Gratis-Chinderhüeti seit über zehn Jahren

  17.04.2018 Gstaad, Familie

Am Strassenrand bei der Johanneskapelle steht jeden Mittwoch ein «Chinderhüeti-Plakat». Die wenigsten von uns wissen, dass es schon über zehn Jahre dasteht. Es wird Zeit, einen Blick hinter das Plakat zu werfen.

DANIELA ROMANG-BIELER
Die Idee zur Chinderhüeti kam 2007 von Esther Reichenbach aus Gstaad. Sie hegte den Wunsch, «etwas mit Kindern» zu machen. Ihre eigenen vier Kinder lebten damals aber noch alle zu Hause. «Es wäre zu früh gewesen, bei mir zu Hause etwas anzubieten», sagt die Initiantin der Chinderhüeti.

Ein einmaliges Angebot im Saanenland
Heute sieht es anders aus: Ihre Kinder sind alle ausgezogen. In den letzten Jahren hatte sie mehrere Tageskinder und sie bekocht regelmässig Schulkinder, die gleich nebenan zur Schule gehen. Sie ist auch schon fröhliche Grossmutter von drei Enkeln. Mit ihnen von Zeit zu Zeit etwas zu unternehmen, geniesse sie sehr. Wenn man mit ihr so spricht, spürt man: Kinder sind die vielen Farbtupfer in ihrem Leben.

Esther Reichenbach wusste schon damals – und das hat sich bis heute nicht geändert –, Eltern sein kann ganz schön an die Substanz gehen. Verschnaufpausen sind wichtig. Diesem Bedürfnis wollte sie mit ihrem Angebot entgegenkommen. «Nicht alle Eltern können ihre Kinder schnell den Grosseltern abgeben, wenn sie Zeit für sich brauchen», so Esther Reichenbach. Die Eltern schätzen es, dass die Chinderhüeti gratis und auch zeitlich sehr flexibel ist.

Ein kirchlicher Hintergrund
Dass die Chinderhüeti in einer Freikirche stattfindet, mag einige Eltern unsicher gemacht haben. Warum wurde diese Lokalität gewählt? Die Familie Reichenbach geht in der Evangelisch-methodistische Kirche (EMK) ein und aus. Ausserdem wohnte sie ganz in der Nähe. So war es naheliegend, als Lokalität die Johanneskapelle zu wählen. Die Verantwortlichen teilen mit Esther Reichenbach die Ansicht, dass es gut ist, dass Christen sich nicht von der Gstaader Bevölkerung «abschotten», sondern Beziehungen aufbauen und pflegen. Und wenn Bedürfnisse und Nöte erkannt werden, soll man Kräfte in Bewegung setzen, um zu helfen. In der EMK habe sie dann auch Gleichgesinnte gefunden und in den zehn Jahren nie Mangel an freiwilligen Helferinnen gehabt.

Auf die Frage, ob eine Freikirche als Lokalität ein möglicher Hinderungsgrund sein könnte, dass Eltern ihre Kinder in die Hüeti bringen, sagt Esther Reichenbach: «Das kann schon sein. Ich habe aber nie erlebt, dass Eltern beim ersten ‹Schnuppern› ihres Kindes abgeschreckt waren oder einen Rückzieher gemacht haben. Alle sind geblieben.» Den «christlichen Touch» verstecken die Hüterinnen nicht. Vor dem Znüni wird Gott jeweils ein Dank-Liedli gesungen und unter den vielen Kinderbücher hat es auch ein paar biblische Geschichten.

Ungezwungenes Kommen und Gehen
Wenn nicht gerade Schulferien sind, öffnet die Gratis-Chinderhüeti jeden Mittwoch ihre Tür, von 8.30 bis 11 Uhr. Es habe eine Phase gegeben, da seien regelmässig 15 Kinder gekommen. Momentan kommen durchschnittlich fünf-Kinder. «Die Zeiten können sich aber schnell ändern, je nach Kinderboom», sagt Esther Reichenbach.

Die Kinder können schon ganz am Anfang kommen oder auch später. Sie bringen ein Znüni mit. Für Spielsachen ist gesorgt. Es wird gebaut, «bäbelet», geknetet. Wers gemütlicher mag, sitzt mit einer Hüterin aufs Sofa und lauscht einer Bildergeschichte. Das gemeinsame Znüni ist ein Highlight für die hungrigen Bäuchlein. Die Zeit vergeht schnell und schon trudeln die ersten Eltern wieder ein. Um 11 Uhr sollten die Sprösslinge spätestens wieder abgeholt werden. Vorher ist auch möglich. «Grundsätzlich ist die Chinderhüeti für Vorschulkinder. Und die Meinung ist, dass sich die Kinder schon etwas fortbewegen können. Und nicht mehr ‹geschöppelt› werden müssen.» Die Erfahrung zeige aber, dass Eltern die Kinder sowieso lieber erst dann abgeben. Nach Absprache könne jedoch auch mal eine Ausnahme gemacht werden, meint Esther Reichenbach.

Und was machen die Eltern?
Wir haben ein paar Eltern gefragt, was sie am Angebot schätzen und was sie machen, wenn ihre Schützlinge in der Chinderhüeti sind.


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