Eistanz mit der Sternenflotte

  02.03.2018 Saanen

Mercedes-Benz Schweiz und die Garage Pichler GFG AG haben vom 23. Februar bis zum 1. März täglich ein Winterfahrtraining auf dem Flugplatz Gstaad-Saanen angeboten. Interessierte hatten so die Möglichkeit, während eines Tages ihr Fahrkönnen auf Eis und Schnee unter der Leitung von professionellen Instruktoren zu verbessern.

ÇETIN KÖKSAL
Ich bin wieder einmal etwas spät dran. Den Programmpunkt Kaffee und Gipfeli habe ich für mich bereits abgehakt, bevor ich vom Auto ziemlich ungelenk zum Veranstaltungszelt beim Flugplatz haste. Mein Balanceakt auf dem spiegelglatten Boden gelingt, Gott sei es gedankt, ohne peinlichen Ausrutscher. Im warm geheizten Zelt wird angeregt und gut gelaunt vielsprachig geplaudert und Stéphane Willi von der Pichler Garage empfängt mich herzlich. Jetzt müsse ich mich nur noch registrieren und dann könne es auch schon losgehen, sagt er, während er mich an Croissants, Brötchen und duftendem Kaffee vorbei zum Empfang leitet. Dort händigt mir eine freundliche Mitarbeitende einen Umhängeausweis mit meinem Namen und ein Blatt Papier zur Unterschrift aus. Wie vermutlich die meisten unterschreibe ich, ohne den Text genau gelesen zu haben. Lediglich die Wörter «Teilnahmebedingungen» und «Haftungsausschluss» sind hängen geblieben. Na ja, es wird schon schiefgehen. Nach einem kurzen Einführungsfilm erklären uns die Fahrinstruktoren, was wir auf den vier Parcours erleben und lernen werden.

Einweisung und Slalom
Unsere Gruppe «Rot» wird den ganzen Tag von Instruktor «Manuel» geführt. Manuel heisst nicht wirklich Manuel, ich nenne ihn so, weil ich mir seinen richtigen Namen nicht merken konnte. Zu spät kommen und nicht aufpassen – ich muss unbedingt an meiner komplett inexistenten «Morgenstund hat Gold im Mund»- Philosophie arbeiten … In aller Form entschuldige ich mich hier bei Manuel für meine Unaufmerksamkeit. Das hat der junge, grossgewachsene Spanier, der einige Sprachen spricht, nun wirklich nicht verdient. Er ist hauptberuflicher Fahrinstruktor und Rennfahrer. Manuel erklärt uns, dass in jedem Auto ein Funkgerät liegt, über welches er uns Anweisungen erteilen wird. Wir sollen jetzt Zweiergruppen bilden und uns eines der fünf Autos aussuchen. Meine Vormittags-Teampartnerin setzt sich ans Steuer und rollt langsam zum Startpunkt des Slalomparcours. Wir warten, bis Manuel uns die Starterlaubnis erteilt, dann gibt sie Gas, das Auto kämpft um Traktion auf der schneeeisig präparierten Piste und allmählich setzen wir uns in Bewegung. Nun gilt es, die Hütchen des Slalomkurses kontrolliert zu umfahren. Sie fährt die erste Runde vorsichtig, so dass alle Hütchen stehenbleiben. Manuel ist zufrieden: «Gut gemacht A45 (A45 AMG ist die Modellbezeichnung unseres Autos), beim nächsten Mal ruhig etwas schneller. Gut, der nächste bitte, GLE, du kannst jetzt kommen.» Nach der zweiten Runde gibt es Fahrerwechsel und nach weiteren zwei Runden Fahrzeugwechsel. So hat jedes Team die Möglichkeit, alle fünf verschiedenen Modelle zu testen. Ganz besonders aber wollen wir alle einmal den leuchtend gelben Sportboliden AMG GT fahren. Über 500 PS, welche nur über die Hinterräder auf die rutschige Piste gebracht werden wollen, verlangen einen sanften Gasfuss und wache Reflexe zum Gegensteuern. Hat man den Dreh jedoch einmal raus, fährt man den Slalom vor allem mit dem Gaspedal und kleinen, präzisen Lenkbewegungen. Das bereitet grossen Spass.

Ausweich- und Bremsmanöver
Nach einer viertelstündigen Kaffeepause geht es zum nächsten Posten. Wiederum stehen fünf verschiedene Modelle bereit, um uns spüren und erfahren zu lassen, wie unterschiedlich die jeweiligen Fahrzeugtypen in Grenzsituationen reagieren. Ein schwerer SUV mit Vierradantrieb verhält sich deutlich anders als ein leichteres, zweisitziges Sportcoupé mit Heckantrieb. Die Luxuslimousine fühlt sich ebenfalls sehr verschieden von einem Kompaktmodell an. Vereinfacht könnte man sagen, dass die Fahreigenschaften im Wesentlichen von den drei Parametern Gewicht, Schwerpunkt und Antriebsverteilung abhängen. Hier haben wir die seltene Gelegenheit, diese Unterschiede im direkten, unmittelbaren Vergleich zu erleben. Wir sitzen nun in einem Allrad-Mittelklassekombi und während wir in der Kolonne auf unseren Einsatz warten, plaudern wir über dies und das: «Warst du schon einmal im Valrose in Rougemont?» «Nein, leider haben wir es bis jetzt noch nicht geschafft und du?» «S-Klasse, du kannst jetzt kommen», hören wir Manuels Stimme aus dem Funkgerät. Die S-Klasse fährt vor uns los. Ich bin als nächster dran. «Ich auch nicht, aber mein Mann war kürzlich dort und …», Die Bahn ist frei und ich beschleunige auf 50 km/h. Am Anfang der Hütchengasse trete ich voll auf die Bremse, das ABS arbeitet wie wild und während wir weiterfahren, lenke ich rechts in die Parallelspur ein, um ein Ausweichmanöver zu simulieren. «Ich habe nicht gesagt, dass du fahren kannst!», höre ich Manuel gereizt aus dem Funkgerät sagen. «Das ist gefährlich, ihr dürft wirklich erst fahren, wenn ich es euch sage. Okay, fahr jetzt langsam zurück.» Betreten murmele ich ein «Tut mir leid», das Manuel natürlich nicht hören kann. Mein entsprechendes Handzeichen scheint er jedoch zu bemerken und als ich aus dem Funk «Schon gut, ist ja nichts passiert» höre, rolle ich ganz brav in die Warteschlange zurück. Zum Glück ist gleich wieder Fahrerwechsel. Die Brems- und Ausweichübung wiederholen wir mit einund ausgeschalteten Assistenzsystemen (ESP usw.). Es ist beeindruckend, was die moderne Technik zu leisten vermag.

Offroad und Driften
Die Küche des Restaurants Landhaus Saanen verköstigt uns während der Mittagspause mit einem leckeren Menü, sodass wir gestärkt mit vollem Magen in den Nachmittag starten können. Gruppe «Rot», also wir, zum Geländeparcours bitte. Zwei Geländewagen, zwei SUVs und ein Pickup stehen bereit. Im «Gänsemarsch» fahren wir unter der Leitung von Manuel durch das Dorf Saanen in die Oey, wo die Leute von Mercedes-Benz Driving Events in der Nähe der ARA drei «Prüfungen» für uns vorbereitet haben. Zuerst müssen wir einen etwas steileren, aber sehr eisigen Weg hinauffahren. Das erledigen wir wintererprobte Bergler mit Links. Oben angekommen, fahren wir ganz langsam über ein wechselseitig versetztes Wellenbrett, was uns die Achsverschränkung demonstrieren soll. Na ja, interessant, aber nicht wirklich herausfordernd. Erst der nächste Posten hat es in sich. Wir sollen in einer seitlichen Schräglage von 52 % fahren. Das ist mehr als man jetzt denkt und wirklich, wirklich schräg. Plötzlich ist es ruhig in der Gruppe «Rot». In den Zweierteams will jeder dem anderen höflichst den Erstversuch überlassen. Einmal in der Schräglage angekommen, stellen wir fest, dass es auf dem Beifahrersitz viel ungemütlicher ist als auf dem Fahrersitz. Der Boden ist unangenehm nah und man hat genug Zeit, sich vorzustellen, wie es wohl wäre, wenn man jetzt umkippen würde. Am Steuer ist volle Konzentration gefragt. Richtig lenken und nicht zu viel oder zu wenig Gas. Dann ist der Spuk auch schon vorbei. Auf der Rückfahrt zum Flugplatz nutzen wir die Gelegenheit, uns etwas zu erholen und zu sammeln. Denn was jetzt als Abschluss kommt, ist das Sahnehäubchen dieses Tages: Driften! Wiederum im «Gänsemarsch» und langsam fahren wir zuerst den Parcours ab, während Manuel uns diesen über Funk erklärt. Im Unterschied zur Offroad-Prüfung sitzen wir jetzt alle in Mercedes-Modellen der Sportabteilung AMG. Soweit möglich, sind alle Assistenzsysteme ausgeschaltet. Ich habe mir das leichteste Sportcoupé mit Heckantrieb geschnappt und warte konzentriert auf die Startfreigabe. Manuel lenkt den SUV vor mir zu einer Demonstrationsrunde und gibt mir lässig folgende Anweisung: «Du kannst gleich nach mir losfahren, mit deinem SLC hast du sowieso keine Chance gegen meinen Allrad.» Beim besten Willen kann ich dies nicht einfach so auf mir sitzen lassen. «Fahre eine saubere Linie, nicht zu viel Gas …», denke ich für mich und dann geht es auch schon los. Manuel gibt alles, doch sein schwerer SUV rutscht von Kurve zu Kurve und fegt Hütchen um Hütchen vom Platz. Ich bleibe dran, gehe vor den Kurven früh vom Gas, lenke ein und helfe mit dosiertem Gaseinsatz nach. Das Heck soll ausbrechen, aber nicht zu viel. Diese Drifts machen zwar unheimlich Spass, kosten aber Zeit. Das Konzentrieren, Lenken und Gegenlenken sind anstrengend. Ich schwitze, die Scheiben beschlagen, doch am Ziel hat mich Manuel nicht abgehängt und das ist doch das Wichtigste, nicht wahr?

Zufrieden und um viele schöne und nützliche Erlebnisse reicher verabschiede ich mich von den Mitarbeitenden von Mercedes-Benz Driving Events und von meinem zuvorkommenden Betreuer Stéphane Willi. Mein Kompliment für die tadellose Organisation.


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