentralsekretär Carlo Mathieu, dass die kurzfristigen Wochenarbeitspläne und die ständigen Änderungen der Arbeitspläne gegen den Gastro-Gesamtarbeitsvertrag verstossen. Es sei nicht zulässig, das unternehmerische Risiko auf die Mitarbeitenden abzuwälzen. Die geplanten Stunden müssten ausbezahlt werden, ist er überzeugt.

Weiter kritisierte er die ungewöhnlich lange Probezeit von drei Monaten bei einer Vertragsdauer von dreieinhalb Monaten. Wenn der Arbeitgeber innerhalb der Probezeit kündige, schulde er den Angestellten den 13. Monatslohn nicht. Das hat nun der klagende Arbeitnehmer erlebt. Ladislav Schwartz wurde wegen ungenügender Arbeitsleistung vorzeitig gekündigt. Der Tscheche vermutet aber, dass die Kündigung mit seinen Reklamationen zusammenhängt.

«Hüttenzauber»
Die Kappeler Gastro AG steht für die Marke «Hüttenzauber», die in der Region nicht nur das Horneggli, sondern auch das Restaurant Arnensee, den Rinderbergspitz und die Alpine Lodge (Rinderberg) betreibt.

Vermieterin steht hinter Kappeler Gastro
Die drei Betriebe Horneggli, Rinderbergspitz und Alpine Lodge vermietet die Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG) an die Kappeler Gastro AG. «Samuel Kappeler hat uns den Fall offen und im Detail kommuniziert, bevor er publik wurde», sagt Matthias In-Albon, Geschäftsführer der BDG, auf Anfrage. Die Berggastronomie sei nicht einfach und man sei vom Wetter äusserst abhängig. Das wüssten auch alle Mitarbeiter. Vor allem aber ärgert er sich über die subjektive Berichterstattung von «Kassensturz». «Ich bin enttäuscht, dass nicht die ganze Stellungnahme von Samuel Kappeler veröffentlicht wurde, in der alle Punkte geklärt wurden.» Vielmehr möchte er betonen, dass die Qualität der Gastrobetriebe seit der Übernahme durch «Hüttenzauber» gestiegen sei und die Gäste viel zufriedener seien. Weiter würden die Mieten stets fristgerecht gezahlt, was in der Vergangenheit mit den früheren Mietern ein grosses Problem gewesen sei und die BDG in den letzten zwei Jahren schliesslich viel Geld (Debitorenverlust) gekostet habe.

Grosser Shitstorm
Samuel Kappeler sagt auf Anfrage, dass es nach der Veröffentlichung des Berichts einen grossen Shitstorm gegeben habe, der – auch emotional – nicht einfach zu bewältigen gewesen sei. Alle E-Mails, die in einem angemessenen Ton verfasst gewesen seien, seien mit einer offiziellen Stellungnahme beantwortet worden, die wir im Kasten abdrucken.


STELLUNGNAHME DER KAPPELER GASTRO AG

Die negativen Reaktionen auf den Beitrag im «Kassensturz» kann ich verstehen und nachvollziehen. Als Zuschauer hätte ich die ganze Sache vermutlich auch so verstanden und interpretiert.

Leider wurde nicht alles korrekt und vollständig dargestellt. Zum Beispiel wollte der «Kassensturz» unsere Stellungnahme mit den schriftlichen Beweisunterlagen zu den einzelnen Vorwürfen nicht vollständig veröffentlichen. Somit war aus unserer Sicht eine faire Gegendarstellung nicht möglich, was uns dazu bewogen hat, den Bericht nicht zu kommentieren. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass wir bei all unseren Mitarbeitern die gesetzlichen Bestimmungen immer einhalten und auch ernst nehmen. Die Nationalität spielt hier selbstverständlich auch keine Rolle! Herr Schwartz z.B. hat sich bereits im Dezember gemeldet und für mehr Arbeit gefragt. Leider war dies bei den schwierigen Wetterbedingungen Ende Dezember und im Januar im Betrieb Horneggli nicht möglich. Aber wir haben ihm mehrfach angeboten, in einem unserer anderen Betriebe zu arbeiten, was er immer ablehnte.

Zum Zimmer ist zu sagen, dass wir die Mindestabzüge, die vom Gesetz vorgeschrieben sind, in Abzug bringen. Das Zimmer ist sehr klein, das wissen wir auch. Aber kein einziger Mitarbeiter ist verpflichtet, bei uns ein Zimmer zu nehmen. Auch Herr Schwartz machte dies freiwillig. Er hätte das Zimmer jederzeit ohne finanzielle Folgen abgeben können und sich eine private Wohnung/Zimmer besorgen können.

Beim Nettolohn wurden ebenfalls die Vollpension, die Krankenkasse, die Quellensteuer und sämtlich vorgeschriebenen Versicherungsabzüge gemacht. Zudem hat sein Vertrag erst am 15. Dezember begonnen, das heisst, diese rund 800 Franken waren der Verdienst eines halben Monates und nicht wie im Beitrag dargestellt für den ganzen Monat Dezember. Es handelt sich um den Netto-Betrag. Auch dies wurde in der Fernsehsendung geschickt nicht dargestellt. Lange nicht jede Schweizer Familie hat für einen halben Monat 800 Franken zur freien Verfügung nach Abzug aller Steuern, Versicherungen, Lebensunterhalt und Miete.

Ich möchte auch betonen, dass wir in all unseren Betrieben sehr viele langjährige Mitarbeiter beschäftigen, die immer wieder in der Wintersaison zu uns zurückkehren. Das wäre sicher nicht der Fall, wenn wir als Arbeitgeber, so wie im Beitrag dargestellt, Geiseltreiber und Ausbeuter wären. Dies gilt selbstverständlich auch für unseren Betrieb auf dem Horneggli oder zum Beispiel auf dem Weissenstein. Man sollte sich vielleicht eher die Frage stellen, wie weit in der heutigen Zeit die Medien und die Journalisten gehen dürfen. Aber dies ist ein anderes Thema.

SAMUEL KAPPELER


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